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~ Ich bin Asperger Autistin und hier sollen meine Gedanken Platz finden.

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Monatsarchiv: Juli 2015

Aktion Mensch fördert ABA

22 Mittwoch Jul 2015

Posted by maedel in offene Briefe

≈ 86 Kommentare

Schlagwörter

ABA, Aktion Mensch, AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, AVT, HFA, Hochfunktionaler Autist

Per Zufall wurde ich in den letzen Wochen durch jemanden in Facebook auf ein Angebot in Ebay aufmerksam gemacht, wo eine Weiterbildung zum Autismustherapeuten angeboten wurde.
Sie wies damals darauf hin, das Aktion Mensch ein dubioses Angebot unterstützen würde, was ich zunächst nicht glauben wollte, denn gerade diese setzen sich doch für Behinderte ein und nicht gegen sie.
Die Anzeige selber ist nicht mehr geschaltet, aber einen Screenshot davon hat mir die Nutzerin zukommen lassen. Mitsamt der Dokumente, die ihr auf Grund ihrer Anfrage geschickt wurden.

Es handelt sich hier um ein „Bremer Frühtherapieprogramm Autismus“ zum Ko-Therapeuten, angeboten durch die IFA-Bremen http://www.ifa-bremen.de .
Schaut man sich deren Seite genauer an, sieht man, welch Wunder, auch Autismus Deutschland als Kooperationspartner. Warum mich das wenig wundert, kommt gleich noch.

Das erste, was mir an den zugesendeten Unterlagen auffällt ist tatsächlich ein großes Emblem der Aktion Mensch, die hier als Förderer dieses Programms auftreten.

IMG_2151.JPG

Im ersten Dokument ist zunächst von verschiedenen Therapieansätzen die Rede. Ein Sammelsurium von Bezeichnungen fallen da einem ins Auge, wie AVT, Teaach etc.
Ingesamt erweckte es von der Art des Ablaufs doch recht schnell eine gewisse Ahnung in mir. Da ich mir unter AVT zunächst nicht richtig was vorstellen konnte, schaute ich mir dann noch das zweite mitgelieferte Dokument an, die BET-Info. Einsehen könnt ihr diese über die IFA-Bremen Seite http://www.ifa-bremen.de/bet-info2011_1.pdf.
Hier wird nun beim lesen mein Verdacht bestätigt. Bei AVT (Autismusspezifische Verhaltenstherapie) handelt es sich um ABA. Lediglich die Bezeichnung wurde eingedeutscht.

Was ist ABA

Kurz gefasst:
ABA zielt in erster Linie darauf ab, Kinder, in diesem Falle autistische Kinder, Fertigkeiten und Verhaltensweisen anzutrainieren, die von der Gesellschaft als Lebensfähigkeit eingestuft wurden.
Ich schreibe das jetzt extra auf die Art. Warum kommt später.
Das Kinder lernen sollten sich selbstständig anzuziehen und essen zu können…ok, das sind elementare Selbstständigkeiten, die bei mir allerdings schon bei „es muss reden können“ wieder aufhören. Aber dafür gibt es auch andere begleitende Therapien, die langwieriger sind und eher in der natürlichen Entwicklung unterstützend statt konditionierend. Das es mit ABA schneller geht, ist unbestritten. Und genau darum geht es.
Schnelle Erfolge. So ist das bei den meisten Therapeuten. An die Spätfolgen wird da nicht gedacht. Warum wohl funktioniert ABA bei Jugendlichen oder Erwachsenen Autisten nicht.
Weil sie sich wehren können.
ABA hat nämlich neben dem schnellen Lernerfolg eine weitere Lerneffekt. Das Kind lernt, das es zu gehorchen hat. Es muss gehorchen ohne zu hinterfragen und das Gewollte ausführen, dann erhält es eine Belohnung. Für das Kind macht gewolltes durch seine Behinderung keinen Sinn. Denn wäre da ein Sinn dahinter, würde das Kind es von sich aus ausführen.
Autisten lernen autodidakt, aber erst wenn der Grund dahinter auch erfasst ist. Diesen Ansatz haben andere Therapien, wie zB Teacch, Dauern aber eher länger, da verstehendes Lernen erfordert wird.
Mit ABA allerdings wird nur konditioniert und es lernt zu gehorchen und das wird später, wenn es älter wird, ein riesen Problem. Denn dann hat man es zur Opferrolle therapiert.
Es ist eben, und daher wende ich da auch immer das Hundetraining als Beispiel an, das Antrainieren von, in diesem Falle, Kunststücken, die dem Tier als sinnfrei erscheinen, da gegen seine Natur.
Das lernen von absolutem Gehorsam ohne das Hinterfragen der Autoritätsperson.
Ich hatte schon mal vor einiger Zeit auch hier über ABA berichtet.

