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~ Ich bin Asperger Autistin und hier sollen meine Gedanken Platz finden.

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Schlagwort-Archiv: ABA

Offener Brief an Herrn Hüppe CDU/CSU

22 Montag Mai 2017

Posted by maedel in offene Briefe

≈ 23 Kommentare

Schlagwörter

ABA, Alternativen zu ABA, AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist, Hubert Hüppe, NoABA, offener Brief

Sehr geehrter Herr Hüppe,

auf Facebook hatte ich die Diskussion über das „Fachgespräch der AG Gesundheit der CDU/CSU Bundestagsfraktion zum Thema *Autismusversorgung stärken*“ mitbekommen.
Dort hatten sie dazu aufgerufen, Ihnen Alternativen zur ABA/AVT Therapie zuzusenden.

Zunächst begrüße ich die Möglichkeit, diesbezüglich schriftlich mit Ihnen in Kontakt treten zu können, da mir als Autistin direkte Kommunikation schwer fällt. Die schriftliche Kommunikation wird daher von vielen AutistInnen bevorzugt und da liegt nachweislich eine unsere Stärken. Nur wenige können, mit gewissen Einschränkungen, mehr leisten. Soweit ich weiß, hatte ein Mitstreiter von mir auch seine Gesprächsbereitschaft signalisiert, wurde aber wieder ausgeladen. Schade, denn er hätte sehr viel zu diesem Thema aussagen können.

Bevor ich jedoch Ihrer Bitte nachkomme, möchte ich Ihnen kurz erklären, warum die Gemüter mancher AutistInnen speziell zu diesem Thema so hochkochen.
Das ist notwendig, damit Sie auch alles weitere verstehen können.

Auch ich kenne das Programm das speziell Autismus Deutschland mithilfe von therapeutischen Zentren einführen möchte. Ich war damals bei einer Infoveranstaltung in Nürnberg, wo uns Herr Nolte von den Neuigkeiten unterrichtete.
Schon da gab es viele Kritikpunkte an der Idee und gerade von AutistInnen selber.

Unter dem Deckmantel der Wahlfreiheit versucht Autismus Deutschland schon seit geraumer Zeit, auch über die politischer Ebene, ABA in Deutschland salonfähig zu machen.
Wir hatten, wie Sie dem offenen Brief an die EU entnehmen können, noch versucht uns Gehör zu verschaffen, wurden aber nur von einer Stelle zur nächsten verwiesen und mussten uns ohne Ergebnis und Einladung geschlagen geben. In diesem Zuge verstehen Sie vielleicht dann auch die Verbitterung unsererseits, wenn mal wieder Veranstaltungen ohne uns abgehalten werden.

In diesen Zentren, so die Idee, sollen diverse Therapieangebote bereitgestellt werden, darunter eben auch das unter AutistInnen höchst umstrittene ABA (Applied Behaviour Analysis).
Hört sich erstmal gut an, solange man nicht weiß, wie ABA arbeitet.

ABA sieht vor, dass idealerweise die komplette Wachphase des Kindes zur Therapie genutzt wird. Und das nicht nur von den Therapeuten selber, sondern auch von Co-Therapeuten (die gerade mal einen Wochenendkurs dazu besucht haben und auch nicht immer über eine pädagogische bzw. psychologische Grundausbildung verfügen müssen) und den Eltern.
Die große Kritik an diesen Zentren ist daher verständlich. ABA lässt gar keinen Platz für andere Möglichkeiten!
Ganz zu schweigen von unserer grundsätzlichen Kritik an ABA, die ich hier aber aus Platzgründen nicht ganz ausführen kann.

Die AktionMensch hat über einen langen Zeitraum diese Therapieform gefördert und dem Einsatz vieler AutistInnen und Eltern autistischer Kinder ist es zu verdanken, dass dies beendet wurde, weil die unsere Kritik an der ethischen Ausrichtung durch die Anbieter und Verfechter nicht entkräftet werden konnte.

Um nochmal auf den Deckmantel der vermeintlichen Wahlfreiheit zurückzukommen, auf die sich Autismus Deutschland so gerne beruft. Es stimmt schon.
Es gibt viele Eltern, die ausdrücklich diese Therapie, sagen wir zulassen, da sie sich ein „besseres Leben“ für ihre Kinder wünschen.
Ich kann diese Eltern zum Teil sogar verstehen, da ich selbst Mutter von frühkindlichen Autisten bin, die lange Zeit nonverbal waren. Ich kann ihre Ängste verstehen und da sie nur ihre Art zu leben kennen, haben sie Schwierigkeiten damit, zu akzeptieren, dass AutistInnen mitnichten auf biegen und brechen an soziale Konventionen angepasst werden müssen, und trotz allem ein vollwertiges und glückliches Leben führen können. Diesen verzweifelten Eltern wird von den Therapeuten auch nicht gesagt, dass AutistInnen von sich aus lernen können.
Leider geschieht oft genau das Gegenteil. Es werden Prognosen von Ärzten und Therapeuten erstellt, dass ohne diese Methode das Kind niemals auch nur die geringsten Kulturtechniken erlernen könnte.  Sie brauchen nur Zeit und oft eine andere Herangehensweise, auf die ich aber erst später eingehen möchte.

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, warum Eltern sich manchmal für diese Form der Therapie entscheiden. Sie bietet nunmal schnelle erste Erfolge, die aber zu Lasten der autistischen Kinder gehen, da sie so nur lernen, sich dem Erwartungsdruck andere zu beugen und eigentlich nur falsch sind, so wie sie sind.
Meist geht es nichtmal um basalste Fähigkeiten, wie es ABA Therapeuten gerne herausstellen. Es geht darum, das der Autist nicht mehr mit den Händen wedelt, um Freude auszudrücken.
Er lernt Gehorsam zu zeigen, indem man ihn nur dann sein Spielzeug gibt, wenn er etwas getrunken hat. Er lernt sich nicht mehr im Kreis drehen zu dürfen oder seine Stift im Unterricht zu drehen. Das sind Stimmings, die AutistInnen eigentlich dringend benötigen, um Ordnung in das Chaos im Kopf zu bringen und das wird vollständig ignoriert.

An der Stelle würde ich sogar Zentren tatsächlich begrüßen. Diese Zentren gibt es übrigens schon. Sogenannte Autismuszentren, abgekürzt ATZ. Leider noch viel zu wenige und leider sind da einige mit der Gangart von Autismus Deutschland einig.
Meist liegt es auch dort daran, dass viel zu wenig auf AutistInnen selbst gehört wird. Es wird von außen das Kind betrachtet und es werden ausschließlich die Defizite benannt.
Stattdessen sollten sie eher dafür zuständig sein, Eltern dabei zu helfen zu akzeptieren und ihnen erklären, wie AutistInnen lernen und denken.
Das wäre der erste wichtige Schritt um ihren Kindern langfristig wirklich zu helfen. Dadurch kann eine Arbeit mit dem autistischen Kind etabliert werden, die stärkenorientiert ausgerichtet ist.

Diese Freiheit wird Ihnen aber oftmals nicht gelassen. ABA Anhänger spielen mit den Ängsten der Eltern und sind dabei sehr geschickt in ihrer Rhetorik, die auf höchst emotionaler Ebene geführt wird.
Dabei springen sie stets von einer Variante des Autismus, die sie als die schlimmste und schwerste Form bezeichnen zur nächsten. Von dem Autisten der gar nichts kann (nicht einmal basalste Fertigkeiten, wie Anziehen, Essen, auf das Klo gehen etc. Dinge, die Eltern massiv Angst machen können) zum dem Autisten der befähigt werden soll/muss unauffällig am Unterricht teilzunehmen oder bereits mit 6 Jahren selbstständig beim Bäcker um die Ecke einkaufen gehen zu können.
Es werden engmaschige und kleinschrittige Therapiepläne anhand der Defizite erstellt an deren Umsetzung dann sehr viele Menschen (Therapeuten, Co-Therapeuten, Schulbegleiter, Coaches, Eltern, also das gesamte Umfeld des autistischen Menschen) beteiligt sind. Es wird nur das zu verändernde Verhalten gesehen aber nur in den allerseltensten Fällen nach den Gründen und der Funktion des Verhaltens geschaut.

Wo bleibt denn da die sogenannte Wahlfreiheit, wenn Eltern auf diese Weise vermittelt wird, dass ihr Kind niemals ein normales und erfülltes Leben führen kann?

In NRW gibt es mehrere ATZ die ABA bzw. AVT anbieten und damit den Standard setzen. Den Kostenträgern wird eine Machbarkeit vorgegaukelt, welche diese dankend annehmen. Immer unter der Prämisse, dass mit dieser Art der (Früh)Förderung möglichst schnell kostensenkend gearbeitet werden könnte. Es wird der Anschein erweckt, dass nach dieser intensiven Förderung Hilfen zurückgefahren oder eingestellt werden können.
Das geht soweit, dass freie Träger von Therapie und Schulbegleitung sich dem Trend entweder anschließen und entsprechend geschultes Personal einsetzen müssen oder schlicht keine Aufträge mehr von den Kostenträgern erhalten. Da bleibt den Eltern keinerlei Wahlfreiheit mehr bzgl. Therapie und anständiger Hilfestellung durch Schulbegleitung in der Schule.
Selbst Lehrkräfte und Sonderpädagogen und leider einige Autismusbeauftragte üben hier entsprechend Druck auf Eltern und Anbieter aus.

Das alles sollte man wissen. Denn dann verstehen Sie vielleicht, warum Frau Kaminski lieber nur eigene Ansprechpartner mitnehmen wollte. Warum Autismus Deutschland in Persona Frau Kaminski und nebenbei auch Frau Klemm immer schon vehement alles dafür getan haben, damit AutistInnen selbst nicht zu Wort kommen können.

Frau Kaminski ist auch nur Mutter eines Autisten und sie will auch nur das „beste Leben“ für ihr Kind. Wenn Sie hier den Zusammenhang zur oberen Erläuterung über die Eltern ziehen, verstehen Sie was ich meine.
Es ist unbestritten, dass Frau Kaminski viel für Autismus Deutschland und die Vernetzung der einzelne Verbände getan hat und das soll ihr auch honoriert werden. Sie ist sehr wohl gegen ABA, jedoch hat es den Anschein als wäre es das kleinere Übel für sie, sich mit der ABA -Fraktion zusammen zu tun als sich mit erwachsenen AutistInnen auseinandersetzen zu müssen.
Zumal die ABA-Anhänger, wie gesagt sehr geschickt in ihrer Rhetorik sind und manchmal hat es den Anschein, dass ihr gar nicht bewusst ist, welcher Fraktion sie sich da angeschlossen hat.

Es ist jedoch nicht im Sinne der AutistInnen, nicht gehört zu werden, zumal es ja eigentlich der Verband für die Vertretung ihrer Interessen sein soll. An der Stelle liegt sie einfach falsch und das kann sie auf Dauer auch nicht ausblenden, indem sie uns AutistInnen die Fähigkeit abspricht, für uns selbst sprechen zu können.

In diesem Zuge ist es auch kein Umstand, über den ich mich wundern könnte, dass Frau Kaminski ganz zufällig vergessen hatte zu erwähnen, dass jüngst eine Autistin und Mutter eines autistischen Kindes aus unseren Reihen in den Vorstand von Autismus Deutschland gewählt wurde. Denn diese hätte sehr wohl ebenfalls zu dem Thema gehört werden können.
Aber da diese Autistin zum Verband Mittelfranken gehört, dürfte Frau Kaminski sehr wohl klar sein, welche Position Frau Birke Opitz-Kittel in dieser Diskussion einnimmt. Der Verband Mittelfranken hat übrigens schon vor einiger Zeit sich Gedanken gemacht, wie Eltern besser angebotene Therapieformen bewerten können.

Frau Klemm hingegen, ebenfalls wie Frau Kaminski Mutter eines Autisten, lehnt ganz offen die Zusammenarbeit mit erwachsenen AutistInnen ab, dies haben wir in vielen Diskussion erleben müssen.
Sie lässt sich nebenher zur BCBA (ein Titel aus den USA für ABA-Therapeuten welcher in Deutschland nicht anerkannt ist) ausbilden. Die Ethical Codes für ABA Therapeuten sehen übrigens vor, dass jeglichem Kritiker von ABA mit vollem Einsatz entgegengetreten werden muss  dies beinhaltet auch von jeher den direkten Kampf gegen uns Autisten, die für sich selbst sprechen wollen.
Aussagen wie „Autisten ohne ABA Therapie werden zu narzisstischen Persönlichkeiten“ sagen viel über ihre Grundhaltung uns gegenüber aus und neben Herrn Röttgers (Lehrtätigkeit an der FH Münster und 2. Vorsitzender von ifa Bremen) und Herrn Lechmann (Leiter des ATZ Köln) die ebenfalls sehr für die flächendeckende Einführung von ABA kämpfen, hat sie ein gewisses finanzielles Interesse an solchen Zentren.
ABA wird immerhin sehr gut bezahlt und wegen der hohen Therapiestunden und der Ausbildung von Co-Therapeuten und Schulbegleitern und dem Coaching von Eltern und so weiter ist es ein ein sehr lukratives Geschäft.

Das alles sollten Sie wissen, um sich eine wirkliche Meinung bilden zu können. Zugegeben war die Art, wie man versucht hatte, es Ihnen zu vermitteln etwas daneben gegangen, aber vielleicht auch verständlich, nachdem was wir teilweise in den letzten Jahren schon erlebt haben.
Immerhin stellt für viele AutistInnen das Thema, nebst der Erwähnung von Frau Kaminski und Frau Klemm ein gewisses rotes Tuch dar.

Trotz allem finde ich es toll und wichtig, dass sie uns auch die Möglichkeit geben wollen, uns ausdrücken zu dürfen und diese Chance will ich hier ergreifen und versuche daher in Ruhe zu erklären, wie AutistInnen sich eine gute Versorgung für die verschiedenen Altersbereiche mit den verschiedenen Anforderungen vorstellen.

Welche Alternativen gäbe es zu ABA

Das ist leider nicht in Kürze zu beantworten und ich entschuldige mich an dieser Stelle für die enorme Länge meines Briefs.
Aber ich will versuchen Ihnen diese Frage so gut ich kann zu beantworten. Natürlich stelle ich mich in diesem Zuge auch gerne für weitere Nachfragen zur Verfügung, da ich lange nicht alles bis ins kleinste Detail ausführen kann. Es würde sonst den Rahmen hier sprengen.

Um zu verstehen, welche Alternativen es geben würde, sind zwei Dinge von Nöten.
Zum einem ein Grundverständnis von Autismus und wie AutistInnen lernen und wahrnehmen.

Autisten lernen aus dem Verstehen heraus. Meiner Erfahrung nach, am besten über das logische Verstehen.
So mag es vielleicht länger dauern, aber auf diese Art kann man auch eher sicher stellen, dass Erlerntes zumindest bis zu einem gewissen Grad übertragbar in andere Situationen sein kann. Natürlich kann es auch dann zu Situationen kommen, an denen wir als AutistInnen alles abbrechen, da wir völlig überfordert sind, einfach weil es anders läuft als geplant.
Aber durch das Verstehen können wir uns wesentlich besser und facettenreicher auf solche Situationen vorbereiten.
Nicht die andauernde Wiederholung von kleinen Einzelteilen bringt Erfolg.
Vielmehr ist es wichtig, dass Autisten verstehen lernen. Dazu braucht es Ruhe, Geduld und Zeit. Viele Dinge müssen über lange Zeit angeleitet und immer wieder erklärt werden.

Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung. Das heißt, Autisten entwickeln sich an manchen Stellen langsamer oder meist einfach nur anders.
Das heisst aber auch, dass Autismus nicht Entwicklungsstillstand bedeutet.
ABA macht vor allem die Sprachentwicklung zum Grundpfeiler ihrer Therapie, da sie so am schnellsten Zugang bekommen. Meinen sie zumindest. Aber selbst nonverbale AutistInnen drücken sich aus und lernen. Aber eben in ihrem ganz eigenen Tempo und eigener Struktur. Diese muss man individuell erkennen und so ist es tatsächlich möglich, AutistInnen bei ihrer Entwicklung langfristig zu unterstützen.

Dazu benötigt man keinen Druck. Eigentlich nur viel Zeit und eine genaue Beobachtungsgabe. So hat es bei mir auch eine Weile gedauert, bis ich herausfand, dass mein nonverbaler Sohn rein visuell lernt.
Lesen lernte er auf einer Sprachheilschule und selbst da fand man einfach keinen Zugang dazu, wie er Sprache lernen könnte. Es ist gar nicht so einfach, einem Kind so schreiben und lesen beizubringen.
Er verstand einfach nicht, was wir von ihm wollten. Was sollte das mit diesen Bildern und was sollen das für Laute sein. Warum sollte dieses Bild ein A sein. Das ist doch nur ein Bild mit Diagonalen und Querstrichen. Gerade diese neue Form des Lesen lernens bereitete ihm Probleme, da er einfach nicht verstand, dass man Laute bilden soll, die man letztendlich auch zusammenziehen muss. Ein Bild sagt doch so viel mehr aus.
Es hat lange gedauert, bis ich verstand, dass er rein visuell lernt und in Bildern denkt. Erst musste ich ihm beibringen, diese Bilder zu übersetzen und dann musste ich ihm zeigen, was da eigentlich von ihm erwartet wird.
Ich habe es irgendwann geschafft. Mein Sohn konnte zuerst lesen und umso mehr er lesen konnte verstand er die Möglichkeiten, die ihm diese Fähigkeit boten.
Er ist sehr wissbegierig und Sprache bedeutete dann für ihn das Erschliessen von Unmengen an Wissen. Ab diesem Zeitpunkt brachte er sich über das Lesen selbst das Sprechen bei und seither redet er wie ein Wasserfall.
Er hat sich tatsächlich innerhalb von 2 Jahren vom Förderschüler zum Gymnasiasten hochgearbeitet und auch, wenn ihm Sprache immer schwer fallen wird, weiß er zumindest inzwischen, welche Bedeutung das für ihn hat.
Verbale Kommunikation ist demnach nicht immer der richtige Zugang. Bei meinem Sohn war es das Lesen.

Es gibt zu dem die unterschiedlichsten Formen von Kommunikation. Auch ein Mensch der nicht spricht, gerade kleine Kinder, kommunizieren. Bei gehörlosen Menschen würde niemand sagen, dass diese nicht lernen und verstehen können, nur weil diese nicht sprechen.
Es gibt zu dem die unterschiedlichsten Hilfsmittel um eine gegenseitige Kommunikation zu ermöglichen, es gibt Talker und das große Feld der unterstützten Kommunikation.

Da Autisten aber genauso individuell sind wie alle Menschen, versteht man vielleicht, wie schwer es sein kann, den richtigen Zugang bei dem einzelnen AutistInnen zu finden.
Manchmal lernen nonverbale AutistInnen auch nie zu sprechen. Manchmal auch erst, wenn sie erwachsen sind, weil sie dann erst die Notwendigkeit für sich selbst entdecken. Bis dahin gibt es viele andere Wege, auf denen sie kommunizieren können.

Das macht es so schwer, eine einheitliche Therapie zu finden. Dazu kommt die Dauer. Für manche ist das nicht schnell genug oder man muss ja schnelle Erfolge vorweisen können. Meist sieht man vor lauter Fokussierung nichtmal, dass bereits Entwicklungsschritte gemacht werden und manchmal geht es auf einmal sehr schnell. Das betrifft dann auch nicht nur die Sprache.

