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~ Ich bin Asperger Autistin und hier sollen meine Gedanken Platz finden.

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Monatsarchiv: Juli 2013

Die Sache mit dem Reden

29 Montag Jul 2013

Posted by maedel in mein Autismus

≈ 9 Kommentare

Schlagwörter

AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist, Kommunikation, Reden

gemeinsam stark Ich denke zurzeit über das „Reden“ nach. Warum es mir schwerfällt und zeitweise auch gar nicht geht oder mir einfach zu anstrengend ist. Manchmal wünschte ich, ich könne einfach stumm bleiben.
Mich hatte zu dieser Frage auch die Ansicht anderer interessiert und sie daher in Facebook gestellt. Entstanden ist eine überaus interessante Diskussion, die ich hier stellenweise einfließen lassen möchte.

Ich war letztens in der Ergotherapie meines Sohnes und dieser kennt auch meinen Blog. Er sprach die Diskrepanz zwischen meinen verbalen Kommunikationsfähigkeiten und meinen Schreibfähigkeiten an.
Das fällt vielen auf, wenn sie beide Seiten von mir kennen.
Meine Antwort an den Ergotherapeuten mag für mich logisch erscheinen, da ich es nur so kenne. Aber für ihn war sie verwirrend:

 

„Ich schreibe immer im Kopf.“

 

Ich denke, wie ich schreibe. Daher fällt mir schreiben nicht so schwer. Ich kann aber nicht reden, wie ich denke. Da sind viele Worte blockiert.

In manchen Situationen verstumme ich einfach. Meist, wenn ich Stress habe oder wenn es sehr anstrengend ist.
Es sind sicher auch Unsicherheit mit dabei, gerade durch das fehlende Verständnis für die nonverbale Kommunikation und eben auch für soziale Konventionen. Ich stelle mir im Hintergrund ständig Fragen.
Beispielsweise: Muss ich grüßen?, Wenn ja wie? Hallo, Guten Tag? Hand geben? Umarmt die mich wohlmöglich…etc. Wie meint die Person das? Interessiert sie das? Freund oder Feind. Was ist angemessen? Was nicht. Ich habe oft die Angewohnheit mich um „Kopf und Kragen“ (RW) zu reden.
Das würde eventuell auch erklären, warum es mir schwerer fällt, umso fremder mir die Person ist. Das geht teilweise so weit, das ich gar nicht mit fremden Personen rede.
Ein gutes Beispiel sind da das Ansprechen der Verkäufer in einem Einkaufsladen oder das erfragen von Details an einer Wurst und Käsetheke beim Metzger. Da tu ich mich sehr schwer. Wenn ich nicht genau weiß was ich will und die Gefahr besteht, dass ich fragen muss oder das ich nicht genau sehen kann, das das was ich will auch da ist, verzichte ich meist lieber.

Es ist da auf so vieles zu achten beim Reden. Es strömt unheimlich viel an Informationen auf mich ein und ich versuche diese zu interpretieren. Was ich meist nicht auf Anhieb schaffe. Denn das ist eine reine Denkleistung bei mir. Ich erfasse nonverbale Signale nicht intuitiv, habe aber viele gelernt zu erkennen.

Dazu noch die Außenreize. Das Auto, das vorbeifährt. Nebengeräusche, die für mich gar nicht daneben sind, sondern mitten dabei.
Oft ist es so, das ich gar nicht verstehen kann, was mein Gegenüber sagt. Vor allem dann nicht, wenn viele reden. Ich sehe dann zwar, das was gesagt wird, verstehe es aber nicht. Ich muss mich dann schon sehr konzentrieren und behelfe mir zusätzlich damit, die Lippen begleitend zu lesen.

Manchmal senden Menschen Signale aus, die so widersprüchlich zu dem sind, was sie sagen. Da bleibe ich dann während des Gesprächs hängen und kann dem Gespräch nicht mehr folgen. Ich versuche dann zu ergründen, was ich da gesehen habe und vor allem warum es nicht zu dem passt, was gesagt wurde.
Ähnlich verhält es sich mit Wörtern, die da nicht reinzupassen scheinen. Bei vielem habe ich mit der Zeit gelernt, in ihnen Redewendungen oder doppeldeutige Wörter zu erkennen. Aber das gelingt mir nicht immer und umso höher mein Stresspegel steigt, umso weniger ist es mir möglich, dieses Wissen abzurufen.
All diese Maßnahmen, die ich ergreife und ergreifen muss um aktiv an einem Gespräch teilzunehmen sind sehr anstrengend.