Das Unfassbare daran

Genau wie bei Autismus Deutschland, die angeblich ja für Autisten agieren sollen und dabei ABA unterstützen, so ist es für mich nicht zu erklären, wie Aktion Mensch ein solches Programm fördern kann.
Immer noch hatte ich die leise Hoffnung, das ihr Emblem vielleicht einfach fälschlicher Weise da mit drauf geraten ist, immerhin werden die bei der IFA-Bremen-Seite nicht wie Autismus Deutschland als Kooperationspartner aufgeführt.
Oder Aktion Mensch weiß einfach nicht, was sie da eigentlich fördern.
Aus diesem Grunde wandte ich mich zunächst per PN über Facebook an sie, um da genaueres zu erfahren.
Nach einem kleinen Hin und Her per PN, in dem ich in etwa den selben Text wie oben unter „Was ist ABA“ postete, kam folgende abschließende Antwort von Aktion Mensch:

Zitat „ich melde mich erneut bzgl. der E-Mail vom Freitag. Wir freuen uns immer, wenn wir Menschen mit unseren Projekten und Ideen erreichen, auch wenn sie manchmal kontrovers diskutiert werden.

Ihre Kritik an der ABA-Therapie ist bei uns angekommen und wir können verstehen, dass Sie als Autistin eine persönliche Meinung dazu haben. Wir bei der Aktion Mensch können ein Förderprojekt wie das „Bremer Frühtherapieprogramm Autismus“ jedoch nicht inhaltlich sondern nur aus fachlicher und sachlicher Sicht bewerten. Wir können uns also nicht an der Diskussion beteiligen, ob die ABA-Therapie richtig ist oder falsch. Da es sich jedoch um ein anerkanntes pädagogisches Konzept handelt, unterstützen wir es. Gerne würden wir auch ein Projekt mit einem anderen Ansatz der Autismus-Therapie fördern – nur leider liegt uns keines vor.

Wir hoffen, dass Sie das verstehen.“ Zitatende

Nein, kann ich nicht verstehen!

Bewerten aus sachlicher und fachlicher Sicht? Anerkanntes pädagogisches Konzept und nur eine persönliche Meinung als Autistin. Das sehe ich anders.
Hat Aktion Mensch nun dieselbe Meinung, das persönliche Meinungen von Autisten nichts zu sagen haben, wie die sogenannten Fachleute wie Dose, Kamp-Becker und Co, nebst Autismus Deutschland, die in autistischen Kreisen eh sehr unter Beschuss stehen.
Zählt den für Aktion Mensch nicht das Wort derer, die sie eigentlich unterstützen sollten?
Sind Autisten die falschen Fürsprecher für sich selbst?
Würdet ihr vielleicht sogar so weit wie Autismus Deutschland gehen und Autisten die Diagnose absprechen, nur weil sie es wagen ihre eigene Meinung kundzutun?
Auch gibt es immer mehr von uns unter den Fachkräften. Aber vermutlich sind es nicht die Fachleute, von denen die Rede ist. Zumindest nicht aussagekräftig genug?
Mir tut sich da auch die Frage auf, ob ein Projekt allein schon deswegen unbedenklich ist, nur weil es pädagogisch anerkannt ist. Zumindest laut der Aussage von Aktion Mensch. Allerdings lässt sich hier bei meinen Nachforschungen nichts zu einer pädagogischen Anerkennung finden. Weder auf der Seite der IFA-Bremen, noch zum Thema BET allgemein.
Außerdem finde ich, dass gerade ihr da eine Verpflichtung eurem Klientel gegenüber habt, solche Dinge auch aus der Sichtweise der Betroffenen zu prüfen und das gilt auch bei Autisten.