Manchmal hängen Entwicklungsschritte zusammen.
So hat mein anderer Sohn lange nicht verstanden, dass, wenn man den Raum verlässt, die Person nicht weg ist. Das sie nur in dem anderen Raum gegangen ist.
Ein Schritt, den Kinder normal in den ersten Monaten machen, der bei meinem Sohn erst sehr viel später kam.
Sehr langsam und sehr behutsam konnte ich es ihm beibringen, indem ich mich immer wieder ein weiters Stück von ihm entfernte. Das ging über Monate. Dabei blieb ich immer über meine Stimme in Kontakt mit ihm. Zwischen den Schritten ließ ich ihn immer erst an die neue Situation gewöhnen, damit keine Panik bei ihm aufkam.
ABA oder auch Verhaltenstherapeuten arbeiten an der Stelle gern mit Druck. Manchmal auch deswegen, weil Situationen völlig falsch eingeschätzt werden und eher ein oppositionelles Verhalten statt Angst gesehen wird. Dadurch lernt ein Kind dann aber nur, dass es solche Dinge zu ertragen hat.
Und auf Dauer, dass sein Verhalten unerwünscht, falsch und seine Angst irrelevant ist.

AutistInnen sollten auf ihren Weg unterstützt werden und vor allem ohne Druck. Sie sollen lernen Ich zu sein. Ein vollwertiger Mensch mit allen Rechten und Möglichkeiten. Unterstützende Therapien wie Ergotherapie oder Logopädie gibt es schon, aber leider fehlt es an Therapeuten, die Autismus verstehen und dementsprechend ihr Konzept für jedes autistische Kind neu aufstellen.

Es gibt auch das TEACCH-Konzept, dass eine unterstützende Funktion in der Entwicklung des autistischen Kindes einnimmt. Wobei ich hier deutlich vom TEACCH-Programm Abstand nehmen möchte, da dieses von der Konzeption her wieder dem ABA sehr ähnlich ist.
Denn leider kann man eigentlich alle Therapieformen dazu missbrauchen, AutistInnen sozialkonform zu machen.

Die Frage ist daher weniger, welche Alternativen es gibt, denn da gibt es einige. Sondern eher, welche Intention steckt wirklich dahinter

Geht es wirklich darum, dem Autisten zu helfen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und ihn auf seinen Weg zu unterstützen oder vielmehr darum, ihn möglichst schnell in soziale Normen zu pressen, damit er weniger Arbeit macht und weniger auffällig ist.

Das ist hier die Frage, die man sich wirklich stellen sollte!

Denn nichts anderes ist ABA und andere hochmanipulatorsiche Therapien. Es sind Therapieformen, die unerwünschtes Verhalten löschen, um erwünschte sozialkonforme Verhaltensweisen anzutrainieren ohne das der Autist versteht warum.
Aber vor allem sind es Therapieformen, die nach den Wünschen der Eltern und des Umfeldes orientiert sind und oft wenden sie Therapeuten sogar gegen besseres Wissens an, nur weil die Eltern das so wollen.
Und hier beginnt für mich die Verantwortlichkeit der Therapeuten, die diese allzugern abwälzen.

So gibt es durchaus gute Ansätze bei anderen Therapieformen, aber leider haben alle angewandte Verhaltenstherapien eins gemeinsam.
Nicht das Kind entscheidet.

Eins darf dabei nicht übersehen werden.

ABA ist eine Verletzung der Rechte des Kindes auf seelische Unversehrtheit. Genauso wie auf das Recht auf Achtung vor der Unterschiedlichkeit von behinderten Menschen, als Teil der menschlichen Vielfalt. ABA verletzt aber auch das Recht auf eine eigenständige Entwicklung und Individualität und damit vor allem das Recht einfach man selbst zu sein.

Für den Übergang von Schule in Ausbildung, Arbeit und eigene Wohnung werden bereits in der Kindheit entscheidende Weichen gestellt.
Wenn das autistische Kind niemals erfährt, dass es so gut ist, wie es ist und kein Selbstbewusstsein aufgrund seiner Stärken entwickeln kann, wird dieser Schritt nicht von Erfolg gekrönt sein.
Es ist auch nicht richtig zu behaupten, dass nach der Schule keine weitere Unterstützung notwendig oder vorhanden ist.

Ein behutsames Coachen auf Augenhöhe mit den Autistinnen ist noch lange kein Standard. Ich selber habe erleben dürfen wie positiv mich diese Unterstützung voran gebracht hat.

Ich hatte vor etwa 3 Jahren eine ambulante Betreuung und in der Zeit, habe ich mich selbständiger gefühlt als je zuvor. Plötzlich habe ich, allein Dinge hinbekommen (auch wenn immer jemand unterstützend bei mir war). Ich war stolz darauf, konnte selbst bestimmen was wann gemacht wurde. Musste nicht darum bitten. Entgegen dem, wie ich hier wirken mag,brauche ich immer noch in sehr vielen Bereichen Unterstützung, weil ich nicht aufhöre Autist zu sein, ….

Zitat auf innerwelt

Diese Erfahrungswerte, was AutistInnen in der Kindheit geholfen hat und was geschadet, können nur erwachsene AutistInnen weitergeben. Konzepte die nicht auf eben diesen Erfahrungswerte beruhen können nicht zum Erfolg führen.
Ein offener Dialog ist dafür unbedingt notwendig.

Und es gibt einige AutistInnen die diesen Dialog gerne führen möchten. Dazu bedarf es des Wissens über solche Veranstaltungen und barrierefreien Zugang.

Hochachtungsvoll,

Beatrix Schweigert
autismuskeepcalmandcaryon
denkanders

Jahresrückblick 2016

31 Samstag Dez 2016

Posted by maedel in mein Autismus

≈ 4 Kommentare

Schlagwörter

ABA, Arbeitswelt, Asperger Syndrom, ASS, Auticon, Autismus, FragtWarum, Jahresrückblick

Das Jahr war unter anderem geprägt von einem Neuanfang, was meine berufliche Laufbahn betrifft und damit verbunden, musste ich erst meinen Weg finden, damit richtig umzugehen. Es ist nicht immer leicht, auch wenn es mir sehr viel Freude bereitet. Vieles musste unter den neuen Umständen leiden.
So hatte ich kaum noch die Zeit und die Kraft übrig nebenher meinen Blog ordentlich zu pflegen. Das ist auch mit ein Grund, warum ich dieses Jahr kaum Neues geschrieben hatte. Aber das allein war es auch nicht. Mir geht so viel im Kopf herum, was ich hätte schreiben können. Aber dazu vielleicht ein anderes Mal.

An dieser Stelle möchte ich mich zunächst bei den vielen Lesern entschuldigen, deren Kommentare vielleicht untergegangen sind, oder auch ihren Zuschriften per Mail.
Ich habe immer den Anspruch an mich selber, nicht halbherzig zu antworten und mache mir daher oft viele Gedanken im Vorfeld.
Jedoch fehlte mir dazu die notwendige Zeit. Also blieb das ein oder andere liegen.

 

ABA, Therapien und was sonst noch so als „gut“ für uns deklariert wird

So wie die Jahre zuvor ist mir der Kampf gegen ABA ein Grundanliegen. So ist es nicht verwunderlich, dass ich mit vielen anderen auch dieses Jahr Aktion Mensch immer wieder daran erinnern wollte, was sie da eigentlich fördern. Und genau deswegen unterstütze ich auch weiterhin die Aktion FragtWarum mit aller Kraft die ich habe.

Getreu meinem Motto, mir immer erst Dinge anzuschauen und auch mit den Leuten zu reden, habe ich mir auch die Veranstaltung von Prof, Theunissen angesehen.
Er bietet eine, nach seiner Auffassung, Alternative zu ABA. Nur bin ich mir spätestens nach einem EMail-Kontakt im Anschluss meines Berichts gar nicht mehr so sicher, ob es wirklich eine ist..
Auch mehrere Diskussionen mit Therapeuten zum Thema ABA blieben nicht aus und irgendwann musste ich da mal was grundlegend klarstellen. Denn es kann nicht sein, dass sich Therapeuten immer wieder ihrer Verantwortlichkeit entziehen, indem sie die Schuld anderen oder den Eltern zuweisen. Das richtet sich auch an Prof. Theunissen.

 

Noch mehr Diskussionen

Überhaupt war mein Jahr geprägt von Diskussionen und wenn ich mal zum Schreiben kam, dann waren meist diese der Auslöser. So entstand auch ein Beitrag über das, was Autismus nicht ist und in dem Zuge sollte auch ein wichtiger Artikel erwähnt werden, den ich ebenfalls dieses Jahr geschrieben hatte. Es besteht wirklich ein wichtiger Unterschied zwischen Wutausbrüchen und Meltdown. Ich wollte auch hier ein für allemal meinen Standpunkt klarstellen. Manchmal muss das eben auch sein und allen Recht machen kann ich es sowieso nicht.

 

Die Autismusbubble

Ein Gedanke, den ich schon länger habe. Sehr deutlich wurde es beim neuen Teilhabegesetz, dass dieses Jahr verabschiedet wurde und mehr eine Behinderung als Enthinderung darstellt.
Jeder kocht da so sein eigenes Süppchen (Redewendung). Die Autisten für sich, wie auch viele andere „kleine“ Gruppierungen verschiedenster Art. Ich habe mir viele der umlaufenden Petitionen durchgelesen und diverse Diskussionen dazu verfolgt.
Im Grunde wollten alle dasselbe. Das man uns ernst nimmt, uns mitreden lässt und versucht unsere Ängste zu verstehen. Natürlich sind die Details verschieden. Aber allem in allem wollten wir gehört werden von den Politikern und bis heute frage ich mich, wieviel wir hätten erreichen können, wenn wir uns doch mit den anderen zusammengeschlossen hätten.
Vielleicht versteckt sich hier ein guter Vorsatz für das nächste Jahr?
Raus aus der Autismusbubble, gemeinsam mit anderen Behinderten mehr Verständnis erreichen. Wäre doch was, oder?

 

Öffentliches

Im Sinne der Aufklärung und da ich erkannt habe, dass ich meine eigene sichere Bubble verlassen muss, wenn ich was erreichen möchte, habe ich dieses Jahr meinen Echtnamen publik gemacht.
Ich hatte jahrelang gute Gründe ihn geheim zu halten, aber da sich der ein oder andere nach und nach in Luft auflöste, beschloss ich diesen Schritt zu gehen.
Das lag auch mit daran, dass ich dieses Jahr von der SHG Rosenheim und Querdenkender gebeten wurde, bei ihrem ersten „Fachtag Autismus“ als Referentin aufzutreten. Ich wollte dort unter Echtnamen auftreten, es aber auch unbedacht öffentlich machen können.

Es war mein erstes Mal als Referentin (was ich gern wiederholen würde)  und da ich mich dieses Jahr gedanklich viel mit Beruflichem auseinandergesetzt hatte, wählte ich das Thema „Berufliche Perspektiven -so vielfältig wie die Autisten selbst.“

Es sollte ein Erfahrungsbericht über meinen persönlichen Werdegang hin zu allgemeinen Perspektiven, notwendigen Rahmenbedingungen und Stolpersteinen auf dem ersten Arbeitsmarkt werden.
Ich bin der Ansicht, dass Autisten nicht nur im IT bestehen könnten und so schrieb ich wochenlang an meinem Vortrag und feilte an einer Präsentation.
Da ich mir sehr unsicher war (immerhin machte ich sowas zum ersten Mal) bekam ich von vielen Seiten Unterstützung und es war auch ihr Verdienst, dass der Vortrag so großartig wurde.
An dieser Stelle nochmal meinen herzlichsten Dank dafür.

Auch möchte ich es nicht unerwähnt lassen, dass Rosenheim eine wahnsinns Arbeit hingelegt hat. Selten habe ich einen so perfekt organisierten Fachtag erlebt. Der einzige Fehler bestand vielleicht darin, dass es zu wenig Plätze gab.
Aber wer hätte schon mit diesem Andrang rechnen können, zumal es ihr erster Fachtag war.

An dieser Stelle noch nachträglich Herzlichen Glückwunsch zur Eintragung des Vereins.

Ein weiteres erstes Mal in diesem Jahr war neben meinem Vortrag mein erster Auftritt gemeinsam mit auticon vor der Kamera. Aufregend war es, aber auch manchmal einfach nur zum Lachen. Man kann sich nicht vorstellen, wieviel Arbeit hinter so ein paar Minuten Beitrag steckt.
Bis heute allerdings rege ich mich darüber auf, dass hinter meinem Rücken einfach Dose als mein Gegenpart eingeladen wurde und vielleicht war auch letztendlich das der Grund, warum ich hier im Blog das Video dazu nie öffentlich machte.
Aber auf FB hatte ich mir den Spaß erlaubt, mal zu sehen, was andere so zu mir sagen, ohne dass sie wissen, wer ich bin und ich muss sagen, ich war sehr überrascht.
Trotz aller Patzer fanden mich die meisten authentisch und auch dafür (für eure ehrliche Meinung) will ich euch danken.

 

Berufliches, dass nie ganz beruflich bleibt

Im Februar startete mein Praktikum bei auticon und nach einem Zwischenstop in der Reha folgte dann auch im Mai die Anstellung. Seither habe ich schon in dem ein oder andere Projekt gearbeitet. Immer hat es mir sehr viel Spaß gemacht, aber manchmal ging halt doch das ein oder andere schief.
Seit ein paar Monaten kämpfe ich mit gesundheitlichen Problemen. Man kann sich da jetzt streiten, ob es am Stress lag, an der damaligen Viruserkrankung oder weil schon seit einer Weile ein Verdacht auf eine weitere Nahrungsunverträglichkeit bestand.
Vielleicht ist es auch einfach alles zusammen.
Aber seit dem Meltdown auf der Arbeit kämpfe ich mit Nesselsucht, Krämpfen, Sodbrennen und diversen allergischen Reaktionen.

Da gleich im nächsten Jahr diverse Tests anstehen, um dem Ganzen endlich auf dem Grund zu gehen, muss ich nun auch noch die Tabletten weglassen und was soll ich sagen:

Die Nesselsucht wird mich wohl trotz aller Maßnahmen ins nächste Jahr begleiten.
Trotz allem macht mir meine Arbeit sehr viel Spaß und ich bin schon gespannt, wie es nächstes Jahr weitergehen wird.

Ich hoffe, dass ihr einen guten Start ins Neue Jahr habt und wünsche euch nur das Beste.

Im diesen Sinne,

einen Guten Rutsch!

ABA -Therapeuten und ihre Verantwortlichkeit

17 Samstag Dez 2016

Posted by maedel in Meine Gedanken über Autismus, offene Briefe

≈ 6 Kommentare

Schlagwörter

ABA, ABA-Therapeuten, AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist, Therapie

Wenn man mit ABA Therapeuten diskutiert, fallen im Grunde immer die gleichen Argumente. Eines davon ist, dass diese Therapie inzwischen weiterentwickelt wurde und schon lange nicht mehr auf Strafe basiert und wir uns doch nur mehr für die Möglichkeiten öffnen sollten, die diese Art der Hilfe für Autisten bietet.

Man sieht an ihren Gedankengängen jedoch auch deutlich, dass sie nur wenig von dem verstanden haben, worum es uns Autisten, und auch mir im speziellen, bei unserer Kritik an ABA und jeder anderen darauf aufbauenden Therapie wirklich geht.
Natürlich geht es auch darum, dass Elektroschocks und der Einsatz von Verstärkern und der stetige Entzug dessen, was Autisten wirklich gerne tun, alles andere als human ist. Genauso geht es darum, dass eine Therapie von 20-40 Stunden oder idealerweise der gesamten Wachphase des Kindes einen extremen Einschnitt in die Lebensqualität bedeutet.

Aber, und hier ist das, was die Therapeuten allesamt anscheinend überlesen „wollen“: Es geht uns schon um den Ansatz.

Es schließt deswegen auch jegliche Therapieform ein, die zur Basis hat, autistisches Verhalten abzutrainieren, um gesellschaftskonform zu werden.
Bislang habe ich noch keine angewandte Verhaltenstherapie kennengelernt, an der sich diese grundlegende Kritik nicht anführen lässt. Das macht weder bei AVT, PCB oder PECS halt.

Ja, das „richtige“ ABA, wie es gern genannt wird, geht mit Bestrafung einher und das „neue“ ABA wäre nicht mehr so. Das sagen sie alle immer wieder. Und doch gibt es die Bestrafung noch immer. Nur viel subtiler und als solche ohne genaue Kenntnisse kaum noch zu erkennen. Heute arbeitet man mit Entzug von Spielzeug, oder dass man Sachen, die man gern tut, erst machen darf, wenn man gewünschtes Verhalten gezeigt hat. Das „humanere“ ABA – in Deutschland auch AVT genannt -, arbeitet mit Ignoranz und Essensentzug und verbietet notfalls Stimming.
Ich verlange nicht, dass nichtautistische Menschen verstehen, wie wichtig für uns derlei Dinge sind, aber zumindest akzeptieren sollten sie es, und man sollte uns auch als Menschen respektieren.
ABA verstößt gegen Grundrechte, Menschenrechte und Behindertenrechte, und umso schlimmer wird es, wenn es an Kindern ausgeübt wird.

Was mich massiv stört, ist das Relativieren. Mich regt in dem Zuge auf, dass die Therapeuten jeden Missbrauchsvorwurf an die Eltern abwälzen. Sie wägen sich dann außerhalb der Verantwortung, denn es obliegt ja den Eltern, die Norm der Kinder festzulegen.
Mir wurde das auch von ABA-Vertretern gesagt. Das Programm wäre human und gut und es ist ja nicht ihre Schuld, wenn andere dies missbrauchen.

Doch, ist es!

Denn sie als Therapeuten haben auch eine Verpflichtung ihrem Patienten gegenüber, und nur weil die Eltern das wollen, ist es noch lange nicht richtig.
Vielmehr müssten manchmal eher die Eltern therapiert werden, damit sie ihr Kind so annehmen können, wie es ist.

Noch mehr nehme ich sie in die Pflicht, wenn sie Eltern explizit ausbilden, teilweise auch Co-Therapeuten, um eben diese hohe Therapiestundenzahl überhaupt aufrecht halten zu können. Das IFA Bremen, das ja von Aktion Mensch gefördert wird mit ihrem BET-Programm, macht genau dies. Sie suchen Co-Therapeuten, die in ein paar Stunden und Wochenendkursen lernen sollen, autistische Verhaltensweisen „richtig“ einzuschätzen und so Skills an die Hand bekommen, autistischen Kindern unerwünschtes Verhalten abzutrainieren/ zu löschen und gesellschaftskonformes anzutrainieren.
Nicht ohne Grund brauchen Spezialisten jahrelange Erfahrung, und selbst sie urteilen oft falsch, wenn sie nur die eigene Außensicht als das einzig Wahre ansehen.
Genausowenig ist es ratsam, Eltern mit falschen Vorstellungen von dem, was richtig ist, solche Skills an die Hand zu geben.
Halten Therapeuten das wirklich für verantwortungsvoll dem Kind gegenüber? Hört da wirklich ihre Verantwortlichkeit auf?