Versucht euch mal während eines laufenden Gesprächs eine Einkaufsliste fertigzustellen, die ihr direkt nach dem Gespräch dringend braucht, und versucht dann noch aktiv am Gespräch teilzunehmen. Das ist gar nicht so leicht, denn ihr müsst euch gedanklich auf die Liste konzentrieren. Dazu nehmt visuell die nonverbalen Signale auf, während ihr auch visuell auf das Schreiben achten müsst.
Das strengt ungeheuer an und so geht es mir ständig. Das merkt man je nach Dauer und Person zunehmend an der Qualität meiner Aussprache. Ich beginne dann zu stottern und meine Aussprache wird verwaschen. Wenn ich es dann noch weiter versuche, dann hört man von mir irgendwann gerade noch ein schweres Lallen. Als wäre ich betrunken. Ich vermute, dass mein Gehirn in solchen Situationen irgendwann einfach ausschaltet, da es reizüberflutet ist.
Dann blende ich manchmal Sinne komplett aus. Schalte beispielsweise das Hören ab. Gerade wenn ich in einen Shutdown rutsche, merke ich es daran, dass ich langsam einen Sinn nach dem anderen ausschalte bzw. dämpfe.

 
Die Sache mit den Fragen

 

Das Problem ist auch oft die Frage. Umso allgemeiner sie gestellt ist, umso mehr kommt an Material hoch. Ich sollte hier an dieser Stelle vielleicht noch mal erklären, dass ich fast überwiegend in Bildern denke.
Das muss natürlich alles erst mal gesichtet werden, und dann beginnt das eigentliche Problem. Was davon ist denn nun relevant. Mal so kurz auf eine solche Frage zu antworten? Ich könnte das nicht. Ich bin oft gefragt worden, was ist denn Autismus. Ich bin da echt sprachlos. Wenn man mich vom Schreiben kennt, scheint das fast undenkbar.
Ich muss mir auch erst mal gründlich Gedanken über etwas gemacht haben, bevor ich das als Antwort verbal wiedergeben kann. Bei unvorbereiteten Fragen nicht möglich.

Aber über Autismus beispielsweise habe ich mir sehr viele Gedanken gemacht und eben auch darüber, was Autismus für mich ist.
Ich denke, dass es in dem Fall wirklich so ist, das ich da nicht differenzieren kann, was nun wichtig ist und was nicht. Für mich hängt alles zusammen. Alles greift ineinander.
Erzählt man vom Autismus, dann ist das nicht in kurzen Worten erklärt. Finde ich. Dazu gehören dann aber auch die Komorbiditäten. Wenn, dann richtig.
Über das Missverständnis bezüglich der Savants muss man ja auch noch aufklären etc… Da ist so vieles was in meinen Augen dazugehört. Zuviel an Info auf einmal. Solch eine allgemein gestellte Frage wie „Was ist Autismus“ ist für mich aus dem Stegreif nicht zu beantworten.
Bei diesem Thema (mein SI) bin ich wesentlich weiter fokussiert als andere. Wesentlich mehr drin im Thema. Die Detaildichte und -ebene kann ich so zwar erfassen aber eben nicht, inwieweit sie angebracht ist und auch nicht auf die schnelle ohne Weiteres zu verbalisieren.
„Voll“ ist eine gute Beschreibung. Ich habe dann ein „Zuviel“ an Informationen zu diesem Thema oder zu dieser Frage. Mir würden da die richtigen Fragen helfen. Fragen, die sich nicht so weitläufig beantworten lassen. Wenn der Fragesteller das gut beherrscht, dann kann man sich auf diese Weise langsam zur Antwort vorarbeiten.
Gerade wenn ich in einem Gedankenkarusell stecke ist das ein hilfreiches Mittel und ich kenne zum Glück jemanden, der das ziemlich gut kann.
Fragen, die auf diese Weise gestellt sind, helfen mir den richtigen Gedankenstrang zu fassen. Selbst das geschieht bewusst und sehe es manchmal als kleinen Film.
Da fokussiere ich dann tatsächlich auf den Gedanken unter vielen. Aber da benötige ich oft die Hilfe von außen.