Die Antwort erweckt eher den Eindruck, das Aktion Mensch sich kein Deut darüber schert, was hinter einem Projekt steckt, sondern das es nur darum geht als Förderer dazustehen, im Sinne: „Seht her wir machen was“.

Zugegeben, klingt böse, soll es auch. Aber ehrlich, das habt ihr nach dieser Aussage auch verdient.

Die Aussage, das aktuell keine Projekte vorliegen, glaube ich euch. Aber wenn ihr umbedingt ein Projekt zum Autismus fördern wolltet, wäre nichtmal viel Recherchearbeit notwendig. Und prinzipiell kann man dann wenigstens sagen, lieber keins als so eins.

Leider reichen meine Recherchekünste nicht aus, um euch mehrere Links dazu zu liefern.
Ein Projekt habe ich allerdings aufgetan. Auch wenn ich nicht genaues zur Konzeption sagen kann, und ich normalerweise eh sehr vorsichtig bin, was Therapien angeht, nebst, das ich normalerweise nie Links zu Therapien weiterleite, kann ich euch zumindest berichten, das LunA eben auch ganz ohne ABA auskommt.

Aufruf zum Thema „nur eine persönliche Meinung als Autistin“

Da ich ein für allemal Aktion Mensch und auch Autismus Deutschland zeigen will, das dies nicht nur die persönlichen Aussagen „einer“ Autistin ist, rufe ich hier im Blog zu einer Art Unterschriftenaktion auf.
Helft mir dabei, indem ihr teilt und hier unter dem Artikel eure Zustimmung kommentiert.
Lasst uns zeigen, wie viele wir eigentlich wirklich sind, die gegen ABA sind.

Update:
es gibt bereits eine erste Reaktion. Ausserdem hat sich Quergedachtes bereit erklärt, zu vermitteln… Danke dafür!

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Nach dem Angebot von Quergedachtes gab es einige Kritik an seiner Herangehensweise, was ich nicht als fair erachte.

Allerdings ist das Gesprächsangebot ziemlich unfair und sieht eher danach aus, das Aktion Mensch sicher gehen möchte, das ihre Förderung begründet ist.

Anbetracht dessen, was die Tage los war und im Hinblick darauf, wie das Gespräch aufgezogen wird, könnte ich einen Rückzug von Quergedachtes mehr als verstehen.

Nehmt euch dazu folgenden Beitrag zu Herzen:

„Ich kann eigentlich nur verlieren„

Weitere wichtige Links zur Sache Aktion Mensch:

Quergedachtes: Nicht über uns ohne uns. Oder doch lieber nicht? 

fotobus: Ihr seid bei mir durch Aktion Mensch

und ein offener Brief an Aktion Mensch von Quergedachtes. Bitte unterzeichnet auch dort in den Kommentaren seines Blogposts!

____________________________________________________________________________
Weitere Links:

http://ellasblog.de/ellas-blog/therapien-und-methoden/weitere-aba-kritik/

https://butterblumenland.wordpress.com/aba/

https://sociallyanxiousadvocate.wordpress.com/2015/05/22/why-i-left-aba/
und die deutsche Übersetzung davon gibt es hier:
https://dasfotobus.wordpress.com/2015/05/27/warum-ich-aba-verlassen-habe-eine-ubersetzung/

http://realsocialskills.org/post/93977719432/nice-lady-therapists

https://www.facebook.com/notes/autistic-strategies-network/statement-on-aba-cdmms-and-other-harmful-practices-imposed-on-autistic-people/1565400283693697?__mref=message_bubble