Es ist das eine, wenn ein erwachsener Autist etwas lernen möchte. Der kann auch Nein sagen oder Stop, wenn es zuviel oder nicht machbar ist. Aber ein Kind kann das nicht, und vor allem kann gerade ein autistisches Kind die sozialkonventionellen Normen noch gar nicht vollständig erfassen und begreifen und somit auch niemals von sich aus den Wunsch äußern, dass es (auf diese Weise) das lernen möchte. Es wird in dem Alter immer ein Aufzwingen und Antrainieren sein und jedes Schönreden und Relativieren ist an der Stelle völlig fehl am Platze.

Die Angst, die da bei den Eltern geschürt wird, sie würden so immer zurückgebliebene Kinder haben, die niemals eigenständig lernen können, wenn sie nicht frühzeitig mit der Therapie anfangen, ist eine der gröbsten Maschen, die ich je gehört habe. So auch damals bei dem Treffen mit Aktion Mensch und dem BET-Projekt:

Das war übrigens etwas, was mir bei der Veranstaltung schon sehr negativ auffiel.
Das stetige Springen in den unterschiedlichen Schweregraden. Eben dem Autisten, der gar nichts kann, nichtmal basalste Fertigkeiten, wie Anziehen, Essen, auf das Klo gehen etc. Dinge, die Eltern massiv Angst machen können, weil in dem Zuge ja auch nicht erwähnt wird, dass Autisten das sehr wohl mit der Zeit auch lernen können. Vielmehr implizieren sie so, dass diese ohne Behandlung ja immer die Windel tragenden Autisten bleiben werden, die Wände mit ihrem Kot beschmieren.
Bis eben zur Variante, dass Kinder die Eigenbestimmung lernen sollten, eigenständig und autonom zum Bäcker gehen zu können und das mit 6 Jahren. Eben eher die Hochfunktionale Variante.
Sprachen sie also von Erfolgen, dann ging es plötzlich weg von den schwersten, angstmachenden Zuständen der schwerstbehinderten Frühkindlichen hin zu den Hochfunktionalen, wo sie mit angewandter Verhaltenstherapie dann wohl einzustufen wären.
Weit dem voraus, was man als basale Fertigkeit verstehen würde.

 

Das ist eine eindrucksvolle Taktik, die da angewandt wird. Denn welche Mutter kann in dem Zuge nicht zustimmen, wenn sie nicht will, das ihr Kind einfach vors Auto läuft. Diese Phrasen sind Teil der Rhetorik eines ABA-Vertreters, der versucht, an den Mutterinstinkt zu appellieren, und ich kann dazu nur eines sagen:

Autismus bedeutet nicht Entwicklungsstillstand!

Autisten lernen aus dem Verstehen heraus. Meiner Erfahrung nach am besten über das logische Verstehen.
Es mag vielleicht länger dauern, aber auf diese Art kann man auch eher sicher stellen, dass Erlerntes zumindest bis zu einem gewissen Grad übertragbar in andere Situationen sein kann. Natürlich kann es auch dann zu Situationen kommen, an denen wir als Autisten alles abbrechen, da wir völlig überfordert sind, einfach weil es anders läuft als geplant.
Aber durch das Verstehen können wir uns wesentlich besser und facettenreicher auf solche Situationen vorbereiten.

Hier kommen ABA-Vertreter immer mit dem Argument, dass ich als hochfunktionale Autistin das gar nicht beurteilen kann. Doch, kann ich.

Nicht nur aus eigenem Verstehen heraus, sondern auch, weil ich zwei frühkindlich autistische Kinder habe und beide lernen langsamer, aber sie lernen und das ganz ohne Zwang und ABA. Immer mehr verstehen sie und passen sich mit ihrer ganz eigenen Art und ihrem eigenen Maß an, da sie irgendwann selbst diese Notwendigkeit begreifen.

An dieser Stelle kommt dann meistens, dass ich dann nur Glück gehabt hätte, und es ginge ja um Fälle, wo keine Kommunikation stattfindet und die Wände mit Kot beschmiert werden.
Sind sie (Therapeuten, Eltern, usw.) in dem Zuge wirklich ganz sicher, dass da keine ist, nur weil sie nicht sprechen können? Als meine Kinder noch nonverbal waren, haben sie sehr wohl kommuniziert, auf ihre ganz eigene Art und Weise. Man muss sie nur lesen lernen.

Die Extremfälle, die hier beschrieben werden, und das sehr bewusst, sind keine reinen Autisten. In der Regel liegen hier Mehrfachbehinderungen vor.
Autismus bedeutet in seiner Reinform aber nicht, dass eine Mehrfachbehinderung vorliegt – und wenn, ist es extrem davon abhängig, um welche es sich nun handelt.
Dies ist in dem Alter, wo ABA ansetzt, auch noch gar nicht genau festzulegen, und der Entwicklungsweg eines Autisten ist in dem Alter nicht vorgezeichnet. Auch wenn man das Eltern immer wieder einzureden versucht. Gerade Behörden und Schulen üben da enormen Druck aus, da es hier um viel Geld geht. So eine individuelle Förderung kostet, und diese Therapeuten versprechen hier eine gute Möglichkeit, um Autisten schnell gesellschaftlich funktionsfähig zu machen.

Tatsächlich ist es so, dass auch frühkindliche Autisten irgendwann irgendwie das kommunizieren anfangen, wenn sie den richtigen Zugang dazu gefunden haben.
So war bei meinen Kindern das Problem, dass sie rein visuell lernen. Irgendwann hatte ich es geschafft, ihr Interesse dafür zu wecken, und sie fingen das Lesen an und damit kam dann auch nach und nach die Sprache.

Es gibt bessere und humanere Wege, um autistischen Kindern zu helfen. Aber sie erfordern viel Zeit, Geduld und Respekt.
Mit Zwang geht vieles schneller, ja. Aber es ist im Grunde nichts anderes, als ein stupides Training wie bei Hunden, die auch nur ausführen, ohne wirklich zu verstehen.

Ich habe solch eine Erziehung „genossen“ und erst jetzt fange ich an, wirklich zu lernen. Nach meinem Tempo, meinen Wünschen und immer auf meinen Krafthaushalt achtend.
Viele Dinge habe ich nur ausgeführt, ohne sie zu verstehen, und umso mehr die sozialen Anforderungen stiegen, waren für mich diese erlernten Verhaltensweisen nicht übertragbar oder raubten zu viel Kraft, die ich für andere Dinge dringender benötige.
Das muss ich auch erstmal einschätzen lernen.

Das kann man von einem Kind nicht verlangen, und sobald man Außenstehende und auch Eltern entscheiden lässt und ihnen damit die Deutungshoheit überträgt, werden sie immer versuchen, das aus ihrer Sicht vermeintlich beste für ihr Kind zu tun, und dazu zählt, es gesellschaftskonform zu machen.
Ich mache manchen Eltern da keinen Vorwurf. Sie kennen ja nur diese Art zu leben.

Den Therapeuten jedoch schon, denn die sollten es besser wissen.

ABA-Vertreter verkaufen ihre Therapie als „Steigerung der Lebensqualität für das Kind und die ganze Familie“, indem sie den Autisten gesellschaftskonform machen, was wiederum nicht immer so deutlich kommuniziert wird, sondern eher als Freiheit, Selbstständigkeit oder Regelbeschulbarkeit benannt wird. Tatsächlich lassen sie dabei aber die Lebensqualität des Kindes völlig außer Acht.

Diese Freiheit und Selbstständigkeit, die autistische Kinder vermeintlich nur mit dieser Therapie erlangen können, ist sehr teuer erkauft.

Teurer, als man sich das als Nichtautist je vorstellen könnte.

Denken Sie mal über Ihre Verantwortlichkeit als Therapeut nach und fangen Sie an, den Autisten als vollwertigen Menschen zu sehen. Denn das sind wir auch.

Menschen.

 

Wichtige Links dazu:
FragtWarum Chronologie

Weiterführende Links:
Eine Rezension zum ABA-Ratgeber von Röttgers aus Elternsicht
Warum ich ABA verlassen habe -eine Übersetzung von fotobus
Therapieziele -von gedankenkarusell

 

Fachtag Autismus mit Prof. Doc. Theunissen

12 Dienstag Apr 2016

Posted by maedel in Projekte/Veranstaltungen

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Schlagwörter

ABA, Asperger, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist, PBS, Positive Verhaltensunterstützung, Prof. Doc. Theunissen, PVU, Weltautismustag

Nachdem ich letztes Jahr auf das Programm eines Regionalverbandes stieß, mit dem Titel „Traditionelle Vorstellungen über Autismus auf dem Prüfstand – ein Paradigmenwechsel bahnt sich an“ war mein Interesse geweckt. Das Motto „Autisten verstehen lernen“ und die grobe Übersicht der Programmpunkte machte mich neugierig.

So oft wünsche ich mir als Autistin Unterstützung in meinem Kampf um mehr Verständnis und vor allem darum, dass gerade auch Fachleute endlich auch unsere Innensicht als gleichwertig betrachten und aufhören uns nur von Außen zu bewerten. Auch in der Öffentlichkeit.
„Nicht über uns, ohne uns“ soll es sein. Leider bislang nur ein lang gehegter Traum.
Sollte es hier Wahrheit werden?
Das Programm versprach sehr viel und so meldete ich mich noch letztes Jahr mit Begleitung bei der Fachtagung an.

Samstag war es dann soweit und so betraten wir gespannt den Veranstaltungsort. Das erste was mir auffiel war ein Verkaufsstand oben am Eingang, auf dem auch 2 ABA-Bücher lagen. Erste Enttäuschung machte sich breit.
ABA hat für mich so gar nichts mit Inklusion zu tun und schon gar nicht mit einem angeblichen Paradigmenwechsel. Vielmehr gehört ABA eindeutig einer sehr veralteten Traditionen an. Aus einer Zeit, wo Autismus als Makel angesehen wurde und genau wie Homosexuelle geheilt gehören.
Auch wenn während der Veranstaltung von Prof. Dr. Theunissen gesagt wurde, dass dieser Vergleich hinkt, so ist es unumstritten, dass ABA aus der damaligen behavioristischen Bewegung entstand und zuerst entwickelt wurde, um Homo- und Transsexuelle umzupolen.

Ich konnte demnach nicht verstehen, was solche Bücher an einem Verkaufsstand der Veranstaltung zu suchen hätten, wo es darum geht, neue Wege zu beschreiten und auch das Motto „Autisten verstehen lernen“ passt da überhaupt nicht hin.
ABA versteht rein gar nichts. Diese Therapie zielt nur darauf ab, Autisten anzupassen und dafür die Persönlichkeit der Autisten schon in sehr jungen Jahren zu brechen.
So konnte ich nur hoffen, dass es nicht darauf hinweist, um was es in der Veranstaltung wirklich gehen sollte, und so erhielt das ganze gleich zu Anfang für mich einen gehörigen Dämpfer.

Nachdem die Vorsitzende des Regionalverbandes die Veranstaltung eröffnete und danach Frau Kaminski (Vorsitzende von Autismus Deutschland e.V.) es sich nicht nehmen ließ ebenfalls alle zu begrüßen (nur die Autisten selber ließ sie in ihrer Dankesrede natürlich wieder mal aus), ging es anschließend mit dem Vortrag des geladenen Referenten los.

Prof. Dr. Theunissen ist ein Rehabilitaionspädagoge (Heil- oder Sonderpädagoge) mit dem Lehrstuhl bei der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg für Geistigbehindertenpädagogik und Pädagogik bei Autismus.
Er ist ein Vertreter des Empowerment-Konzepts und außerdem ein Repräsentant der Positiven Verhaltensunterstützung (PVU), das ursprünglich aus den USA stammt und dort unter dem Namen Positiv Behavior Support (PBS) bekannt ist.

Entgegen meiner anfänglichen Befürchtung wegen der oben ausgelegten Bücher, ging es tatsächlich sehr gut los.
Noch nie habe ich solch einen guten Vortrag, der so nah an uns Autisten dran ist, gehört.

So klärte er uns zunächst über die Schwierigkeiten der genauen Abgrenzung bei Diagnosen auf und warum es in seinen Augen Autismus-Spektrum heißen sollte.
Weder sieht er Autismus als Krankheit, noch als Störung. Wenn man es müsste, dann würde er es als Behinderung bezeichnen. Leider hat der Begriff bis heute eine sehr negative Belastung und diese Ansicht des Professors entspricht ziemlich genau meiner eigenen Auffassung.
Danach brachte er seinem Publikum Autismus an sich näher und führte dazu veraltete Ansichten gegenüber neuen Erkenntnissen auf. Gut, für mich jetzt nichts Neues, aber es tat in vielerlei Hinsicht gut, es aus dem Munde eines Fachmanns zu hören. Das war definitiv etwas Neues in einem Land, welches Autismus immer noch vor allem fachlich rein auf der defizitären Seite betrachtet und so auch mehr als einmal sehr deutlich machte, das Autisten selbst dazu nicht ernst genommen werden.

Es fielen Sätze wie „autistische Verhaltensweisen sind zweckmäßig, dass müssen wir lernen“ und auch, dass viel mehr Fachleute die Innensichten in Form von Autobiographien heranziehen sollten.
Leider gibt es viel zu wenig Autisten in Deutschland, die Bücher veröffentlichen. Immer mehr von uns trauen sich, und so langsam sind die Verlage im Zuge der wachsenden Bekanntheit von Autismus eher gewillt, Bücher dieses Themenschwerpunktes zu veröffentlichen. Das war leider nicht immer so und immer noch sind es viel zu wenige Buchverleger, meiner Ansicht nach.
Daher ist es auch schade, dass er in diesem Zuge die Blogs nicht erwähnt, wo Autisten inzwischen sehr stark vertreten sind. Allerdings hat er positiv bewertet, dass sich eine autistische Community auf den Sozialen Netzwerken und Foren entwickelt hat und dort auch sehr aktiv versucht, am allgemeinem Meinungsbild von Autisten zu arbeiten.
Wichtig war, dass er immer wieder im gesamten Vortrag erwähnte, der von morgens um 8 bis Nachmittags 17 Uhr ging, dass man mehr auf die Betroffenen hören sollte.

Das einzige, was ich schon an dieser Stelle zu vermissen begann, war in vielen Fällen seine persönlichen Standpunkte. Bis dato war es mehr ein Sammelsurium aus verschiedenen Ansichten und Perspektiven zu Autismus. Seine persönliche Meinung blitzte nur ab und an heraus.
Aber vielleicht kam das ja noch, und so lauschte ich weiter gespannt seinem Vortrag, als er als nächstes auf die neuronalen Besonderheiten einging und von dort zum Thema Lernverhalten und -Methoden bei Autisten schwenkte.

Dort führte er Dinge auf, wie: „Interessen haben eine hervorragende Brückenfunktion…Autisten lernen von sich aus“, „Stimmings sind sinnvoll“, „viele motorischen Probleme sind eigentlich sensorisch zu sehen“ um einige zu nennen.
Selten habe ich so viel Zugeständnisse zu uns Autisten und unserer Art zu Sein gehört. Ich muss zugeben, ich war zunehmend beeindruckt.

Schon immer bin ich nie davon ausgegangen, dass Nichtautisten uns wirklich je verstehen könnten und auch bei Theunissen waren nicht alle Aussagen immer genau da, wie ich es sehe. Aber er war näher dran, als viele andere und auch wenn Kaminski der Meinung war, dass er ja niemanden als persönlichen Bezug habe, teile ich nicht ihre Ansicht, dass „nur“ Eltern an der Stelle es immer besser wissen. Ganz zu schweigen, dass sie hier wiederum die Autisten mit keinem Wort erwähnte.
In dem Moment fand ich mich tatsächlich von Theunissen wesentlich besser verstanden und bestätigt wurde es,  als der Professor auf das Thema Therapien einschwenkte und dazu folgendes Beispiel aufzeigte:

Zitat Prof. Dr. Theunissen: “ Seit meinem zweiten Lebensjahr bestand ich darauf, rote Hosen zu tragen. Im Alter von 4 Jahren diskutierte ich das mit einer Verkäuferin aus, bis diese völlig entnervt nachgab und eine rote Mädchenhose rausrückte.“

und Frau Kaminski just in dem Moment einfach nach vorne lief und mitten im Vortrag ohne Aufforderung folgendes ins Mikro rief:

„Autisten müssen therapiert werden, wenn sie Mädchenhosen tragen“ sagte die Vorsitzende von Autismus Deutschland ins Mikrofon und löste damit einiges an Tumult aus.

Nach der Veranstaltung sprach sie mich noch an, weil ich ihr hinterherrief, dass sie dann eben keine Hosen mehr tragen dürfe“, weil sie dachte, ich hätte sie falsch verstanden. So meinte sie doch, dass autistische Kinder sich so dem Spott der Gesellschaft aussetzen würden.
Ich hatte sie jedoch schon ganz richtig verstanden.
Zum einem ist es für mich ein Problem der gesellschaftlichen Toleranz, an der gearbeitet werden müsste und vor allem an der Toleranz gegenüber Behinderten.
Immer noch ist es für mich nicht verständlich, wo genau da das Problem sein sollte.
Wenn nichtautistische Kinder sich rebellisch verhalten und sich anders kleiden als andere, dann weist man sie darauf hin. Erklärt ihnen, dass sie hier auf Gegenwehr und Spott stoßen können und sollten sie dennoch dabei bleiben, dann versucht man ihnen den Rücken zu stärken und so ein gesundes Selbstvertrauen mitzugeben.
Mit ihrer Aussage, dass autistische Kinder in solchen Fällen „therapiert“ gehören, ging sie viel zu weit. Zumindest insofern gab sie mir dann Recht. Es wäre unglücklich gewählt gewesen.
Allerdings hatte sie mir diese Zugeständnis nur persönlich gegeben und ihre Aussage nicht im Plenum revidiert.

So waren wir dann letztendlich beim Thema Therapie angekommen und wie Prof.Dr. Theunissen mir in der Mittagspause versprach, sollte er auch auf ABA eingehen.

Bei all seinen Ausführungen im Vorfeld war es mir klar, dass ABA damit nicht vereinbar ist mit seiner Sicht auf Autismus und das machte er auf sehr drastische Weise in seinem Vortrag deutlich. „Unter dem Label ABA sind 20% Bestrafung Elektroschocks“, sagte Theunissen und mir ist noch nicht ganz klar, warum er ABA so dramatisch ausdrückt. Entsteht doch so wieder nur ein falsches Bild. Es gibt zwar vereinzelt noch solche Fälle, sie sind aber verschwindend gering und heutzutage werden andere Mittel eingesetzt um ungewolltes Handeln abzumahnen.
Auf diese Weise macht er es ABA, dass nicht mit solchen drastischen Mitteln arbeitet wieder leichter.
Er erklärte dann zwar noch den Aufbau und Grundgedanken von ABA, dies ging aber meines Erachtens auf Grund des Schockmoments ein wenig unter.

Wieder präsentierte er auch zu diesem Thema mehrere Sichtweisen und Perspektiven verschiedenster Gruppierungen. Auch andere Ansätze wurden vorgestellt. Darunter die Positive Verhaltensunterstützung.

Ich habe mich nach der Fachtagung ein wenig in das Thema eingelesen und halte die Therapie selber in mancherlei Hinsicht für gefährlich. Manche Ansätze mögen gut sein. So orientiert sich diese Form der Therapie eben auch am Umfeld und berücksichtigt Stärken als auch die Stimme der Autisten selber.
Im Grunde all das, was wir uns unter einer unterstützenden Therapie wünschen.
Aber sie birgt auch große Gefahren des Missbrauchs, denn auch sie beinhaltet Verhaltensmodifikation, auch wenn sie sich dabei mehr als Unterstützer ansieht.