Jemand der nur fragt, um gefragt zu haben, der wird wohl keinen endlosen Vortrag erwarten.
Genauso kann es auch passieren, das ich aufgrund der Fülle der Bilder, die nach solch allgemein gestellten Fragen hochkommen, einfach verstumme. Ich stehe dann sprichwörtlich da wie der Fisch auf dem Lande und schnappe in diesem Falle nicht nach Luft, sondern nach Worten, die ausdrücken sollen, was ich da alles sehe.
Auf diese Weise kann eine einfache, vielleicht höflich gemeinte Frage ein Auslöser für Krisen und Irritationen sein. Auf beiden Seiten.
Man kann sich vielleicht nicht vorstellen, wie tief ich mich in ein Thema reindenke und informiere, wenn es mich interessiert.
Vielleicht kann man sich noch nichtmal vorstellen, wie viel ich eigentlich generell denke. Ich denke immer. Es gibt bei mir fast keine automatisierte Kommunikation, Körpersprache (wenn vorhanden) und kein intuitives Erfassen. Fast alles findet auf der bewussten Ebene statt und das erklärt euch vielleicht, warum das ALLES so anstrengend für mich ist.

Wenn ich vielleicht mal eher stumm bin oder auch mal zuviel rede, monologisiere, dann hat das nichts damit zu tun, das ich euch nicht mag oder generell nicht mit euch reden möchte. Es ist oft einfach nur ein Zuviel. Ein Zuviel an Frage, Information, Reizen, Bildern und vielen Dingen, die mich überfordern.

Hier geht es zurück zu den Blogger-Themen-Tagen

Ist das ein behindert machen oder einfach nur Verantwortungsbewusstsein?

21 Sonntag Jul 2013

Posted by maedel in Meine Gedanken über Autismus

≈ 6 Kommentare

Schlagwörter

AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist

Stark sein ist leicht, keine Kunst.
Schwäche zuzugeben zeugt aber von wahrer Stärke und vermag nicht jeder.

Das ist ein Spruch, den ich vor Jahren mal selbst geschrieben habe und ihn seither als Signatur in Foren verwende, in denen ich so zu finden bin.
Ich spreche hier sehr bewusst in der Ich-Form. Denn man kann diesen Punkt mit Nichten verallgemeinern.
Es gibt Autisten, die sich so gut anpassen können, dass sie ohne jedwede Hilfe zurechtkommen. Sie hatten das Glück, sich ein autistengerechtes Umfeld schaffen zu können. Sie haben vielleicht sogar ein gut funktionierendes Netzwerk aus Freunden und Familie, die sie unterstützen und Dinge abnehmen, die sie selber nicht so gut hinbekommen. Das ist aber nur ein kleiner Teil.
Es gibt auch die andere Seite. Autisten, dich sich nicht selbst versorgen können. In Heimen untergebracht sind, oft Mehrfachbehinderungen aufweisen. Aber auch das ist nur ein kleiner Teil.
Autismus ist nunmal ein Spektrum. Die Spannbreite ist groß und zwischen dem gut angepassten Autisten und dem Autisten im Heim gibt es ein großes Mittelfeld, das allzu gern vergessen wird.

Ich halte es für falsch, an dieser Stelle zu bagatellisieren und genauso auch zu pauschalisieren. Ich halte auch nichts von den Bezeichnungen „milder“ oder „leichter“ Autismus, wie oft gerne das Asperger Syndrom tituliert wird.
Warum bin ich weniger Autist nur weil ich gelernt habe manche Dinge „irgendwie“ und unter „Kraftanstrengung“ zu meistern. Warum bin ich weniger Autist, nur weil ich zeit meines Lebens ein gut funktionierendes Umfeld hatte, wenn auch der Preis, den ich dafür zahlen musste, sehr hoch war.

Lebensumstände können sich ändern!

Teilweise merke ich jetzt erst, wo ich allein dastehe, wo genau meine Defizite eigentlich liegen und das sind wesentlich mehr Dinge, als ich dachte. Dadurch, das ich immer Menschen hatte, die mir vieles abnahmen.

Meine Tage sind schwankend. Autismus ist nicht an einem Tag weg und am nächsten wieder da. Das nicht. So gesehen ist Autismus nicht Tagesformabhängig.
Aber die Kompensation, die sehr wohl. Es gibt Tage, da kann es mich schneller in einen Overload treiben und es gibt Tage, da kann ich viel mehr kompensieren.