https://innerwelt.wordpress.com/2013/06/06/wieviel-an-anpassung-ist-denn-noch-notig/

https://quergedachtes.wordpress.com/2015/03/18/botschaft-zum-thema-aba/

http://auticare.de/auticare-zur-aba-therapie/

http://autismus-kultur.de/autismus/politik/fehlverhalten-der-verhaltensanalytiker.html

http://autismus.ra.unen.de/archiv/topic_5339.html

https://quergedachtes.wordpress.com/2013/06/02/wenn-festhalten-als-abartig-empfunden-wird/

http://auties.net/aba

https://butterblumenland.wordpress.com/2015/04/15/antwort-auf-die-stellungnahme-zur-kritik-an-aba/

https://sabrinastolzenberg.wordpress.com/2015/04/16/reaktion-auf-die-stellungnahme-zur-kritik-an-aba/

http://autismus-kultur.de/autismus/politik/fehlverhalten-der-verhaltensanalytiker.html

https://autlandnuernberg.wordpress.com/2015/01/03/aba-reparaturwahn-und-was-ihr-uns-wirklich-antut/

https://autlandnuernberg.wordpress.com/2015/05/02/autismus-deutschland-und-aba-zur-aktuellen-situation/

https://kanner840.wordpress.com/2014/10/27/unterschied-zwischen-normal-therapie-und-autismus-therapie-von-steinzeit-planet/

Nein, telefonieren geht immer noch nicht!

20 Montag Jul 2015

Posted by maedel in mein Autismus

≈ 9 Kommentare

Schlagwörter

AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, Barierefreiheit, HFA, Hochfunktionaler Autist, Telefonieren

Momentan kann ich dem Sinn hinter der Redewendung „Ich platze gleich“ viel Wahrheit aussprechen.

Zu Anfang will ich sagen, dass es sicherlich sehr viele sehr gute und engagierte Schulbegleiter gibt und auch Träger.
Auch sprechen einzelne Personen nicht umbedingt für eine ganze Institution.

Aber

Von einem Träger, dessen tägliches Beschäftigungsfeld sich um Behinderte und ihre Besonderheiten dreht und eine Schulbegleitung, die eigens für ein autistisches Kind angestellt wurden, erwarte ich zumindest ein Mindestmaß an Verständnis und wenn das schon nicht geht, doch eine gewisse Akzeptanz.

Wenn ich sage, das ich nicht telefonisch in Kontakt treten kann, dann sollte das gerade von solchen Personen zumindest als gegeben verstanden werden.

Stattdessen wird immer wieder darüber hinweggesehen.
„Also das mit dem Telefonieren klappt doch einigermaßen“ war einmal eine Aussage von eben dem Träger.
Übersehen wurde, das ich das Gespräch per Monolog an mich riss und ihr entsprechend meinem SI so ziemlich alles über Autismus vermittelt hatte, dessen ich in kurzer Zeit vermochte. Es hätte auch ganz anders laufen können. Eben so, das ich gar nichts mehr sage oder noch schlimmer, reinen Stuss von mir gebe.
Das ich nach solch überfallartigen Telefonaten meist für den Rest des Tages nicht mehr zu gebrauchen bin, das wissen sie zwar, rechtfertigt aber wohl nicht meinen Wunsch nach schriftlicher Kommunikation.

Wenn selbst solche Institutionen, die ja eigentlich tagtäglich mit behinderten Menschen zu tun hat, nicht auf deren Besonderheiten eingehen können, dann frage ich mich langsam wirklich was schief geht in dieser Welt.

Noch mehr frage ich mich, wenn selbst die Schulbegleitung auf Telefonanrufe „besteht“, wie sie wohl meinem Sohn gegenüber eine adäquate Begleitung sein kann, wenn sie solch einer einfachen und klaren Absprache so sehr mit Füßen tritt.
Wenn sie schon mich nicht verstehen kann (ich habe selten jemanden erlebt, der so sehr interpretiert und herumdreht wie sie), wie soll das mit meinem Sohn gehen?