Mir ist auch nach dem Vortrag nicht ganz klar, wo Theunissen sich da genau positioniert. Vom Vortrag her kann es durchaus sein, dass er näher an uns dran ist, als viele andere seiner Position.

Fast bis zum Schluss wartete ich geduldig, das er endlich eindeutig Position bezieht, nachdem er anfangs ja auch deutlich verkündete, dass eine solche Positionierung dringend notwendig ist.
Soll Autismus eher behandelt werden, irgendwo Verhaltensweisen gelöscht, oder soll vielmehr unterstützend gearbeitet werden.
Erst nachdem ich ihm praktisch nach meinem Statement irgendwo die Pistole an die Brust setzte, sagte er klar ein “Nein” zur Verhaltensmodifikation, vor allem durch aversive Mittel. Nur in Fällen wie selbstverletzendem oder sehr störendem Verhalten, würde er so eingreifen und auch erst, wenn alle äußeren Ursachen nicht ausgeschaltet werden könnten.

 

Aber wo zieht er da die Grenze im Detail?

Wer entscheidet das. Theunissen verweist darauf, dass im Idealfall Autisten selber bestimmen sollten. Sollte das auf Grund des Alters nicht gehen, dann stünden da die Eltern in der Pflicht.
Ich mache den Eltern an der Stelle nicht einen Vorwurf. Meist kennen Sie es nicht besser und es ist schwer für sie zu greifen, was an der Tatsache toll sein soll, dass man stundenlang vor der Waschmaschine sitzen kann und beim Waschen zusieht.
Auch Theunissen hatte das anhand eines Beispiels angeführt, indem einen autistischen Jungen beschrieb, der als Kind stundenlang Schattenbilder an der Wand beobachtet hatte. Erst viel später stellte sich heraus, dass der Junge da schon begonnen hatte, das Verhalten der Schatten zu analysieren und soweit ich es noch recht in Erinnerung habe, später sogar einen Beruf in dieser Richtung ergriff.
Aber es ist wie gesagt sehr schwer zu greifen und manche Eltern werden hier, auch wenn sie es irgendwo aus ihrer Sicht gut meinen, versuchen, ihr Kind in „angepasstere“ Verhaltensweisen zu drücken, ohne zu wissen, was sie dem Autisten damit eigentlich antun.

Sie wissen es oftmals wirklich nicht besser und da sie genauso irgendwo als Co-Therapeuten auftreten, ist die Gefahr sehr groß, dass sie es zu Hause nach gut Dünken auch in anderen Bereichen einsetzen. Dann wären wir wieder ganz schnell im Bereich ABA.
Denn entgegen der Meinung vieler, geht es mir bei ABA bereits um den Hintergedanken. Den Gedanken der Umprogrammierung oder Modifikation. Und selbst wenn es ohne Bestrafung angewendet wird.
Hier verbirgt sich auch die Gefahr, das ABA Anbieter sich begrifflich an die Positive Verhaltensunterstützung anhängen und so hat PVU bzw. PBS für mich den Beigeschmack des „leichten ABA’s“ dass ich für genauso falsch halte.
Nehmen wir als Beispiel AVT. Es soll ein modifiziertes ABA sein, dass im Grunde Elemente von ABA als auch PVU enthält und es wird jetzt als nicht so schlimm verkauft, da sie ja ohne schwere Bestrafung auskommen würden. Sie arbeiten nur noch mit positiven Verstärkern ihrer Angabe nach, und entziehen diese halt wieder, bis Gewünschtes ausgeführt wurde.
Und doch geht es deutlich auf ihrer Seite herauszulesen darum, autistisch ungewolltes Verhalten zu löschen um gewolltes sozial verträglicheres anzutrainieren.
Hier überschreiten sie deutlich genau jene Grenze, wo es für mich schon ABA ist, egal wie ausgeführt.

Aber ich will nicht immer von vornherein als absolut gegen alles dastehen und das war auch nie meine Absicht.
Ich bin sehr wohl für rein unterstützende Therapie und auch bei Fällen von schwerer Kindesgefährdung bin ich für eine Umleitung.
So hat es auch der Professor ausgedrückt.

Auch wenn sein Vortrag bislang für mich der beste war, den ich je von einem Fachmann zum Thema Autismus gehört habe, so bleibt beim Punkt Positive Verhaltensunterstützung ein kleiner Zweifel.
Denn ich gehe wie gesagt nicht davon aus, dass Nichtautisten gänzlich verstehen können. Das fällt sogar mir als Autistin in manchen Situationen sehr schwer, weil diese oft hochkomplex sind und jeder Autist eben individuell auf seine Art einzigartig ist.

Ich halte diesen Punkt daher für so wichtig, weil auch bei dieser Methode so früh als möglich mit einer Therapie begonnen werden soll. Vor allem, weil es in meinen Augen in dem Alter schwer vorauszusagen ist, wohin sich das Kind in diesem Alter entwickelt.

So fand ich auf einer Seite dieses Beispiel von Theunissen, indem es um ein 2,5 jähriges Mädchen geht, dass mit selbstverletzendem Verhalten reagiert, sobald es von seiner Mutter abgesetzt wird.

Die direkte Verhaltensbeobachtung ergab, dass dieses Mädchen in ihrer sprachlichen und kommunikativen Ausdrucksformen als auch im Spielverhalten erheblich eingeschränkt war. Ihr auffälliges Verhalten wurde als Aufmerksamkeitshascherei eingestuft.

Hier würde ich gerne vom Professor wissen, wie er die Situation denn unter dem Aspekt neu bewerten würde, wenn er wüsste, dass dieses Mädchen einfach nur furchtbare Angst hat.
Angst davor, dass ihre Mutter weggeht, wenn sie nicht auf dem Arm ist.

Ich durfte mich bei meinem Sohn sehr lange nicht aus seiner Sichtweite begeben. Ich hab das damals einmal gemacht und sofort gesehen, dass er Angst bekam. Ab dem Zeitpunkt hatte ich ihn mitgenommen, egal wohin. Auch bei den Hausarbeiten.
Aber er hatte auch das Grundvertrauen nicht in mich verloren und auf den Arm mochte er eh nicht so gern.
Ich kann mir gut vorstellen, dass die Mutter öfter das Zimmer verlassen hat, in Unwissenheit. Ohne es böse zu meinen. Das Kind mal hingesetzt hatte, und wenn es sich gerade so schön beschäftigt nur mal schnell um die Ecke gegangen ist.
Ohne zu wissen, dass dies dem Mädchen immens Angst bereitet.
Manchmal ist es so, dass dieser Entwicklungsschritt, dass Kinder wissen „das jemand nicht ganz weg ist nur weil man ihn nicht mehr sieht“, bei Autisten verspätet sein kann. Viel später wie im Falle meines Sohnes.

Das kann sich mit der Zeit manifestiert haben und so sehr, dass nur noch ständiger Körperkontakt zur Mutter Sicherheit gab. “Denn wenn ich mich nicht beschäftige, dann kann ich es nicht verpassen und wenn ich immer auf dem Arm bin, kann sie mich gar nicht erst ablegen”.

Dann wäre es aber pure Verlustangst die zu Grunde liegt und keine Aufmerksamkeitshascherei.

Solch schwere Verhaltensweisen haben immer einen Hintergrund und viel öfter ist es Angst oder Verzweiflung, die Autisten in diese Richtung drängen.
Würde er mit diesem Hintergrund genauso verfahren, wie im obigen aufgeführten Beispiel, dass dieses Kind zukünftig erst „Mama, Bitte“ sagen soll, bevor es auf dem Arm genommen wird und sollte es zu schreien anfangen mit einem Time Out (rausgehen und ignorieren) zu reagieren?

Wäre pure Verlustangst der Hintergrund, ist diese Art der Reaktion genau die falsche Maßnahme und das Kind würde dann nichts anderes lernen, als das es Verlust zu ertragen hat oder sich dem Willen der Mutter unterwerfen muss, um seine Sicherheit zu bekommen, die es so dringend benötigt.

Wie würden sie unter diesem Aspekt entscheiden, Prof.Dr. Theunissen und sehen sie an der Stelle auch dieselbe Gefahr, auf die ich hinzuweisen versuche.

Wo ist da ihre Grenze?

Weltautismustag – im Zeichen der Inklusion?

02 Samstag Apr 2016

Posted by maedel in Meine Gedanken über Autismus

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

ABA, Aktion Mensch, AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist, Weltautismustag

Ein Kind geht in die Schule. Wie jeden Morgen steht es pünktlich auf dem Schulhof und wartet auf den Einlass. Es ist viel los und daher hat sich das kleine Mädchen in eine der ruhigeren Ecken verzogen, um dort auf den Startschuss zu warten.
Die ruhigeren Ecken gab es dort nicht immer, aber seit sie mehr Personal haben an den Schulen, können sie gewährleisten, dass jemand der Lehrer mit dort stehen kann, um darauf zu achten, dass es an den Stellen ruhiger zugeht. Kein Fangen, höchstens vielleicht was lesen oder einfach dem Treiben der anderen Kinder quer über dem Hof zuschauen. Das Kind wartet entspannt und als die Schulglocke ertönt, hüpft es freudig ins Schulgebäude.

Die Klassen sind nicht allzu groß und wenn es dem Mädchen doch mal zu viel werden sollte, kann es sich wie alle anderen Kinder auch jederzeit in einen der Ruheräume zurückziehen. Dort nehmen sie dann sonderpädagogisch geschulte Lehrkräfte in Empfang, die auch mal mit den Kindern nicht verstandene Inhalte durchgehen können. Gerade Kinder wie das kleine Mädchen, das eher visuell lernt, profitieren davon. Aber eben nicht nur sie. Die Räume werden sehr gern genutzt, von Behinderten, wie auch Nichtbehinderten gleichermaßen und so entsteht niemandem ein Nachteil oder eine Form der Ausgrenzung.

Denn hier ist es Normalität, dass nichtbehinderte und behinderte Kinder gemeinsam lernen, jeder nach seinen individuellen Möglichkeiten.

 

Utopie?

Gar nicht mal so sehr, wie es sich zu Anfang liest. Ich habe vor Jahren mal einen Bericht gesehen, wo es genau um solch eine inklusive Beschulung ging. In Ländern, die sogar wesentlich kleiner sind und weniger finanzielle Mittel zur Verfügung haben, wo aber Inklusion eben nicht nur ein Wort ist, sondern gelebt wird.
So liegt Island mit 96% Inklusionsrate auf dem Spitzenrang, gefolgt von Malta (94%), Litauen (90%), Portugal (87%) oder auch Norwegen (85%). Deutschland hingegen belegt nach wie vor einen der hintersten Ränge.

 

Das kann viele Gründe haben

Zum einem kann man das schön an den Prioritäten sehen, die unsere hiesige Politik setzt. So ist Deutschland seine Bildung gerade mal 4,55% wert. Im Vergleich dazu kann man Dänemark mit 7,75%, Island mit 7,57% oder auch Zypern mit 7,41% nenne.
Am 26. März 2009 trat in Deutschland die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft, wo im Artikel 24 das Recht auf inklusive Bildung fixiert ist.

 

Nur, was hat sich denn seitdem in Deutschland getan?

Noch heute fehlt es massiv an räumlichen, sächlichen und personellen Ressourcen. Juristen des Deutschen Instituts für Menschenrechte haben ermittelt, dass keines der Bundesländer alle im Recht auf inklusive Bildung angelegten Kriterien erfüllt.
Das Bündnis für Inklusion hat ausgerechnet, dass allein in Hamburg 315 neue Lehrer eingestellt werden müssten, damit der Senat seine eigenen Fördervorgaben einhält.

Aber nicht nur das. Das deutsche Schulsystem ist in sich völlig veraltet. Alle Maßnahmen, die bisher ergriffen wurden, um Deutschland nach vorne zu bringen, haben es zum Teil nur schlimmer und unübersichtlicher gemacht.
Als Beispiel kann man hier die vereinfachte Schreibschrift nehmen, die durch ihre abgehackte Schreibweise Kindern mit feinmotorischen Problemen mehr Schwierigkeiten bereitet als sie vereinfacht.
Ebenso wie diese ist das neue Konzept, Schüler nach Hören schreiben zu lassen und erst dann zu berichtigen, wenn sich Lesen und Schreiben soweit verfestigt haben, völlig nach hinten los gegangen.
Noch nie gab es so viele Kinder mit Rechtschreibschwächen wie heute.

Kinder mit Sprachbehinderungen, Lernbehinderungen, auditiven Wahrnehmungsstörungen oder visuellen Einbußen sollen heute inklusiv in Regelschulen beschult werden, und das ist auch gut so. Aber bis heute hat es das Schulsystem mit seinen starren Lehrmethoden nicht geschafft, sich nur annähernd an alle Begebenheiten anzupassen.
Und es ist lange nicht so, dass diese Schwierigkeiten nur behinderte Kinder betreffen.
Die wenigsten Kinder lernen nach Schema F, aber an deutschen Schulen wird immer noch so unterrichtet.

 

Aber das ist meines Erachtens nur einer der vielen Gründe, warum Inklusion hier nicht funktionieren kann. Nicht in einem Land, in dem Behinderte immer noch als die sabbernden, in der Ecke sitzenden, schwer geistig behinderten Menschen gesehen werden, solange nicht einfach nur eine rein körperliche (sichtbare) Einschränkung vorliegt. Und selbst da gehen viele heute noch davon aus, dass körperliche mit geistigen Behinderungen einhergehen.

Solange Behinderung nur als rein defizitär angesehen wird, als Krankheit, die ausgemerzt werden soll, möglichst mit allen Mitteln geheilt gehört – solange wird es kein Miteinander geben, sondern immer eine Zweiklassengesellschaft, wo wir schon froh sein “sollen”, wenn man uns die Möglichkeit bietet, möglichst angepasst und unauffällig durch die Gesellschaft zu gehen.

Ich erinnere mich an eine Situation bei meinem Sohn, als dieser 5 Jahre alt war. Nie haben wir gegenüber ihm erwähnt, dass er behindert ist, und auch nicht den anderen Kindern gegenüber. Lediglich die Eltern hatten wir bei Bedarf aufgeklärt.
Kurz nach diesem Gespräch musste ich mit ansehen, wie mein Sohn von Kindern umringt “du bist ein Behindi, ein kleiner Behindi” umsungen wurde, und bis heute frage ich mich, woher sie das wohl hatten.

Kinder sind von Natur aus neugierig und unvoreingenommen. Sie fragen nach, wenn etwas anders ist, und legen es dann zu den Akten. Spielen mit einem, ohne es weiter zu hinterfragen. Oft sind es die Eltern, die erste Ängste schüren, wie es ihnen auch ihre Eltern schon beibrachten: “Du, die sind behindert, mit denen solltest du nicht spielen.”

Kinder betrachten bei Neuem immer erst die Reaktion der anderen und vor allem die der Eltern. Wenn diese negativ reagieren, dann ist es auch negativ.
In Ländern, in denen Behinderte völlig inkludiert mit nichtbehinderten Kinder aufwachsen, sieht man solche Berührungsängste gar nicht.
Und das tragen sie auch in die nächste Generation weiter.

In einer Gesellschaft, wo Nachteilsausgleiche immer noch als Übervorteilung wahrgenommen wird, Behinderte als Belastung im Klassengefüge, wo Eltern sich über ein behindertes Kind in der Klasse beschweren, weil dieses die Lernfortschritte ihres Kindes behindern könnte – in solch einer Gesellschaft, wo Anpassung das oberste Gebot ist, und nur angepasste Menschen das Recht haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, sind wir weiter weg von Inklusion als vielleicht manche ahnen, und so wundern mich die oben angeführten Zahlen in keinster Weise.

Inklusion betrifft eben nicht nur die Schule

Es betrifft alle, ausnahmslos, und fängt schon beim eigenen Denken an.
Wenn ich dann lese, wie der heutige Weltautismustag im Zeichen der Inklusion stehen soll. Induziert von Vereinen wie Autismus Deutschland. Wo Organisationen wie Aktion Mensch groß verbreiten, dass Inklusion das Thema des Jahres sein soll, dann frage ich mich, wie sie eine Therapie wie ABA/ AVT gutheißen können, die meines Erachtens gegen Inklusion steht.

So geht es doch grundsätzlich bei dieser Therapieform darum, Autisten anzupassen und sie möglichst gesellschaftskonform zu machen.
Das ist nicht der Gedanke einer Inklusion. Das ist höchstens Integration, wenn man das überhaupt so nennen mag. Noch dazu, dass es menschenverachtend ist.

Nehmen wir mal Herrn Sascha Decker (Pressesprecher der Aktion Mensch), der mal in einem Interview verlauten ließ, dass die Zeiten, in denen Behinderte vor die Stadttore gesperrt wurden, lange vorbei wären.
Sind Sie sich da ganz sicher? Vielleicht nicht mehr vor die Stadtgrenzen, sicher. Aber wie würden Sie denn Einrichtungen wie Sonderschulen und Förderschulen aus diesem Blickwinkel sehen – und vor allem, wie bewerten Sie eine Therapie, die Menschen nur dann in die Stadt lässt, wenn sie sich möglichst gesellschaftskonform verhalten?

Natürlich müssen auch behinderte Menschen lernen, dass es gewisse Regeln gibt, sofern sie diese behinderungsbedingt einhalten können.
Es geht hier nicht um grundsätzliche Selbstverständlichkeiten wie nicht zu töten, nicht zu stehlen oder zu verletzen.

Bei ABA geht es auch mitnichten nur um basalste Fähigkeiten, wie Befürworter es gerne anführen, sondern um die möglichst beste Anpassung an das, was Nichtautistische als normal ansehen. Es geht es um Dinge wie beispielsweise Kommunikation, telefonieren können, Blickkontakt und Berührung aushalten können. Das Aushalten äußerer Reize im Allgemeinen.

Entspricht es den Gedanken einer Inklusion, wenn Menschen nur dann das Recht auf ein Miteinander haben, wenn sie möglichst so sind, dass sie gar nicht mehr inkludiert werden müssten? 

ABA ist nicht die Lösung für eine erfolgreiche Inklusion, sondern eher hinderlich.
Genau wie viele andere “gutgemeinte Hilfestellungen”, die bis heute nichts anderes bezwecken, als das Miteinander für Nichtbehinderte angenehmer zu machen.

Inklusion kann, wenn richtig durchgeführt, einer der Wege sein, Autisten oder Behinderte allgemein besser in die Gesellschaft zu inkludieren.
Inklusion ist demnach die Lösung für ein allgemeines gesellschaftliches Problem.

Solange ABA gefördert, propagiert oder angeboten wird, führt man aber den Gedanken an Inklusion an sich ad absurdum.
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Quellenangaben:

http://www.zeit.de/2015/04/inklusion-schule-behinderung-hamburg-wahlkampf/seite-6
http://inklusionsfakten.de/5-jahre-un-behindertenrechtskonvention-keine-eins-plus-fuer-die-bildungspolitik/

http://www.behindertenparkplatz.de/wie-ein-sprecher-der-aktion-mensch-behindertenfeindlichkeit-schuert/

Wichtige Links:

ABA und die Kritik daran – Eine Zusammenfassung.
#FragtWarum
Innenwelt: Bin ich behindert

Wir schweigen nicht!

03 Donnerstag Dez 2015

Posted by maedel in mein Autismus

≈ 5 Kommentare

Schlagwörter

ABA, Aktion Mensch, AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, AVT, HFA, Hochfunktionaler Autist, Wir schweigen nicht

Der dritte Dezember ist der internationale Tag der Menschen mit Behinderung und pünktlich dazu, aber auch anhand der aktuellen Ereignisse bei Aktion Mensch oder rund um ABA, ruft Quergedachtes zu einer Aktion auf, an der ich mich beteiligen möchte.

Zur Zeit habe ich mal wieder eine stille Phase. Ich habe mich die letzten Wochen ausgepowert und brauche daher wieder einige Zeit, bis ich vollständig regenerieren kann.
An manchen Aktionen konnte ich mich daher nicht mitbeteiligen. Obwohl sie alle wichtig waren und ich gern gewollt hätte. Aber es fällt mir derzeit sehr schwer.
Das heisst aber nicht das ich still bleibe.

Vielmehr gehe ich eher ein paar Schritte zurück, aber nur um Anlauf zu nehmen.

Ja, ich werde laut sein. Ich werde nicht schweigen.

Ich setze mich schon sehr lange für die Aufklärung über Autismus ein.
Das hat verschiedene Gründe. Zum einem, weil ich selber oft mit meinem Umfeld zu kämpfen habe. Zum anderem bin ich Mutter und auch meine Kinder sind autistisch.
Ich setzte mich daher genauso für sie ein und für all die autistischen Kinder da draussen.
Da zwei meiner Kinder frühkindlich sind, kann ich die Sorgen manch Eltern verstehen und so macht es mich noch wütender als manch andere, dass solche Ängste und Nöte von Eltern unter dem Deckmantel des Gutwillens vermarktet werden.
Ich weiss, dass es auch ohne ABA/AVT, MMS, Diäten etc. geht.

Ich selber habe eine konditionierende Erziehung „genossen“ und auch wenn ich selten darüber schreibe, kann man hier die Folgen im Blog einer solchen Erziehung manches Mal herauslesen.
Das Leben unter ständiger Anpassung, das ewige spielen einer oder mehreren Rollen und das stetige Gefühl falsch zu sein, fordert seinen Preis.
Ich habe diesen Preis bezahlt und nun versuche ich mich wieder aufzurichten. Aber nicht ohne sicherzustellen, dass sowas unseren Kindern nicht passieren kann.
Ich habe daher vielleicht eine ganz besondere Perspektive und die will ich einbringen.

Ich bin alles andere als schwach, auch wenn es manchmal nach aussen so aussehen mag. Auch wenn ich öfters still bin.
Ich nehme nur Anlauf und ich werde immer wieder hinausschreien:

Indem ihr die Menschenrechte, Grundrechte und all unsere Werte missachtet, tretet ihr nach dem, was uns am wichtigsten sein sollte. Nach unseren Kindern, der nächsten Generation.

Da könnt ihr noch so sehr Gutwillen oder Wahlfreiheit vorschieben. Veranstaltungen abhalten, die zum Zweck haben uns dazu zu bringen, nicht mehr unsere Meinung laut auszusprechen.

Es ändert nichts an der Tatsache, dass wir ebenfalls eine Stimme haben und diese auch gebrauchen werden.
Und gerade die Tatsache, dass ihr Respekt vor unserer Stimme gezeigt habt, durch eure Aussagen beim Treffen der Aktion Mensch, zeigt mir, dass ihr uns begonnen habt zu hören.
Auch wenn ihr vom zuhören noch sehr weit entfernt seit.

Ich lasse mir keinen Maulkorb verpassen und meinen Kindern auch nicht.
Denn diese habe ich ganz ohne ABA und Konditionierung zu selbstständigen und eigenständigen Menschen erzogen und bei aller Naivität, die sie doch haben, wurde ihnen ganz ohne mein Zutun bei der Debatte um ABA und Co eines klar.
Schon in ihren jungen Jahren sagen sie klar nein zu Therapien oder Behandlungen, die sie verbiegen sollen.

Denn sie sind gut so wie sie sind!

Aktion:
Wir schweigen nicht!
#WirSchweigenNicht auf twitter

weitere Blog, die sich beteiligen:
Atari-Frosch schweigt auch nicht
butterblumenland genausowenig
Aspergiller schweigt nicht
Sabrina schweigt auch nicht
Mellis laute Stimme
Auch yowriterblog hat was zu sagen

zur Vorgeschichte bei Aktion Mensch:
Aktion Mensch fördert ABA
Treffen bei Aktion Mensch
Werden wir schweigen? Nein!

Treffen bei Aktion Mensch

22 Sonntag Nov 2015

Posted by maedel in Projekte/Veranstaltungen

≈ 93 Kommentare

Schlagwörter

ABA, Aktion Mensch, Aleksander Knauerhase, AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist, Podiumsdiskussion

Es waren für mich 2 sehr anstrengende Tage und noch heute kämpfe ich mit den Nachwirkungen. Jedes Geräusch, das kleinste Licht ist viel zuviel.
Bei einer bekannten Friseurin, mussten sie heute sogar alles abdunkeln, sonst hätte ich es dort nicht ausgehalten und dabei ging es nur um den Haarschnitt der Jungs.
Ich habe mich völlig verausgabt und werde Tage brauchen, um das alles wieder einzuspielen.
Aber genau das scheine ich gebraucht zu haben. So erinnert mich dieser Zustand daran, was ich mitunter so falsch an diesen Programmen, diesen Therapieformen finde.
Sie machen den Autismus ja nicht weg. Man lernt nur zu funktionieren, solche Dinge auszuhalten, noch dazu möglichst unauffällig und Gesellschaftskonform.
Nur mit einem großen Unterschied. Ich habe dort geschaukelt und gezappelt was das Zeug hält, um es aushalten zu können.
Sonst wäre ich heute noch mehr ein Wrack, als ich es so schon bin und das wichtigste:

Ich hatte die Möglichkeit nach Hause zu kommen. Alles abzudunkeln, Ruhe herzustellen und mich in Sicherheit zu begeben, sodass ich regenerieren kann. Bei ABA/AVT hätte ich das nicht gedurft.
Da würde das Training nun weiter gehen.

Und genau da fängt für mich die Menschrechtsverletzung an und wenn Aktion Mensch noch so sehr davon spricht, dass ich oder wir hier sehr große Worte benutzen, zu große, um die Bitte im Schlusssatz von Herrn Lechmann besser zu verstehen:
Zitat: “Eine Bitte an die Blogschreiber (anwesende). Sie haben enormen Einfluß und wir bekommen das auch mit.“
Es ist aus ihrer Sicht Herr Lechmann auch verständlich, dass sie es nicht in Ordnung finden, dass ihnen von Lehrern der Handschlag verweigert wird, aber uns das allein in die Schuhe zu schieben mit der Aussage, dass sie nicht wissen möchten was diese Lehrer im Internet gelesen haben, naja.
Ihrer Wunsch an uns Blogger: „da verantwortlich und vielleicht verbal etwas abzurüsten“, werde ich insofern nicht nachkommen, dass ich mir meine Meinung und die Aussage derer in keinster Weise verbieten lasse und: „sie wissen gar nicht was für eine Macht sie haben, das ist wirklich sehr stark“ war mir tatsächlich nicht bewusst.
Danke, jetzt weiss ich es. Ich werde sie mit Bedacht einsetzen. Allerdings nicht so, wie sie es sich wahrscheinlich gewünscht hatten.

Ich finde es schlimm, wenn unter dem Deckmantel der angeblichen Wahlfreiheit ein Missbrauch an den Menschrechten der Kinder begangen wird.
Und bei dieser Meinung bleibe ich, auch nach dieser Veranstaltung. Vielmehr hat sie sich sogar verhärtet.
Wo ist denn die Wahlfreiheit der kleinen Autisten? Nur weil sie später sogar einfordern?
Sie alle fordern Altgewohnheiten auch immer wieder ein und sind Therapeuten ihre Bezugsperson (auch im häuslichen Sicherheitsbereiche) dann wundert es auch nicht.
Ein Raucher wird auch der alten Gewohnheit nach weiter rauchen, deswegen ist der Glimmstengel aber nichts gutes.
Gerade bei Autisten ist Altbekanntes oft sogar noch wesentlicher.
Die Kinder kennen es ja nicht anders und den Müttern wird mit haarsträubenden Zukunftsszenarien (Manipulation) kaum eine Wahl gelassen.

„Wollen sie denn nicht, das ihr Kind gefahrlos von a nach b kommen kann?“ Das nennt man Suggestivfrage. Genau die wurde mir am Donnerstag gestellt. Welche Mutter möchte das schon nicht und niemand würde diese mit *nein* beantworten.
Szenarien wie, ihr Kind wird ohne Behandlung im Erwachsenenalter noch Windeln tragend die Wände mit Kot beschmieren…auch dieser Satz fiehl und ist höchst manipulativ.

Wo ist da eine Wahlfreiheit. Das ist eher Masche, eine sehr alt bekannte und erschreckend für mich war, dass sie wirklich gut waren. Die Vetreter der ABA/AVT Fraktion. So gut, dass ich stellenweise sogar fast an meiner harten Gangart gezweifelt hätte. Teilweise sogar dachte, das AVT wirklich nicht mit ABA zu vergleichen ist.Zumindest so lange, bis ich heute morgen einen Text von Vera Bernard-Opitz laß, die ein Schriftstück herausbrachte, welches Unterschiedlichkeiten und Gemeinsamkeiten zwischen ABA und AVT näher beleuchten sollte. Nachzulesen auf der Hompage des Regionalverbands Karlruhe von Autismus Deutschland.

Zitat aus dem Schreiben: „ABA und AVT haben als Hauptziele den Abbau von Verhaltensproblemen, wie Zwängen oder Selbststimulation und den Aufbau oder die Erweiterung von angemessenen Fähigkeiten, wie die Erweiterung kommunikativer Funktionen oder angemessenem Sozialverhalten.“

Oder auch ein Zitat, das Herr Lechmann selbst zitiert hat, bei der Podiumsdiskusion bei Aktion Mensch in Bezug auf Stereotypien: „Nie was nehmen, ohne die Funktion durch was Anderes zu ersetzen“ und: „Erst dann kann etwas gegeben werden, dass funktionaler ist“.

Angemessen, funktionaler, soso. Wer bestimmt denn die Angemessenheit oder angemessene Funktionalität? Die Gesellschaft?
Laut der ABA/AVT Fraktion die Eltern. So räumt diese ein, dass *solche* Programme dazu missbraucht werden könnten, um eine möglichst große Anpassung zu erreichen. Wie jedes andere Programm auch.

Da bin ich anderer Meinung und wer da als *Referenz* auch noch eine Mutter einsetzt, die ihren autistischen Sohn per AVT behandeln lässt, weil sie unter anderem der Meinung ist, dass man sich mit einem Autisten, der sich nicht adäquat verhält, nicht in der Gesellschaft blicken lassen kann, dann kann das gar nicht so weit von ihren Ansichten als Therapeuten oder Anbieter entfernt sein. Die Verantwortung liegt da eindeutig auch bei den Therapeuten. Wenn man Eltern als Co-Therapeuten einsetzt und dazu anleitet, dann muss auch das Verhindern des Missbrauch dieser therapeutischen Werkzeuge sicher gestellt sein.
Noch dazu, wenn es sich um ein Werkzeug handelt, dass sich als Ziel setzt Autisten umzuprogrammieren, zu einem angemessenem Sozialverhalten.
Nichts anderes ist damit gemeint, wenn da steht, dass die Kinder gelerntes autistisches Verhalten vergessen und ein neues Verhalten erlernt werden soll. Nachzulesen aus einem Zitat auf der IFA Bremen Homepage.

Weiteres Zitat aus dem Schreiben „Beispiel: Geldverständnis nach verschiedenen Lernformaten:
braucht das Kind wiederholte Übungen, um Geldmünzen zu unterscheiden, oder muss es lernen, die Münzen schneller auszusuchen, um ungeduldig Wartende nicht zu frustrieren?“

Spätestens hier wurde mir deutlich, wie sehr sie verdreht haben, damit es weniger nach dem kritisiertem ABA klingt.
Geht es also doch darum, Autisten gesellschaftskonform zu machen. Und in dieser beschriebenen Situation ist auch nichts mehr davon zu lesen, dass es sich hier um basale Fertigkeiten handelt.

Das war übrigens etwas, was mir bei der Veranstaltung schon sehr negativ auffiehl.
Das stetige Springen von einer Variante des Autismus, die sie als die schlimmste und schwerste Form bezeichnen. Eben dem Autisten der gar nichts kann, nichtmal basalste Fertigkeiten, wie Anziehen, Essen, auf das Klo gehen etc. Dinge, die Eltern massiv Angst machen können, weil in dem Zuge ja auch nicht erwähnt wird, dass Autisten das sehr wohl mit der Zeit auch lernen können. Vielmehr implizieren sie so, dass diese ohne Behandlung ja immer die Windel tragenden Autisten bleiben werden, die Wände mit ihrem Kot beschmieren.
Bis eben zur Variante, dass Kinder die Eigenbestimmung lernen sollten, eigenständig und autonom zum Bäcker gehen zu können und das mit 6 Jahren. Eben eher die Hochfunktionale Variante.
Sprachen sie also von Erfolgen, dann ging es plötzlich weg von den schwersten, angstmachenden Zuständen der schwerstbehinderten Frühkindlichen hin zu den Hochfunktionalen, wo sie mit Behandlung dann wohl einzustufen wären.
Weit dem Voraus, was man als basale Fertigkeit verstehen würde.

Allein zum Bäcker gehen kann mein Kind übrigens auch. Allerdings erst mit 13. Aber man kann nicht sagen, dass er es nie geschaft hätte, da er ja frühkindlich ist und kein ABA oder AVT erhalten hat. Zumindest solange es sich in dem Rahmen bewegt, den er kennt und solange es ein guter Tag ist. Aber auch das hat er lernen dürfen. Gute Tage, schlechte Tage.

Autismus ist, wie bei der Gesprächrunde von einem Vater eines autistischen Sohnes erwähnt, eine tiefgreifende Entwicklungsstörung und er legte uns sehr nahe, dies nicht zu vergessen.
Den gleichen Rat gebe ich zurück. Denn Autismus bedeutet nicht Entwicklungsstillstand.

Autisten lernen aus dem Verstehen heraus. Meiner Erfahrung nach, am besten über das logische Verstehen, was auch Aleksander Knauerhase in der Diskussion anführte.
So mag es vielleicht länger dauern, aber auf diese Art kann man auch eher sicher stellen, dass Erlerntes zumindest bis zu einem gewissen Grad übertragbar in andere Situationen sein kann. Natürlich kann es auch dann zu Situationen kommen, an denen wir als Autisten alles abbrechen, da wir völlig überfordert sind, einfach weil es anders läuft als geplant.
Aber durch das Verstehen können wir uns wesentlich besser und facettenreicher auf solche Situationen vorbereiten.

An diesem, und nur an diesem Punkt gebe ich Frau Werner, die als BCBA- Therapeutin der ABA/AVT Fraktion anwesend war, durchaus Recht.
Sie können keine komplexen sozialen Regeln runterbrechen auf einen einzigen Skill und den dann unterrichten.
Aber genau das tun sie! Dadurch, dass Autisten nicht verstehen, geben sie einfach nur Werkzeuge an die Hand wie sie Situationen bewältigen können, ohne die Chance sie aus dem Verstehen heraus *selbst* zu entwickeln.

Als ich jung war, erklärte mir meine Mutter, dass ich jedem Hallo zu sagen habe. Das hat ne Weile gedauert, bis ich das auch umsetzte, aber irgendwann sagte ich immer brav Hallo.
Als ich dann älter wurde und in die Pubertät kam, wurde mir genau das aber wieder zum Vorwurf gemacht, indem sie mir sagte, dass ich doch nicht jedem fremden Hallo sagen kann.
Es könnten ja auch welche dabei sein, die es nicht gut mit mir meinen.
Wer ist denn fremd? Wann meint man es gut und wann nicht und wen soll ich jetzt grüßen und wen eigentlich nicht. Wenn ich nicht Hallo sagen soll, was dann oder soll ich gar nichts sagen.
All das hat man mir nie erklärt und hatte dann nach der Ansage meiner Mutter zur Folge, dass ich lange Zeit gar niemanden mehr grüßte und selbst heute noch Schwierigkeiten damit habe, dies zu unterscheiden. An schlechten Tagen jedoch, verfalle ich wieder dazu, niemanden zu grüßen oder auch unter Stress nicht zu reagieren.

Mit diesem Beispiel wollten wir bei der Diskussion erklären, was nicht verstehendes rein funktionales Lernen anrichten kann. Das Folgen davon oft erst weit im erwachsenen Alter zu sehen sind.
Es sollte ein Beispiel sein und genau dieses Beispiel wurde später von Frau Werner so verdreht, dass es den Eindruck erweckte, wir würden ABA/AVT Therapeuten unterstellen, den Kindern stupides Begrüßen beizubringen.

Nun sagte sie auch, dass sie natürlich auch mal soziale Situatonen erklären, warum sie so sind wie sie sind. Aber dadurch, dass sie einfach vorgeben und auch schon seit frühster Kindheit immer vorgegeben haben, wie ein Kind in welcher Situation wie reagieren soll.
Wie soll es dann gelernt haben eigene Skills und eigene Werkzeuge zu entwickeln, die flexibel genug sind, um die meisten Situationen halbwegs abzudecken. Sie haben doch keine Ahnung wieviele Facetten eine solche Situation haben kann. Ich schon.
Und genau hier kommen, wie bereits erwähnt die guten Tage und schlechten Tage zum Tragen. Die Kraft, die man als Autist für solche Fälle aufbringen muss.
Und an dieser Stelle möchte ich nicht schon wieder eine Differenzierung von seitens der ABA/AVT Fraktion auf schwere und leichte Fälle hören oder lesen. Autist ist Autist und nur weil ich besser kompensieren kann, heisst es nicht das ich dieselbigen Schwierigkeiten nicht habe und sie sind mir alle bewusst. An schlechten Tagen besonders.
Dann wäre auch mein Sohn nicht mehr in der Lage, sich auch nur ein Brötchen beim Bäcker zu holen.

Wenn er jetzt zusätzlich den ganzen Tag damit beschäftigt wäre nur zu funktionieren. Stimmings, die unerwünscht sind zu unterdrücken, dann wäre es ein Leben, dass dauerhaft an seiner Belastungsgrenze geführt wird.
Ich wurde dazu erzogen zu funktionieren. Mir wurde es nie erklärt. Als ich 36 Jahre alt war, brach mein Konstrukt Leben, dass ich um mich gebaut hatte zusammen und ich stand vor einem Scherbenhaufen.
Einfach, weil ich nie wirklich verstanden habe und es mir niemand erklärt hat und erst jetzt beginne ich nach und nach zu lernen. Aber aus eigenem Antrieb heraus.
Langsamer zwar, aber mit Sicherheit nachhaltiger und vor allem immer darauf bedacht, es für mich leistbar zu halten und um Akzeptanz meines Umfeldes bemüht.
Ganz nach der Aussage von Herrn Rickert-Bolg von der Fachgruppe Therapie von Autismus Deutschland: „soviel wie nötig, so selbstbetimmt wie möglich“.