Es betrifft ja nicht nur diese. Selbiges ist mir schon bei Autistenzentren passiert.
Barrierefreiheit wird immer ganz groß geschrieben und bis auf eine Rampe oder neuerdings eine Klingel kann man da wohl nicht viel darunter verstehen.

Zum Thema telefonieren und Barierefreiheit kann man gerne auch nochmal diesen Artikel von mir lesen:

“Telefonischer Kontakt bevorzugt” … Barrierefreiheit und ihre Grenzen

Zu Gast bei Auticon

03 Freitag Jul 2015

Posted by maedel in Projekte/Veranstaltungen

≈ 32 Kommentare

Schlagwörter

AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Auticon, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist

Die Anfahrt

Tagelang hatte ich geplant. So gut es eben ging. Aber wie plant man etwas ohne die Bilder dazu zu haben. Ich war noch nie allein in der Großstadt und mit dem Zug bin ich nur einmal da rein gefahren. Das reicht nicht aus.
Ich musste damals auch nicht die Fahrkarten selber besorgen und da wir damals in München auch nicht umgestiegen sind, wusste ich nicht wo die U-Bahn ist, geschweige denn, wie das mit dem Kartenverkauf dort eigentlich läuft. Jeder Bahnhof hat da seine eigene Vorgehensweise und mich machte es sehr nervös.
Ich hätte zwar auch mit dem Auto hin können, denn ich fahre nicht gern Zug. Mir sind da zuviele Leute, Variablen, Gerüche und Geräusche. Einfach ein Zuviel an Zuviel. Aber die Angst vor der Fahrt in eine mir unbekannte Großstadt auf einer mir unbekannten Strecke, und die Panik vor der Parksituation dort, war schlimmer, als die Aussicht, mit dem Zug fahren zu müssen.
Also suchte ich sämtliche Pläne, derer ich habhaft werden konnte und versuchte mir so gut es ging, einen brauchbaren Ablauf zusammenzustellen. In dem Wissen, das meist in der Realität alles ganz anders aussieht und Pläne von anderen nie so gut sind, wie ich sie bräuchte. Es fehlen einfach die Bilder im Kopf und ohne sie werde ich sehr unsicher.
Und so kam es, wie es kommen musste. So war im Zug keine Anzeige oder Plan zu sehen und angesagt wurde auch nichts. Langsam beschlich mich die altbekannte Panik. Was ist, wenn ich den Bahnhof verpasse? Auf den Gedanken, das es eh der Endbahnhof ist und alle rausgeschmissen werden, auf die kam ich in dem Moment nicht mehr. Also hielt ich meinen mitgebrachten Plan in der Hand und zählte die Haltestellen. Starrte verkrampft nach draussen, um bloss nichts zu verpassen.
Aber die letzte Station wurde dann doch angesagt und so stand ich zunächst mehr als erleichtert auf dem Bahnsteig und versuchte erstmal den ganzen Massen aus dem Weg zu gehen.
Ich begann den Weg zur U-Bahn zu suchen. Laut Plan wusste ich nur, ich muss nach unten. 2 Etagen, aber wo? Da waren mehrere Abgänge. Etwas verloren stand ich in einer überfüllten Halle, in der unheimlich viel im Weg herumstand. Auf diese Weise kann man den Bahnhof gar nicht komplett überblicken. Bis ich mich dazu entscheiden konnte, doch in die Massen einzutauchen, um mehr Überblick zu erhalten, dauerte es eine Weile. Zum Glück hatte ich aber genug Zeit dafür, da die U-Bahn im 10 min Takt fährt.