Das mag vielleicht mitunter daran liegen, dass ich mich in meinem neuen Umfeld sicher fühle.
Zu Hause. Ich habe nun eine Sicherheitsperson, der ich blind vertrauen kann und wo ich genau weiß, dass ich mich auch mal in für mich neue oder anstrengende Situationen wagen kann, wenn ich ihn als Sicherheit hinter mir weiss oder auch mein zu Hause so gestalten kann, wie ich es brauche. Einfach sein kann wie ich bin.

Das konnten mir meine Eltern in meiner Kindheit nicht bieten und bis heute beschwert sich meine Mutter darüber, dass sie nie einen Bezug zu mir aufbauen konnte. Nicht so, dass er über die Zeit der abhängigen Kindheit hinaus ging.
Wir haben heute kaum Kontakt und wenn, ist sie nicht die Person, die ich als meine wirkliche Bezugsperson benennen würde.
Genau das ist aber das, was Eltern als Co-Therapeuten riskieren. Nicht nur, dass sie dem Kind damit schaden. Sie schaden sich auch selbst damit.

Warum ich erst so spät anfange, mein Leben in den Griff zu bekommen?
Durch mein angelerntes Verhalten, mein geringes Selbstwertgefühl dadurch, dass meine Eltern mir stetig vermittelten alles nur falsch zu machen und falsch zu sein. Durch das ständige Training an meinem Verhalten wurde ich zum leichten Opfer. So ordnete ich mich auch in meiner langjährigen Partnerschaft unter und machte stets brav das, was mir gesagt wurde. Bis eben alles in sich zusammenbrach und ich nicht mehr funktionieren konnte.

Haben sie solche Folgen wirklich je bedacht? Nicht nur bei mir ist das nämlich so verlaufen. Machen sie sich doch mal die Mühe Stimmen von Autisten zu lesen, die diese Art des Trainigs erlebt haben und damit aufgewachsen sind. Oder auch die Stimmen der Autisten, die es vielleicht nicht erlebet haben, aber immer noch besser nachfühlen können, was es mit einem machen muss. Lesen sie nicht nur die Berichte, die heute noch in Coabhängigkeit zur ABA Lobby stehen. Sei es emotional aus Angst vor der Zukunft, oder aus Angst vor dem Verlust ihrer Existenzgrundlage.

Hören sie einfach nur wirklich zu und wagen sie den Versuch uns wenigstens ein wenig zu verstehen und das, was wir versuchen zu vermitteln.

Ich möchte Aktion Mensch nicht unterstellen, dass sie uns in voller Absicht in solch eine Situation brachten, wie sie es am Donnerstag taten.
Indem sie entgegen der Absprache mit Aleksander Knauerhase, doch Prof.Dr. Röttgers mit Gefolge als *Gäste* an der Podiumsdiskussion teinehmen ließen, kam es genau zu der Gegenüberstellung die nicht auf Augenhöhe stattfinden kann, weswegen Herr Knauerhase die erste Veranstaltung mit Herrn Röttgers nach dem Emailverkehr mit demselben ablehnte.
So hatte die Veranstaltung tatsächlich den Charakter einer Show, in der es darum gehen sollte, uns soweit zu überzeugen, dass wir zumindest nicht mehr Negatives über ABA und AVT, insbesondere zu dem durch Aktion Mensch unterstützten BET Programm, schreiben.

Prof. Dr. Röttgers kam in Begleitung, und auch das ist ein altbekanntes Bild bei ABA-Vertretern, mit einer Therapeutin und zwei Eltern, die frühkindliche Autisten nach ABA/AVT erziehen.
Auch wurden hier wieder sämtliche altbekannte Argumentationsschienen angebracht, die Butterblumenland schön beschrieben hat.

So neu sind sie nicht. Ich kenne sie alle und kann sie normalerweise leicht widerlegen. Aber da mir das als Autistin, gerade im direkten Gespräch unglaublich schwer fällt Eindrücke zu verarbeiten und dazu noch deren geschickten Fallen zu erkennen, stimmt ihre Aussage nicht Aktion Mensch, dass solche Diskussionen nicht schriftlich über Blogs geführt werden können.
Es war dennoch nicht ganz falsch in meinen Augen, dass ich da war und die Anstrengungen haben sich doch gelohnt, aber nichtsdestotrotz komme ich mir zur Zeit etwas verschaukelt vor.

Dem Fazit eines Teilnehmers, dass wir gar nicht so weit auseinander wären mit unseren Ansichten, wie mit Autisten umgegangen werden soll, kann ich nicht teilen.
Wir sind weiter weg als je zuvor und das macht der Versuch der ABA/AVT Fraktion, ihre Therapieform als reine gängige Verhaltenstherapie am Autisten und irgendwo auch nur als Form einer Erziehung darzustellen auch nicht viel besser.
Vielmehr hatte der Versuch, AVT als dynamische Weiterentwicklung des ABAs nach Loovas aufzuzeigen, einen recht faden Beigeschmack. Insbesondere deswegen, weil sie genau dessen Studie als Referenz für ihre Evidence und Wissenschaftlichkeit auf ihrer Seite angeben, dabei genau diese aber verleugnen.

Ich bleibe dabei. Es gibt nicht nur ein bisschen ABA, denn selbst jede abgewandelte Form beinhaltet genau das, was ich an ABA verurteile.
Eine Verletzung der Rechte des Kindes auf seelische Unversehrtheit. Das Recht auf Achtung vor der Unterschiedlichkeit von behinderten Menschen, als Teil der menschlichen Vielfalt. Das Recht auf eine eigenständige Entwicklung und Individualität

und vor allem das Recht einfach man selbst zu sein.

Links:
Aktion Mensch Podiumsdiskusion
IFA Bremen
Autismusspezifische Verhaltenstherapie (AVT) und Applied Behavior Analysis (ABA) von Vera Bernard-Opitz

UPDATE:

inzwischen ist so einiges passiert und meine Aussage, dass ich Aktion Mensch nicht unterstellen möchte, dass sie das mit Absicht getan hat, möchte ich hier deutlich revidieren. 

Kontra ABA- zu Besuch bei Autismus Mittelfranken

07 Samstag Nov 2015

Posted by maedel in Projekte/Veranstaltungen

≈ 17 Kommentare

Schlagwörter

ABA, AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, Autismus, Autismus Mittelfranken, Autismus-Spektrum-Störung, Kontra ABA, Regionalverband

Anfang der Woche las ich auf Twitter den Hilferuf, denn als solchen hatte ich ihn verstanden, dass dringend Unterstützung auf der Veranstaltung von Autismus Mittelfranken kontra ABA benötigt wird.
Da Nürnberg sich innerhalb meines 2 Stunden Radius befindet und ich erst erfolgreich solch eine Reise, durch die Gespächsrunde in Rosenheim, gemeistert hatte, meldete ich mich kurzer Hand zur Unterstützug an.
Zugegeben, etwas impulsiv, was eigentlich gar nicht meiner Art entspricht und wie gesagt vermutlich der Euphorie von letzer Woche geschuldet war.

Relativ schnell kamen erste Zweifel. Zwar hatte ich auch die Diskussionen zu einem Sachverhalt in Facebook am Rande mitbekommen, und deswegen auch so meine Gedanken gehabt, da sich entsprechende Personen ebenfalls zu dieser Veranstaltung angekündigt hatten, aber viel mehr bereitete mir die Anfahrt immer mehr Sorge.
Diese aufkeimende Panik ist für sehr viele oft nicht begreiflich und wird häufig nur als „ach, das ist bei Frauen ja häufig so und das geht schon irgendwie“ abgetan.
Bei mir ist es eine regelrechte Panik, und noch während der Fahrt (eigentlich schon vor Antritt) fragte ich mich, was mich da eigentlich geritten hat, in eine fremde Großstadt mit eigenem Auto zu fahren, noch dazu mit unklarer Parksituation. Hilfe.

Aber ich hatte es versprochen, und wenn ich sage, dass ich komme, dann kann man sich da auch auf mich verlassen.
So saß ich dann im Auto, bis zu der Stelle, die ich gut kannte, recht enspannt und dann zunehmend immer aufgeregter hinterm Steuer und schrie öfter mal so vor mich hin. Stinksauer auf mein Naviprogramm auf dem Handy.
Zum einen, weil es mich an einer Stelle zum Geradeausfahren aufforderte und es dort aber zwei Möglichkeiten gab. Eine etwas nach rechts neigend, die andere etwas nach links.
Hatte ich mal erwähnt, dass ich es gar nicht leiden kann in Großstädten mit dem Auto zu fahren? Allein schon die Frage, welche Spur denn nun die richtige ist, stellt mich vor immensen Herausforderungen.
Zum anderen, weil die Musik, die mein Smartphone bis dahin im Hintergrund dudelte, zunehmend störend wurde, ich aber vor lauter Angst mal wieder nicht in der Lage war, daran was zu ändern. Ich fasse das Smartphone nach Fahrtantritt nicht mehr an, zumindest nicht an unbekannten Stellen. Ich könnte ja dann eine wichtige Ansage meiner Navigation verpassen.
Irgendwo anhalten oder geschwind auf einen Parkplatz fahren, von der Route abweichen, dass bekomme ich in solchen Situationen auch nicht hin.
So musste ich es ertragen und nachdem ich zum Glück tatsächlich den Parkplatz fand und nach kurzer Wartezeit sogar ein Parkplatz, kam ich in Nürnberg schon reichlich getresst und mit Kopfschmerzen an.

Nun erst stellte sich so langsam die Aufregung bezüglich der Veranstaltung ein und da ich nicht herausfinden konnte, wo ich eigentlich im Gebäude hin musste (es war ein großer Koplex und schwer einzusehen) machte ich mich vor dem Gebäude im leichtem Nieselregen an meine Notizen. Nebenbei wartete ich auf Quergedachtes (Aleksander Knauerhase), der mir per Twitter angekündigt hatte, auch bald zu erscheinen.

Ein bisschen aufgeregt war ich deswegen schon. So kannten wir uns durch unsere Blogs und Twitter schon recht lange und heute sollten wir uns das erste Mal persönlich kennen lernen. Irgendwie schien ich ihn verpasst zu haben, als ich draussen vor dem Gebäude an der Wand gedrückt stand und in meinen Notizen vertieft war.
Irgendwann schaute ich rein und zum Glück stand er in dem Moment so, dass man ihn von aussen sehen konnte. Sonst wäre ich vermutlich weiter draussen gestanden, und hätte darauf gewartet, dass mir irgendjemand sagen könnte, wo ich eigentlich hin muss.
Einfach ins Gebäude reingehen und nachfragen? Immerhin hatte ich dort Leute stehen sehen. Das konnte ich nicht. Das waren alles für mich fremde Menschen.

Lustig war es dann doch, weil ich mich einfach zu Aleksander hinstellte und abwartete. Ich fragte mich, ob ich nun was sagen soll oder nicht, aber offenkundig waren sie im Gespräch und da stört man ja nicht. Er stand bei zwei weiteren Personen, die sich später als Silke und Birke (Vorstand vom Regionalverband Autismus Mittelfranken) heraustellten und just in dem Moment als ich bei ihnen stand, begannen sie sich zu fragen, wo ich eigentlich stecke. Dadurch, dass keiner von ihnen je ein Bild von mir gesehen hatten, war das ja auch verständlich.
Jetzt war dann wohl der richtige Zeitpunkt mich bemerkbar zu machen, dachte ich mir.
Soviel zur Vorgeschichte.

Die Veranstaltung beginnt

Eröffnet wurde diese durch den Vorsitzenden des Regionalverbandes Autismus Mittelfranken von Stefan Bauerfeind.
Gleich danach sollte es dann mit dem großem Thema des Abends weitergehen „ Autismus-Therapie im Spannungsfeld zwischen Evidenzbasierung und Lebensqualität“ vorgetragen von Friedrich Nolte, Referent von Autismus Deutschland.

Dazu sollte man als Vorgeschichte noch wissen, dass vor einiger Zeit der Regionalverband Mittelfranken eine öffentliche Stellungnahme gegen ABA herausgebracht hatte und dafür von Autismus Deutschland schwer gerügt wurde.
Diese Podiumsdiskusion im Anschluss an Herrn Noltes Vortrages sollte mitunter dazu dienen, mit Autismus Deutschland zum Thema ABA ins Gespräch zu kommen.
Mittelfranken erhoffte sich hier von Autismus Deutschland, dass diese sich deutlich von ABA distanzieren und damit ihrer bis heute gültigen Stellungnahme entsprechen.
Allerdings habe ich keine eindeutige Aussage von Herrn Nolte hierzu erwartet und so kam es für mich auch nicht überraschend, dass er bei vielen Fragen am schwimmen war und oft Fragen nicht wirklich beantwortet hat.

Gestört hat mich eher die Tatsache, dass er unseren Standpunkt als Autisten entweder nicht verstanden, oder wissentlich ignoriert hat. Das lässt sich aus meiner Warte nicht genau beurteilen.

Dennoch fand ich die Veranstaltung nicht als umsonst, denn so bleiben wir mit ABA im Gespräch und nur so können wir immer wieder auf unsere Sichtweise hindeuten.
Irgendwann bleibt vielleicht doch was hängen und dann erlauben sich auch Referenten von Autismus Deutschland vielleicht nicht mehr den Fauxpas bei ABA gerade als Beispiel einer Therapiestunde anzupreisen, in der es darum ging, das Autist Blickkontakt halten soll, wenn der Würfel im Spiel an den nächsten Spieler weitergegeben werden soll.
Damit hatte er natürlich einiges an Unmut im Publikum ausgelöst.

Aufgefallen ist mir sein Bemühen, ABA als direkte Bezeichnung in seinem Vortrag weitest gehend rauszuhalten. So sprach er von multimodaler Autimus-Therapie, die nach seiner Aussage Autismus Deutschland voranbringen möchte. Gemeint ist damit, dass nicht nur ein Therapiekonzept allein stehen kann, sondern dass möglichst viele Bausteine ähnlich einem Baukastenprinzip Anwendung finden sollte.
Gut fand ich den Einwand einer Therapeutin, die meinte, dass ABA aber soviel Raum einnimmt, dass für nichts anderes Platz wäre.
Das ist aber nur ein Punkt, der mich an dieser Aussage stört.
Tatsächlich finde ich, dass der Gedanke einer multimodalen Therapie nicht rechtfertigt, Therapiebausteine einzubeziehen, die gegen Menschrechte und die Rechte des Kindes verstossen, wie es eben ABA allein schon mit seinem Therapieansatz tut.

Herr Nolte berichtete auch von einem Ansatz, dass Therapiezentren in Zukunft zertifiziert und auditiert werden sollen, wozu auch ein Leitfaden durch die Fachgruppe Therapie von Autismus Deutschland entwickelt wurde.
Auch sprach er hier von wissenschaftlicher Bewertung.
Hier stellten wir uns die Frage, wie denn hier die Zielsetzung einer Bewertung beurteilt wird. Gehen wir von einer evidezbasierten (augenscheinlichen) Beurteilung aus, so mag in manchen Bereichen ABA tatsächlich je nach Zielsetzung positiv bewertet werden. Zumindest wenn es darum geht, wie zufrieden die Eltern waren, weil Kind jetzt das tut was sie sagen oder das ausführt, was es sollte.
Wie es dem Kind dabei geht, welche Folgen entstehen können und wer überhaupt sich anmaßen darf solche Ziele festzulegen, ohne dabei Autisten selbst zu befragen, dass wurde nicht wirklich beantwortet.
Scheinbar ist die rein von aussen bewertete Sicht ausreichend. Immerhin behauptet Herr Nolte, dass ABA unbestritten die Therapie mit der höchsten Evidenzrate ist. *augenrollt*
Ausserdem soll Telefonieren eine Schlüsselkompetenz sein, laut Nolte, die es zu erlernen gilt.
Da gibt es noch viel zu tun.

Zumindest den Einwand, dass Autisten bei Autismus Deutschland involviert werden sollten, stößt bei Herrn Nolte auf gute Resonanz. Er ist laut persönlicher Meinung dafür, dass Autisten mehr einbezogen werden sollten. Leider wird er vermutlich da „noch“ recht allein damit stehen, solange der Vorstand von Autismus Deutschland, gerade in Persona von Frau Kaminski, alles dafür tun werden, um das zu verhindern.

Ingesamt gesehen war die Veranstaltung ok, aber den erhofften Erfolg hat sie nicht gebracht.
Denn ganz zum Schluss, als keine Diskussion mehr möglich war (klug plaziert), hat Herr Nolte doch noch eine Stellungsnahme zu ABA geäussert, die der von Autismus Deutschland entspricht.  Aber wie gesagt, ich hatte das auch nicht anders erwartet.

Wir waren aber im Gespräch, konnten unsere Sichtweise erklären und aufzeigen, wie wir zu ABA stehen und das Autismus Mittelfranken durchaus nicht allein mit ihrer Stellungsnahme dasteht.
Das war mir wichtig und somit war es für mich auch vertretbar, dass ich heute den Tag mit Kopfschmerzen verbringen werde und selbst beim Mittagessen, wegen der Lampen, Sonnenbrille tragen musste.

Ja es war anstrengend, aber die Fahrt hat sich für mich gelohnt. Ich habe ein paar Bekannte aus dem Internet persönlich kennen lernen dürfen, konnte Mittelfranken unterstützen und meine Sicht der Dinge einigermaßen darstellen.
Ich kann durchaus stolz auf mich sein und werde weiter machen.

In diesem Sinne, bis demnächst.

Offener Brief an den Europäischen Bürgerbeauftragten und die Mitglieder des EU Parlaments

02 Freitag Okt 2015

Posted by maedel in offene Briefe

≈ 35 Kommentare

Schlagwörter

ABA, AS, Autismus-Spektrum-Störung, Deklaration, Europaparlament

Dieser offene Brief ist in einem Gemeinschaftsprojekt entstanden. Vielen Dank an alle, war eine tolle Zusammenarbeit!

Aufruf:

Um diesen Brief möglichst weit zu verbreiten, brauchen wir eure Hilfe!

Zum einem könnt ihr hier in den Kommentaren unterzeichnen und damit öffentlich zeigen, dass wir viele sind.

Aber wir haben da noch ein Anliegen:

Er wird zwar einmal im Original an die entsprechende Stelle der EU
versendet, aber damit wir wirklich gehört werden, möchte ich euch bitten, diesen Brief zu kopieren (copy and paste) und ihn an eure EU-Abgeordneten zu schicken.
Bitte vermerkt hier in den Kommentaren, welche Abgeordneten (+ Angabe Bundesland) schon angeschrieben wurden. Gerne auch doppelt und dreifach.
Es soll nur darum gehen, dass wir sehen, welche Abgeordneten und Bundesländer noch ausstehen. Optimal wäre es, wenn jeder EU-Abgeordnete mindestens eine Fassung des Briefes erhält.
http://www.europarl.de/de/europa_und_sie/das_ep/abgeordnete.html

Gerne kann dies auch in den anderen EU-Staaten verbreitet werden. Je mehr, desto besser.
Da es sich um die EU handelt, stellen wir den Brief sowohl auf Deutsch, als auch auf Englisch zur Verfügung.

Verbreitet diesen Brief so weit wie möglich. Denn was die da versuchen, können wir nicht einfach so zulassen.