Irgendwann inklusive jener “ ich will nach Hause “ Momente, habe ich es tatsächlich zur U-Bahn geschafft und meine anfängliche Panik, das auch hier keine Pläne aushängen könnten und das die Stationen nicht angesagt werden, stellte sich als nicht gerechtfertigt heraus.
So quetschte ich mich mitten im Berufspendelverkehr möglichst in die Ecke und ging möglichst jeder Berührung aus dem Weg.
Der „ich will nach Hause“ Moment sollte sich dann noch ein zweites Mal einstellen. Gerade in der Situation, als ich dann wieder auf dem Bahnsteig stand und nicht wusste, in welche Richtung ich nun eigentlich die U-Bahn-Station verlassen sollte. Unzählige Möglichkeiten taten sich mir auf und es ist ja nicht so, das dort steht: “ Hier lang geht es zur Schulstrasse“.
So wählte ich dann den nächst besten Ausgang und natürlich war es der falsche. Welch ein Glück. Großstadt und ich stehe mitten auf einem Platz mit sehr vielen Möglichkeiten, Verzweigungen und Abgängen. Wo sollte ich hin? Mein Navi schien etwas überfordert und ich konnte nicht ganz genau ausmachen, wo ich mich bei diesem großen roten Punkt genau einordnen sollte. So blieb mir nichts anderes übrig, als alle Möglichkeiten ein Stück weit auszuprobieren. Zumindest, um aus diesem roten Bereich auf dem Navi herauszukommen, damit ich sehen konnte, das ich zumindest den richtigen Weg eingeschlagen habe.

Von außen betrachtet wirkte ich schon lange nicht mehr ruhig und ausgeglichen. Schaukelte, zappelte und verdrehte meine Hände. Das fiel auf. Früher hätte ich auch das unterdrückt und ich wäre in wesentlich schlechterer Verfassung angekommen.
Irgendwie bin ich stolz auf mich, das ich es gelernt habe, zumindest in solch enormen Stresssituationen, diese Stereotypen und Stimmings zuzulassen. Die Blicke der anderen waren mir egal. Wichtig war nur, das ich einigermaßen heil ankomme.

Das habe ich geschafft,  photo B890BACF-3EF0-4A56-9763-3BC014B38CD1_zpslxtxvbyy.jpg
und sogar mit ein wenig Puffer, sodass ich etwas runterfahren konnte, bevor es losgehen sollte. So saß ich hier und harrte der Dinge, die kommen mögen.