Danke

Falls genauere Nachfragen kommen, um welche Deklaration und Infoveranstaltung es sich genau handelt, hier die entsprechenden Links zu den Originalen (könnt ihr auch direkt beim ersten Anschreiben verlinken, falls euch das lieber ist):

Deklaration

Klicke, um auf written-declaration-on-autism-to-the-ep.pdf zuzugreifen

Infoveranstaltung

Klicke, um auf programme.pdf zuzugreifen

Ansonsten empfehle ich da noch diese Hintergrundlektüre:
https://butterblumenland.wordpress.com/2015/07/28/warum-ich-meinen-europaabgeordneten-bat-die-autismus-deklaration-nicht-zu-unterschreiben/
https://butterblumenland.wordpress.com/page/2/

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Offener Brief an den Europäischen Bürgerbeauftragten und die Mitglieder des EU Parlaments

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großer Verwunderung haben wir vernommen, dass zu dem Informationstag zur Autismus-Deklaration (Declaration on Autism) Autisten selbst nicht eingeladen wurden.
Schon bei der Abstimmung wurden wir nicht gefragt, ob wir
denn europaweit typisiert werden wollen und wie wir denn zu einer
europaweiten Einführung zur evidenzbasierten Therapie stehen würden.
In Zeiten der UN-BRK ist ein solches Vorgehen nicht vertretbar, da es immerhin um unsere Belange geht. Gemäß Artikel 4 (3) und Artikel 29 der UN-BRK möchten wir zu dieser Thematik gehört und in die weiteren Schritte aktiv einbezogen werden.
Ganz nach dem Motto „Nichts über uns, sondern mit uns“.

Mit der sogenannten frühen intensive Hilfe, die angeblich eine Milderung bewirken soll, wie es nett umschrieben in der Deklaration heißt, kann es sich nur um eine bestimmte Therapie handeln.
Was bis dahin nur eine Vermutung war, ist spätestens nach Durchsicht der eingeladenen Gäste zum Informationstag Gewissheit. Hier geht es um ABA (Applied Behavior Analysis) und darauf basierende Therapieformen.
Kern dieser Therapie- bzw. Frühförderungsprogramme sind zeitintensive Kontrollen des Verhaltens der autistischen Kinder, eine Durchführung vor allem durch die Eltern, und das in den Räumlichkeiten der Familie.
Autistische Kinder – so wird es empfohlen – werden 40 Stunden und mehr pro Woche im Verhalten kontrolliert und konditioniert. Dadurch, dass die Eltern als Co-Therapeuten eingebunden werden, haben diese Kinder keine vertrauenswürdigen Ansprechpartner und Bezugspersonen im familiären Umfeld mehr. Auch die
Möglichkeit, sich im Kinderzimmer bzw. allgemein Zuhause der Therapie zu entziehen, ist nicht gegeben.
Für Autisten ist Sicherheit ein wichtiger Faktor im Leben. Diese Sicherheit wird diesen Kindern auf mehreren Ebenen entzogen und verwehrt.
Wir sind der Meinung, dass hier schon im Grundkern gegen elementare Menschenrechte wie beispielsweise das Recht auf
persönliche Entfaltung und seelische Unversehrtheit (Artikel 17 UN-BRK) verstoßen wird.

Ziel der angesprochenen Therapieformen ist es, dass autistische Kinder ihr autistisches Verhalten verlernen und normatives Verhalten erlernen sollen.
Dies widerspricht dem Gedanken der Inklusion, dem Recht auf
Selbstbestimmung und dem im Artikel 3 der UN-BRK formulierten allgemeinen Grundsatz „die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit”.

Gerne werden als Gründe für ABA angeführt, dass ABA medizinisch anerkannt und die einzige evidenzbasierte Therapie bei Autismus und damit alternativlos sei. Dies ist nicht zutreffend.
Es gibt Alternativen, die nicht auf Konditionierung und Umerziehung der Kinder basieren, sondern diese
in ihren Bedürfnissen unterstützen. Hier wird Autismus nicht wegerzogen, sondern für Autisten ein Umfeld geschaffen, das bestmöglich auf ihre Anforderungen an ihre Umwelt eingeht und ihnen die Teilhabe am alltäglichen Leben ermöglicht.
Der elementare Vorteil gegenüber einer strikten Konditionierung besteht in einer nachhaltigen Teilhabe bei gleichzeitiger Akzeptanz der autistischen Persönlichkeit als Teil der Vielfalt im Leben.

Konditionierung bringt sicher schneller sichtbare Erfolge, die allerdings auf Kosten der autistischen Persönlichkeit und Bedürfnisse erkauft werden.
Dies ist jedoch nicht sichtbar und bleibt als Untersuchungspunkt in Studien zum Thema Konditionierung bei Autisten mittels Behaviorismus unbeachtet.
Das Ignorieren dieser Umstände und der damit verbundenen Spätfolgen für Autisten stellt für uns Autisten ein klares Indiz dafür dar, dass hier nicht im Sinne von, sondern gegen den Willen und zum Nachteil von autistischen Menschen
gehandelt wird.

Die in der Studie von Lovaas genannten Erfolgsraten kamen nur durch den massiven und ethisch sowie moralisch sehr fragwürdigen Einsatz von Aversiva, Körperstrafen und psychischen Misshandlungen zustande.
In neueren Studien ohne den Einsatz menschenrechtsverletzender Methoden konnten diese Erfolgsquoten von angeblich bis zu 47 % weder bestätigt noch auch nur ansatzweise erreicht werden.
Im Gegenteil: Studien wie z. B. Smith, Groen und Wynn (Randomized trial of intensive early intervention for children with pervasive developmental disorder, 2000) zeigen auf, dass ABA langfristig weniger erfolgreich ist als Methoden wie z. B. TEACCH, die sich an den Bedürfnissen des Klienten orientieren.

Hinzu kommt die Forderung entsprechender Therapieanbieter nach einer flächendeckenden Anwendung von ABA als einzige Therapiemethode bei Autismus.
Dieses Ziel wird jedoch mit den fragwürdigen Erfolgsraten der Studie von
Lovaas begründet. Alleine der Anspruch auf Anerkennung von ABA als alleinige anzuwendende Therapieform für Autisten verstößt massiv gegen die Rechte der hier betroffenen Menschen. Ihnen soll durch eine solche Deklaration jegliches Recht auf Selbstbestimmung genommen werden.
Hier wird durch intensive Lobbyarbeit eine Alleinstellung von ABA als Therapie für Autisten angestrebt. Ein Zugang zu alternativen und auf anderen Methoden aufbauenden Therapieformen würde so unterbunden.
Ein weiterer Punkt der von Seiten der Autisten angesprochen werden muss, ist die geforderte europaweite systematische Erfassung von Genmaterial.
Hier wird ein umfangreicher Genpool angelegt, der es ermöglichen soll, präventive Maßnahmen zu entwickeln, um Autismus möglichst früh zu diagnostizieren.
Worauf nicht hingewiesen wird, ist die Möglichkeit, mittels dieser
Genominformationen einen pränatalen Gentest auf Autismus zu entwickeln.
Dieses Interesse besteht zweifelsohne, was auch die Beteiligung von großen und namhaften Pharmaunternehmen (Roche, EliLilly, Servier, Janssen Pharmaceutica, Pfizer und Vifor Pharma) am Projekt EU-AIMS verdeutlicht.
Des Weiteren ist an EU-AIMS auch Autism Speaks aus den USA beteiligt, deren Ziel ebenfalls ein solcher Pränataltest und das Sammeln von Genominformationen ist. Autism Speaks ist weltweit unter Autisten stark umstritten.
Hier werden mittels Werbespots – z. B.  „I´m Autism“ – Aussagen über Autismus gemacht, die generell behindertenfeindlich und menschenunwürdig sind.

Um Ihnen einen Einblick in diesen Werbespot und die Denkweise von Autism Speaks zu geben, folgt nun der Originaltext:

„I am autism. I’m visible in your children, but if I can help it, I am invisible to you until it’s too late. I know where you live. And guess what? I live there too. I hover around all of you. I know no color barrier, no religion, no morality, no currency. I speak your language fluently. And with every voice I take away, I acquire yet another language. I work very quickly. I work faster than pediatric aids, cancer, and diabetes combined. And if you’re happily married, I will make sure that your marriage fails. Your money will fall into my hands, and I will bankrupt you formy own self-gain. I don’t sleep, so I make sure you don’t either. I will make it virtually impossible for your family to easily attend a temple, birthdayparty, or public park without a struggle, without embarrassment, without pain. You have no cure for me. Your scientists don’t have the resources, and I relish their desperation. Your neighbors are happier to pretend that I don’t exist—of course, until it’s their child. I am autism. I have no interest in right or wrong. I derive great pleasure out of your loneliness. I will fight to take away your hope. I will plot to rob you of your children and your dreams. I will make sure that every day you wake up you will cry, wondering who will take careof my child after I die? And the truth is, I am still winning, and you arescared. And you should be. I am autism. You ignored me. That was a mistake.“

Es wird hier massive Angst vor Autismus erzeugt. Autismus ist in den Augen von Autism Speaks etwas, das Familien zerstört, Familien in den Bankrott treibt und den Eltern die Kinder raubt. Können Sie sich vorstellen, dass so eine Organisation Autisten helfen möchte?
Dieses unmenschliche Bild darf nicht dazu führen, dass vor lauter Angst und aus Desinformation über Autismus Genmaterial gesammelt wird, um Autisten zu registrieren, und um in Zukunft daran zu arbeiten, dass Autisten schon pränatal aussortiert werden können.
Bitte hinterfragen Sie auch, was eine solche Registrierung von Autisten in der Gesellschaft auslöst. Autisten sind Menschen und haben nichts verbrochen. Wir wollen in einer inklusiven Gesellschaft leben und nicht über eine Gendatenbank erfasst, registriert und identifizierbar gemacht werden.
Wir haben ein Recht auf ein Leben wie jeder andere unbescholtene Mensch auch.
Autisten haben ebenfalls ein Recht darauf, dass ihre Behinderung nicht gegen ihren Willen, zum Beispiel durch ein Datenleck, bekannt wird.

Wir sind Menschen wie Sie alle auch und leben auch nicht, wie so oft behauptet, in unserer eigenen Welt. Wir sind wie jeder andere auch eine Bereicherung für die Gesellschaft. Wenn man uns fördert, können wir unseren Teil zum gesellschaftlichen Leben beitragen.
Indem Sie Methoden wie ABA oder der Gendatenbank zustimmen, erzeugen Sie exkludierende Rahmenbedingungen für das zukünftige Leben von Autisten in Europa und missachten die UN-BRK maßgeblich.
Autisten sind keine Menschen niederer Klasse.

Autismus kann eine schwerwiegende Behinderung sein. Dies rechtfertigt aber keine unethischen und gegen die Menschenrechte verstoßenden Therapien und Frühförderungen, die gegen den Autisten arbeiten, indem sie ihn auf eine von außen definierte Norm umerziehen.
Wir plädieren hier nochmals für die Unterstützung von Autisten, um ihnen eine Teilhabe am alltäglichen Leben zu ermöglichen. Wir plädieren für die Vielfalt in der Gesellschaft und sprechen uns gegen eine Umerziehung aus. Wir stehen zu unserer Art der Wahrnehmung und möchten nicht in Zukunft mittels Gentest aussortiert werden.

Wir sind Menschen!
Wir bitten Sie um folgendes:

Informieren Sie sich umfassend über Therapiemöglichkeiten und prüfen Sie diese, wie auch die europaweite Erfassung, vor allem auch nach menschrechtlichen Aspekten.
Bedenken Sie dabei bitte auch die Situation der Autisten und die ihnen eigene Innensicht über Autismus.
Laden Sie autistische Menschen ein, lernen Sie die Vielfalt kennen und machen Sie sich ein eigenes Bild, losgelöst von Lobby- und Verbandsarbeit.

Wir, die Autisten, stehen Ihnen da gerne zur Verfügung.

Wir bedanken uns für Ihre Antwort im Voraus und verbleiben

Mit freundlichen Grüßen

Aleksander Knauerhase, Inklusionsbotschafter der Interessensvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V.

Beatrix Schweigert (https://innerwelt.wordpress.com)

Michael Zalucky

Grit Bormann

_____________________________________________________________________

English Version (übersetzt von Herbert Wolgang Raab):


Open Letter to the European Ombudsman and the European Parliament Members

Dear Sirs,

with great astonishment, we have heard that to the Information Day for the Declaration on Autism, autistics themselves were not invited. Already during the vote, we were not asked whether we want to be typed in all of Europe, and what our stance towards a Europe-wide introduction of evidence-based therapy is.

In times of the “Convention on the Rights of Persons with Disabilities” of the UN this is not acceptable, because, after all, this deals with our matters. According to Article 4 (3) and Article 29 of the UN CRPD we want to be heard on this topic and actively be involved in the further steps.
According to the motto: “Not about us, but together with us”.

By the so-called early, intensive assistance that is supposed to bring about mitigation, as they say nicely paraphrased in the Declaration, can only be meant a specific therapy.
What was just a guess until then, is certainty now at the very latest after an examination of the invited guests to the Information Day. This is about ABA (Applied Behavior Analysis) and therapies based thereon.

The core of these therapy and early intervention programs are time-consuming controls of the behavior of the autistic children, a performance mainly by the parents and in the premises of the family. The behavior of autistic children – it is recommended – is controlled and conditioned for 40 hours and more (per week). By involving the parents as co-therapists, these children do not have trusted contacts and caregivers in the family environment any more. The possibility to escape to the nursery or in general from therapy at home, is not given. For autistics, safety is an important factor in their lives. That safety is revoked and denied to these children on several levels. It is our opinion that here already in the core basic human rights such as the right to personal development and mental integrity (Article 17 UN CRPD) are violated.

The aim of the targeted therapies is that autistic children unlearn their autistic behavior and learn normative behavior. This contradicts the idea of inclusion, the right to self-determination, and the general principle of ‘respect for the diversity of people with disabilities and the acceptance of these people as a part of human diversity and humanity’, formulated in Article 3 of the UN CRPD.

Proponents of ABA like to cite as reasons that ABA would be medically accepted and be the only evidence-based treatment for autism, and thus there would be no alternative. This is not true. There are alternatives that are not based on conditioning and re-education of the children, but support them in their needs. Here, autism is not educated away, but for autistic people there is created an environment that meets their requirements in the best possible way and enables them to share in everyday life. The basic advantage over strict conditioning consists in a sustainable participation with a simultaneous acceptance of the autistic personality as a part of the diversity of life.

Conditioning certainly brings about faster visible results, but these are bought at the expense of the autistic personality and its needs. This is, however, not visible and goes unnoticed as an investigative point in studies on conditioning autistics by behaviorism. Ignoring these circumstances and the associated long-term consequences for autistics, presents a clear indication to us as autistics, that here it is not acted in favor of autistic people but against their will and to their detriment.

The success rates referred to in the study by Lovaas came about only by the massive and ethically and morally very questionable use of aversives, physical punishment, and psychological abuse. In recent studies, without the use of methods infringing human rights, these success rates of supposedly up to 47% were neither confirmed nor achieved even partially.

On the contrary. Studies like e.g. Smith, Groen und Wynn (Randomized trial of intensive early intervention for children with pervasive developmental disorder, 2000) show that ABA is less successful in the long run than methods like e.g. TEACCH., which are geared to the needs of the client.

Added to this are the demands of the respective treatment providers for a comprehensive application of ABA as the sole method of therapy for autism. This objective is, however, justified by the questionable success rates of the study by Lovaas. The claim alone to recognition of ABA as the only applicable form of therapy for autistics is massively violating the rights of people affected here. They shall be robbed of any right to self-determination through such a declaration. Here, through intensive lobbying is sought a unique position of ABA as a therapy for autistics. An access to alternative therapies building upon other methods would thus be prevented.

Another point that must be addressed by autistics, is the systematic collection of genetic material required Europe-wide. Here, an extensive gene pool is created, which will make it possible to develop preventive measures to diagnose autism as early as possible. What is not pointed out is the option that genome information is used to develop a prenatal genetic test on autism. This interest undoubtedly exists, as the participation of large and well-known pharmaceutical companies (Roche, EliLilly, Servier, Janssen Pharmaceutica, Pfizer, and Vifor Pharma) in the EU-AIMS project makes clear. Furthermore, also AutismSpeaks from the USA participates in EU-AIMS, and AutismSpeaks also aims at such prenatal tests and the collection of genome information. AutismSpeaks is seen highly controversial among autistics worldwide. Here, by means of commercials – e.g..  “I’m Autism” – statements about autism are issued which are generally hostile towards disabled persons and inhumane.

To give you an insight into this spot and the mindset of AutismSpeaks, the original text follows now:

“I am autism. I’m visible in your children, but if I can help it, I am invisible to you until it’s too late. I know where you live. And guess what? I live there too. I hover around all of you. I know no color barrier, no religion, no morality, no currency. I speak your language fluently. And with every voice I take away, I acquire yet another language. I work very quickly. I work faster than pediatric aids, cancer, and diabetes combined. And if you’re happily married, I will make sure that your marriage fails. Your money will fall into my hands, and I will bankrupt you for my own self-gain. I don’t sleep, so I make sure you don’t either. I will make it virtually impossible for your family to easily attend a temple, birthdayparty, or public park without a struggle, without embarrassment, without pain. You have no cure for me. Your scientists don’t have the resources, and I relish their desperation. Your neighbors are happier to pretend that I don’t exist – of course, until it’s their child. I am autism. I have no interest in right or wrong. I derive great pleasure out of your loneliness. I will fight to take away your hope. I will plot to rob you of your children and your dreams. I will make sure that every day you wake up you will cry, wondering who will take care of my child after I die? And the truth is, I am still winning, and you are scared. And you should be. I am autism. You ignored me. That was a mistake.”

It creates massive fears of autism here. Autism is something that destroys the family in the eyes of AutismSpeaks, families are driving into bankruptcy and parents robbed of the children. Can you imagine that such an organization would like to help autistics? This inhuman picture must not cause, from fear and from misinformation about autism, that genetic material is collected to register autistics, and to work in the future towards the aim that autistic people can be sorted out already prenatally. Please also ask what such a registry of autistics triggers in society. Autistics are humans and have done nothing wrong. We want to live in an inclusive society and not be captured through a gene database, registered, and made identifiable. We have a right to live like any other respectable person, too. Autistics also have a right to have their disability  not be known against their will, for example, by a data leak.

We are people like you all and do not live, as is often claimed, in our own world. We are, like everyone else, an asset to the society. If one supports us, we can do our part to societal life. By agreeing to methods such as ABA or the gene database, you  create an exclusionary framework for the future life of autistic people in Europe and disregard the UN CRPD significantly. Autistics are not people of a lower class.

Autism can be a severe disability. But this does not justify unethical therapies and early interventions that are contrary to human rights and work against the autistics by re-educating them towards an externally defined standard. We advocate here again for the support of autistic people to enable them to participate in everyday life. We advocate for diversity in society and speak out against a re-education. We stand by our way of perceiving and do not want to be sorted out in the future by means of genetic testing.

We are humans!

We ask you for the following:
Inform yourselves about treatment options, and check them, as well as the Europe-wide registration, especially under human rights aspects. Keep in mind, please, the situation of the autistics and their inherent inner perspective on autism. Invite autistic people, experience the diversity, and make your own impression, detached from lobbying and association work.