Zu Gast bei Auticon

Ich hatte mich vor einiger Zeit bei Auticon beworben. Zwar habe ich kaum Programmierkenntnisse, aber in meiner Schulungsmaßnahme bei der Dekra, wurde ich vom dortigen Jobcouch ermutigt, es dennoch einfach mal zu versuchen. Immerhin interessiere ich mich sehr für Technik und Software. Zwar eher aus der Sicht einer Anwenderin, als aus Sicht eines Entwicklers, aber mehr als Nein sagen können sie ja nicht, sagte man mir damals.
So entwickelte sich ein kleiner Emailverkehr mit einem Jobcouch von Auticon und im Zuge dessen sendete ich per Email all meine Bewerbungsunterlagen.
Das war angenehm. Denn die meisten würden ein Telefonat verlangen. So konnte ich in meinem Element sein und tatsächlich wurde ich dann zu einem Infogespräch inklusive einer Testung eingeladen.
Lustigerweise machte mir die Anfahrt mehr zu schaffen, als die Ungewissheit über den Test an sich. Im Grunde freute ich mich sogar darauf. Ich hatte Auticon ja schon eine Weile interessiert verfolgt und bisher hatte ich immer den Eindruck, das sie sehr darum bemüht waren, Autisten ein Klima zu schaffen, wo sie sich wohlfühlen konnten und dieser erste Eindruck von Auticon sollte auch nicht enttäuscht werden.
Das Büro war recht ruhig und verschachtelt. Dadurch wirkte alles nicht so groß und erdrückend. Die Wände waren nicht mit allerlei Zeug behangen und allzu viel lag auch nicht herum. Das Büro bot trotz seiner diversen Trennwände einen recht guten Überblick und somit für mich eine gute Orientierung.
Schmunzeln muss ich bei dem Gedanken, das die Praktikantin wohl noch nicht viel Erfahrung mit Autisten haben könnte. Aber das kann man auch nicht verlangen. Später sollte ich erfahren, das sie erst ganz neu dabei war. Zumindest wurde ich von ihr per Handschlag begrüßt, was ich ansich nicht gerne mag. Da ich aber weiß, das es so erwartet wird und da es deutlich von ihr ausging, fehlte da dann auch meine Verunsicherung darüber, ob und wie ich die Person an der Tür begrüssen sollte oder nicht.
Sehr angenehm fand ich, das der Rest des Begrüßungsrituals völlig ohne Hände schütteln auskam und so wartete ich in einem kleinem separatem Raum auf die restlichen Kandidaten, bevor es dann losgehen sollte.
Immer wurde darauf geachtet uns genau zu vermitteln, was wann geschehen würde und so war ich mir für den Rest des Tages nicht mehr im Unklaren, was denn da auf mich zukommen sollte.
Der Test war nicht leicht, aber machbar und ganz besonders hatte mir der Teil des Softwaretestings gefallen. Das Gespräch mit dem Geschäftsführer war sehr angenehm und er war wirklich sehr nett.
Er betonte auch im Gespräch, das sie sich immer noch im Lernprozess befinden was Autismus betrifft. Das imponierte mir, da ich gerade die Menschen am schwierigsten empfinde, die meinen alles über Autismus zu wissen, und sich so auch nichts mehr von Autisten sagen lassen zu müssen.
Eine kleine Situation war etwas peinlich aber zum Glück hatte es keiner bemerkt.
„Geben sie für den Zugang zweimal das Wort ein, auch für das Passwort“ war die genaue Aussage und genau so habe ich es durchgeführt. Ich schrieb beim Benutzernamen das Wort zweimal hin und beim Passwort ebenso. War natürlich falsch. 😉 *schäm*
Selbst die Kritik am Licht meinerseits beim Abschlussgespäch, die hatten da so eine Neonröhre, die mir in den Augen weh tat und binnen kurzer Zeit Kopfweh einbrachte, wurde nicht als „seien sie mal nicht so empfindlich“ abgetan, sondern durchaus als konstruktive Kritik ernst genommen. Sie wussten sogar um das Problem, aber hatten sich dennoch auf Grund der Hitzewelle für den Raum entschieden, da er im Keller lag und somit einfach kühler war.
Somit fand ich das in Ordnung und vielleicht ändern sie auch noch das Licht da unten. Zutrauen würde ich es ihnen, nach allem was ich bisher von Auticon erfahren durfte.

Ingesamt kann ich Auticon nur loben und ich habe mich dort sehr wohl gefühlt.
Auch wenn es nicht mit einer Einstellung klappen sollte, ist dies eine Erfahrung, die ich in guter Erinnerung behalten werde. Als gutes Beispiel dafür, wie es auch sein kann, und das ganz ohne großen Aufwand. Einfach nur mit ein wenig Verständnis.
Danke dafür!

In diesem Sinne „bye, bye München“, vielleicht sieht man sich wieder.

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_______________________________________________________
in dieser Reihe:

Erprobungswoche Auticon: Tag 1

Erprobungswoche Auticon: Tag 2

Erprobungswoche Auticon: Tag 3

Erprobungswoche Auticon: Tag 4

Erprobungswoche Auticon: Tag 5

Ein Gespräch bei Auticon

Praktikum (erste Woche)

Praktikum (zweite Woche)

Praktikum (dritte Woche)

Praktikum (vierte Woche)

Praktikum (fünfte Woche)

Praktikum (sechste und siebte Woche)

Praktikum (achte Woche)

"Autismus ist nichts Erstrebenswertes, nicht heilbar und es ist ein Leben, das mich jeden Tag aufs neue fordert, in einer Gesellschaft zu bestehen, die nicht autistengerecht ist. Es ist mein Leben und nicht nur eine Diagnose." (Zitat Mädel)
"ABA ist das Lernen von absolutem Gehorsam ohne das Hinterfragen der Autoritätsperson" (Zitat Mädel)

gemeinsam stark

Gemeinsam stark

Kein MMS für autistische Kinder.

Kein MMS für Kinder

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