We, the autistics, will happily be available for you.

We thank you in advance and remain:

Sincerely

Aleksander Knauerhase, Inklusionsbotschafter der Interessensvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V.

Beatrix Schweigert (https://innerwelt.wordpress.com)

Michael Zalucky

Grit Bormann

_____________________________________________________________________

Bisher angeschrieben:

BaWü
Caspary, CDU
Gebhardt, SPD
Grässle, CDU
Heubuch, Grüne  x
Kömel, AfD
Lins, CDU
Schwab, CDU
Simon, SPD
Theurer, FDP
Wiedland, CDU
Bayern
Buchner, ÖDP x
Dess, CSU x
Ertug, SPD xxx
Ferber, CSU x
Händel, Die Linke xxx
Hohlmeier, CSU
Lochbihler, B90/Die Grünen  x
Müller, Ulrike, Freie Wähler
Niebler, CSU
Noichl, SPD  x
Starbatty, AfD
Weber, CSU
Westphal, SPD  x
Berlin
Cramer, B90/Die Grünen
Henkel, AfD
Kaufmann, SPD
Michels, Die Linke x
Sonneborn, Die PARTEI
Von Storch, AfD
Voigt, NPD
Zeller, CDU
Brandenburg
Ehler, CDU
Keller, B90/Die Grünen
Melior, SPD
Scholz, Die Linke x
Bremen
Schuster, SPD
Trüpel, B90/Die Grünen
Hamburg
Albrecht, B90/Die Grünen
Fleckenstein, SPD
Hessen
Bullmann, SPD  x
Gahler, CDU  x
Häusler, B90/Die Grünen  x
Mann, CDU  x
Reda, Piraten xx
Werner, SPD x
Meck-Pomm
Bütikofer, B90/Die Grünen
Gericke, Familienpartei
Hoffmann, Iris, SPD
Kuhn, CDU
Niedersachsen
Balz  xx
Gieseke, CDU  xx
Groote, SPD  xx
Harms, B90/Die Grünen xxx
Lange, SPD xx
Lösing, Die Linke  xxx
Lucke, AfD x
McAllister, CDU xxxx
Meissner, FDP xxx
Quisthoudt-Rowohl, CDU  xx
NRW
Elmar, MdEP xxx
De Masi, Die Linke xxxx
Florenz, CDU xx
Geier, SPD xxx
Giegold, B90/Die Grünen xxx
Kammerevert, SPD xx
Köster, SPD xxx
Lamsdorff, FDP xx
Liese, CDU xx
Pieper, CDU xx
Pretzell, AfD xx
Preuss, SPD xx
Reintke, B90/Die Grünen xx
Reul, CDU xx
Schulz, SPD xx
Sippel, SPD xx
Sommer, CDU xx
Verheyen, CDU xx
Voss, CDU xx
Rhein.-Pfalz
Collin-Langen, CDU  x
Langen, CDU
Neuser, SPD
Steinruck, SPD x
Saarland
Eck, parteilos x
Leinen, SPD
Sachsen
Ernst, Die Linke  xx
Jahr, CDU  xx
Krehl, SPD  xx
Winkler, CDU  xx
Sachsen-Anhalt
Lietz, SPD xxx
Schulze, CDU xxx
Schleswig-Holstein
Böge, CDU x
Rodust, SPD  x
Trebesius, AfD
Thüringen
Koch, CDU x
von Weizsäcker, SPD x
Zimmer, Die Linke xx

Austausch

05 Samstag Sept 2015

Posted by maedel in Meine Gedanken über Autismus

≈ 25 Kommentare

Schlagwörter

ABA, AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Austausch, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist

Ich bin derzeit sehr nachdenklich. Frage mich, ob ich mit meinen Ansichten wirklich so allein dastehe, wie es oft den Anschein hat.
Wie ich Gerechtigkeit für mich definiere hatte ich hier schonmal versucht zu beschreiben, aber es ist nicht nur das.

Es ist meine Art, gewisse Dinge anzugehen. Ich habe jahrelang ehrenamtlich gearbeitet und auch wenn ich nie der große Teamplayer war, so hat sich eins bei mir immer wieder bewährt: meine Hartnäckigkeit.
So kann ich mich sehr lange in ein Projekt verbeißen und selbst wenn es nur kleinste Schritte sind, so habe ich oftmals die Erfahrung gemacht, dass diese vielen kleinen Schritte sich irgendwann zu was Großem mausern können.
Ja, es erfordert viel Mühe, viel Kraft, viel Diskutiererei, immer wieder irgendwo vermeintlich das Gleiche. Aber irgendwann kommt der Punkt, da scheint der Knoten zu platzen.

Es ist wie wenn sich die Waage, die vorher im negativen Sinne im Ungleichgewicht war, ganz langsam in die Waagerechte gerät, fast unmerklich und plötzlich kommt der Punkt an der sie umschwingt und sich ins Positive neigt. Je nach Gewichten kann sich dieser Prozess ewig hinziehen oder auch mal schnell gehen. Es kann auch mal ein neues Gewicht hinzukommen und erneut ein Gegengewicht erzeugen, das es zunächst auszugleichen gilt, bevor man wieder weiter ins Positive gehen kann.
Wenig bis gar nichts wird man erreichen, wenn man, um das Ganze zu beschleunigen, einfach mehr Steine auf die Seite wirft, die man selber vertritt. Die andere Seite wird dies dann genauso tun und so verkeilt sich nur das, was eigentlich in Bewegung sein sollte.
Nur wenn man langsam aber sicher die gegnerischen Steinen immer mehr auf seine Seite zieht, kann man wirklich auf Dauer was erreichen. Überzeugen, statt überrollen, kann man es auch nennen.
Denn sonst reicht nur ein Funken Zweifel auf der anderen Seite und alles ist wieder da, wo es vorher war.

Nehmen wir zum Beispiel das Thema ABA und Autismus Deutschland. Meint ihr wirklich, die lassen sich von uns sagen, dass sie diese Therapieform nicht mehr unterstützen und anbieten dürfen?
Sie werden sich immer weiter darauf berufen, dass es doch von Eltern und Verbänden so gewollt ist. Es steckt ja auch viel Geld hinter dieser Maschinerie und ABA ist bislang als Alternativlos gehandelt, was den Markt der Frühförderung angeht.
Wer würde da schon Gelder versacken lassen, uns zuliebe?
Oder nehmt meinethalben auch Aktion Mensch.

Denkt ihr wirklich, dass eine ABA Industrie sich das von ein paar Autisten so einfach nehmen lässt? Nur weil wir sagen, dass sie es lassen sollen?

Wie bei allem im Leben geht es hier um Macht und Information kann auch Macht sein.
Autismus Deutschland wird ABA anbieten und auch Aktion Mensch wird es weiter fördern, solange hier die Grundlagen so vorherrschen, das es auch genutzt und vermarktet wird.
Strategisch wäre es hier klüger, wenn auch der schwerere Weg, ABA den Grundstock zu ziehen.
Im Falle von Autismus Deutschland würde das bedeuten, einem Regionalverband nach dem anderen mitsamt ihrer Eltern davon zu überzeugen, dass sie nicht ABA nutzen sollen. Gibt es keine Anfrage mehr und keine Gelder, gibt es zuviel Gegenwehr aus den eigenen Reihen, dann wäre Autismus Deutschland irgendwann gezwungen, ABA herauszunehmen.

Ja, da ist sehr viel an Aufklärungsarbeit nötig und immer wieder werden neue alte Faktoren mit in die Waagschale geworfen, so das man vermeintlich ewig an selber Stelle zu stehen scheint und ja, es frustriert und raubt die Kraft. Aber auf lange Sicht hin, ist dies der bessere Weg.

Aktion Mensch zum Beispiel. Was bringt in dem Falle ein Spruch wie „ich werde nie wieder ein Los von euch kaufen und rede mit euch kein Wort mehr“. Das mag ein Zeichen setzen, aber hat allein viel zu wenig Gewicht. Das sitzt man aus und bald werden neue Dinge im Fokus stehen und dann kann es wieder so laufen wie bisher.
Wenn man nicht gleichzeitig bereit ist miteinander ins Gespräch zu kommen und aufzuklären, dann verhärten sich nur die Fronten und redet man nicht mehr miteinander, dann kann man auch nicht überzeugen. Dann kommt es darauf an welche Seite mehr Macht besitzt und glaubt mir, das sind nicht wir Autisten.

Auch hier sind es wieder die kleinen Schritte, die zum Erfolg führen können. Aleksander hat da einen eindrucksvollen strategischen Weg gezeichnet und ich werde ihn dabei aus vollsten Kräften unterstützen.

Ja, ich gehe diesen Weg mit dir!

Aber nicht nur diesen.

Ich hatte da mal einen Traum. Ein Miteinander reden sollte es sein. Auf gleicher Augenhöhe. Ein Ort, wo Autisten, Fachleute, Angehörige und Interessierte sich auf sachlicher Ebene austauschen können.
Fragen stellen dürfen, auch mal voll daneben argumentieren.

Aufklären. Denn immer noch bin ich der Meinung, dass nur eine breite Aufklärung wirklich auf Dauer etwas bewirken kann.
Aus diesem Grunde gründeten wir damals eine Gruppe in Facebook, die rein dem sachlichen Austausch dienen sollte.

Ich wollte was bewirken. Viel zu oft wird immer noch ein völlig falsches Bild von Autismus gezeichnet. Sei es in oder durch Medien. Sei es durch falschen Gebrauch des Wortes Autismus als Synonym für schlechte Eigenschaften oder auch das Bild, dass viele Menschen von Autismus haben. Eine Krankheit, arme Betroffene, Menschen zweiter Klasse, denen man mit Hilfe zur Anpassung ein einigermaßen lebenswertes Leben gewähren kann.
Dieses Bild herrscht vielerorts nach wie vor und wird auch so unter Fachleuten gelehrt. Ja wirklich, Therapeuten, die frisch von den Schulen kommen oder frisch gebackene Psychiater haben, insofern sie überhaupt Berührungspunkte mit Autismus hatten, meist nur veraltete Ansichten gelernt. Für sie sind wir bestenfalls Klienten, die ihre Hilfe brauchen.
Inzwischen sind nun manche schon so weit und informieren sich immer mehr aus diesem Pool heraus, kommen in solche Gruppen wie die meine, sagen ein falsches Wort und werden sinnbildlich niedergemetzelt.

Natürlich ist es falsch und auch mich wurmt es, wenn ein Therapeut reinkommt und gleich davon anfängt wie sehr wir doch als Autisten leiden müssen. Aber das wurde Ihnen so beigebracht, gelehrt, impliziert aus den verschiedensten Kanälen. Kein Mensch kommt auf die Welt und weiß sofort, dass Autisten furchtbar leiden müssen. Das wird gemacht.

Aber indem wir uns dann wie Furien und Hyänen auf eben diese Menschen stürzen, verfestigen wir doch nur das Bild. Erreichen lediglich nur damit, dass diese ganz schnell wieder gehen und nie wieder mit Erwachsenen Autisten reden wollen. Wenn wir Glück haben. Schlimmstenfalls erreichen wir damit, das sie sich eventuell denken “ ach herrje, das sind erwachsene Autisten, die hatten nie eine Therapie. Lieber ganz früh den Kindern helfen, dass sie so nicht werden..“ z.b.
Und schon sind wir da wieder in einer Spirale, aus genau der wir doch die ganze Zeit versuchen herauszubrechen, aber solange wir uns teilweise so benehmen, werden wir niemanden finden, der uns wirklich zuhören wird.

Wäre es nicht viel sinnvoller, gerade die an die Hand zu nehmen, die tatsächlich Interesse an ein mit uns zeigen, logisch und sachlich aufzuzeigen warum wir diese Form der Bezeichnung nicht mögen. Warum man uns nicht umerziehen soll. Warum wir sind, wie wir sind und wo wir wirklich gemeinsam einen Weg finden könnten.
Wenn wir diese Menschen unser Leben zeigen könnten, versuchen zu erklären, Begriffe gemeinsam auseinandernehmen in einer sachlichen Art und Weise, dann kann es passieren, das diese dies mit nach draußen tragen und irgendwann in ein paar Jahren ihrerseits als Dozenten vor einer Klasse stehen und eine neue Generation von Therapeuten entstehen kann, die vielleicht schon ein wesentlich besseres Bild von uns und Autismus haben.
Ja, es ist der längere und beschwerlichere Weg, aber der sinnvollere und man kann nicht einfach erwarten, das sich Ansichten, die seit Jahren gewachsen sind einfach von heute auf morgen ändern.

Es sind ja nicht nur die Therapeuten. Gerade in meiner Gruppe, aber auch in vielen anderen Bereichen, wie Foren oder Twitter beobachte ich dieses Treiben schon eine Weile.
Da kommen Leute, frisch von der Diagnosestelle mit ihrem Kind, mit gerade mal oberflächlichem Wissen über Autismus und suchen Rat. Es ist nunmal den meisten Eltern eigen, vermeintlich das Beste für ihre Kinder zu wollen und zusammen mit der Annahme, dass doch nur das allbekannte angepasste Leben ein lebenswertes ist, nach Wegen zu suchen, ihrem Kind die bestmögliche Förderung angedeihen zu lassen.
Die Zeiten, wo man sein Kind so lassen kann wie es eben ist, sind gesellschaftlich schon lange vorbei, so wird es immerzu impliziert und nun ist es an uns diesen Eltern zu erklären, dass diese Gesellschaft eben nicht das Maß aller Dinge ist.
Macht es da Sinn, jede Diskussion über ABA und MMS, über Darmsanierungen und was weiß ich für einen Humbug, sofort im Keim zu ersticken? Oder sollte man lieber den Eltern nicht sachlich und logisch aufzeigen, was solche Dinge mit ihren Kindern anrichten könnten?
Wenn Sie bei uns nicht fragen dürfen, dann gehen sie dahin, wo sie es dürfen und womöglich dann die Antworten erhalten, die sie dazu bewegen, tatsächlich damit anzufangen.
Ist es das was ihr wollt?

Und ja, es ist nervenaufreibend. Auch für mich. Auch ich bin nur ein Mensch und emotional und auch ich reagiere manchmal über. Auch ich stehe viel zu oft da und brülle in die Landschaft „nicht schon wieder die Scheiss Darmsanierung“, aber dennoch versuche ich immer wieder mich zur Ruhe zu ermahnen. Weiter sachlich zu bleiben und gegenzulenken, in der Hoffnung, dass doch irgendwas von dem ankommt, was wir versuchen zu erklären.
Es klappt auch oft genug.

Es ist auch nicht richtig eine Gruppe dazu zu missbrauchen, dass einem genügend gehuldigt wird. Für mich ist es eine Gruppe, die ich aus einer gewissen Zielsetzung heraus gegründet hatte, deren Admin ich bin. Es ist aber nicht „meine“ und darin sind nicht meine „Anhänger“, die alle gefälligst meiner Meinung sein müssen. Wenn das wirklich so gewollt ist, dann muss ich für mich meine Konsequenzen ziehen, denn eine solche Gruppe will ich nicht.
Wenn ein wirklicher Austausch nicht möglich ist und ich niemanden finden kann, der mit mir diesen Weg weiter beschreiten möchte, dann will ich diese Gruppe nicht mehr machen.
Dann suche ich fortan andere Wege.

Nur welche?

Anderer Fall in einem Forum. Da kommt Denise Linke und fragt nach Meinungen, Vorschlägen und eventuell Ideen und wird buchstäblich auseinandergerissen für eine Aussage, die sie mal irgendwo getroffen hat. Sachlich betrachtet, hätte dazu ein kurzes Hin und Her gereicht und dann wäre gut gewesen. Soweit ich mitbekommen habe, hatte man dem Thema dann sogar mehrere Threads gewidmet. Und vermutlich diskutieren Sie immer noch, warum oder ob und wie und was und weshalb und wieso, anstatt sich viel lieber dem zu widmen, was wirklich wichtig wäre. Da wird Ihnen schonmal eine Möglichkeit geboten mitzuwirken an dem Magazin Nummer und dann hat man nichts besseres zu tun, als das Autisten sich wegen irgendwelchen Aussagen gegenseitig an die Gurgel gehen.

Es muss nicht immer Hau Drauf oder Bann Hammer sein. Es geht hier nicht darum ein gewisses Klientel zu schützen. Nicht, wenn man wirklich Austausch betreiben und aufklären will. Denn dann muss man aus einem geschützten Bereich heraustreten und auch bereit sein, sich notfalls auch auf andere Meinungen und Ansichten insofern einlassen können, dass man vernünftig darüber diskutieren kann. Das heißt nicht, dass man es gutheißen muss, das mit Nichten, aber indem man nur den Hammer schwingt, ändert man keine Meinung.
Auch hier verhärten sich so nur die Fronten.

Stehe ich wirklich so allein damit da?

Es muss doch auch andere Wege geben, als immer nur Hau Drauf.

Update:
Manche Reaktionen von gestern sind für mich wenig nachvollziehbar.
Wo steht, das man sich als Autist alles gefallen lassen muss und ja, es gibt Menschen, wo es nichts bringt.
Die kommen aber auch nicht, um mit uns zu reden. Sie haben kein wirkliches Interesse daran. Vielmehr wollen sie verkaufen, überzeugen.

Diese stehen auch nicht auf Augenhöhe mit uns, sind nicht bereit zuzuhören. Sie stehen vermeintlich über uns.
Solche Menschen haben auch bei mir keine Chance. Denn so kann kein wirklicher Austausch stattfinden.

Auch ich habe da eine Grenze. Ich werde niemals einem ABA Vertreter eine wirkliche Plattform bieten, z.B.
Hier gilt es vielmehr die zu überzeugen, die denen diese Plattform bieten. Teils aus Unwissenheit.

Mir geht es auch um die, die wirklich wollen, die meist ein etwas falsches Bild von Autismus haben, aber selbst gemerkt haben, das da was nicht stimmt. Die Zweifler, an dem was sie tun.
Ja, selbst unter ABA kann es Zweifler geben, wenn sie nur genug von uns gelesen haben.

Nirgends stand, das man nicht nein oder Stopp sagen darf. Oder das ist giftig u.s.w.
Es geht um die Fragenden, nicht um jene, die das schon lange aus Überzeugung tun.

Es geht darum, das in letzter Zeit, auch aus Frust, viele einfach nur noch beim kleinsten Piep angegriffen wurden. Ein falsches Wort, eine falsche Frage und man sollte sich am besten sein virtuelles Grab schaufeln.
Was hat das für einen Sinn?

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"Autismus ist nichts Erstrebenswertes, nicht heilbar und es ist ein Leben, das mich jeden Tag aufs neue fordert, in einer Gesellschaft zu bestehen, die nicht autistengerecht ist. Es ist mein Leben und nicht nur eine Diagnose." (Zitat Mädel)
"ABA ist das Lernen von absolutem Gehorsam ohne das Hinterfragen der Autoritätsperson" (Zitat Mädel)

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  • @hippocampus137 das hat sie bei einer Veranstaltung gesagt, wo ich mal war. ist schon eine weile her. und ja, sie m… twitter.com/i/web/status/1… 3 years ago
  • und jetzt der gau! ich bin so wütend und hilflos. 3 years ago
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  • @andersbunt das haben mich viele gefragt. das einzige was ich erhalten habe, war noch mehr dass ich schaffen muss 3 years ago
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