Es ist tatsächlich vom Stresslevel abhängig. Das erklärt z.B. auch Folgendes.
Wenn ich mal in einer Woche sehr viele Termine habe und kaum Ruhephasen dazwischen, öfter mal ein overload, aber irgendwie immer nur so am Rande, dann ist mein Stresslevel nach ein paar Tagen derart hoch, das eine Kleinigkeit ausreichen kann und ich reagiere massiv. Gehe, je nachdem, fast direkt in den Shutdown oder Meltdown. Ich habe auch mit den Jahren gelernt, dass ich diese Phase (kurz vorm Overload) recht lange vor mir herschieben kann. Aber wie gesagt, es ist stark erschöpfend und irgendwann haut es rein und dann um ein Vielfaches schlimmer, als wenn ich das nicht herausgezögert hätte.
Das ist der eine Punkt, was die Außenreize betrifft und meine Wahrnehmungsproblematik.

Bei mir gibt es Tage, da bekomme ich einfachste Sachen nicht hin. Auch hier ist es stressbegingt und wieviel Kraft ich schon aufwenden musste um andere Dinge zu kompensieren (ergo tagesformabhängig) um Verhaltensweisen aufrechterhalten zu können, die ich mit den Jahren antrainiert habe. Bei mir sind solche Dinge immer mit denken verbunden. Ich beschreibe das gerne als endlose Listen im Kopf. Wie verhalte ich mich in der oder der Situation. Was antwortet man auf so was. Worauf muss ich achten. Welches Signal gehört zu was. Was sagt die Tonlage aus…etc… Ich greife stetig auf diese Datenbanken zu. Diese sind sehr wohl erlernbar. Aber eben nicht intuitiv erfasst. Und es ist anstrengend.
An Tagen wo ich eh schon gestresst bin fällt es mir schwerer, dafür noch die Kraft aufzubringen. Ich beschreibe es oft so: Achtung, ich bin heute ohne Filter unterwegs. Denn ich habe dann nicht mehr die Kraft, um darüber nachdenken zu können, was bei mir ankommt und vor allem aber auch was ich aussende und vor allem wie. Das kann unter Umständen dann auch sehr verletzend werden.

Und jetzt nehmt mal beispielsweise einen schlechten Tag. Da kann ein „ins Bett“ machen der kleenen schon ausreichen und der ganze Tag ist strukturell im Eimer.

Ich hatte solch eine Unterstützung durch meinen Partner. Dennoch waren meine Defizite in manchen Bereichen einfach zu groß. Der Preis, den ich für die Sicherheiten zahlen musste, viel zu hoch.

Ich bin mir dessen sehr bewusst, was ich kann und was ich nicht kann. Das ist gut so, weil ich lange dachte, ich wäre insgesamt nicht fähig, klein, schlecht und manchmal ein Monster. Seit meiner Diagnose differenziere ich viel. Ich weiß inzwischen, das es insgesamt nicht so ist.
Manche Dinge kann ich gar nicht, manche nicht so gut, bei manchen Sachen brauche ich vielleicht nur eine Starthilfe, bei anderen Sachen bin ich einfach nur ein wenig anders und dann gibt es noch Bereiche und Eigenschaften die sind sogar richtig gut. Da kann ich stolz auf mich sein.
Rückblickend ist bei mir in den letzten 2-3 Jahren sehr viel passiert.
Mein Selbstwertgefühl ist wesentlich stärker geworden. Ich weiß was mir Schwierigkeiten bereitet und ich kann manches davon gezielter angehen.
Andere Dinge kann ich lernen zu akzeptieren.

Seit der Diagnose vor bald einem Jahr habe ich viele Phasen durchlaufen.
Anfänglich war es ein Befreiungsschlag. Ein Juhu, ich weiß jetzt, das ich gut so bin, wie ich bin. Ich bin richtig, nicht falsch, kein Monster.
Die Diagnose bringt für einen die Gewissheit aber, und das ist die Kehrseite, auch die Einsicht, dass es immer so sein wird.
Dann sickerte so langsam die Erkenntnis durch. Ich werde in manchen Dingen immer so sein. Die kann ich nicht ändern. Ich werde immer eine andere Wahrnehmung haben die mich regelmäßig überlastet. Ich werde bei körperlicher Nähe immer anders sein, wirkliche Nähe immer anders definieren. Das macht es vermutlich für einen eventuellen Partner nicht leicht.

Zurzeit bin ich sehr mit meinen Defiziten beschäftigt. Das liegt zum einem an meiner privaten Situation und zum anderen daran, das ich erarbeiten soll, wo genau ich Hilfen brauche und welcher Art. Dadurch ist mein Denken momentan sehr defizitär, wobei ich das nicht nur negativ betrachten würde. Denn so arbeite ich ja nur die Punkte raus, an denen ich eben Hilfen benötige, aber auch die Möglichkeiten, an denen ich arbeiten kann. Genauso aber werden mir dadurch auch meine Stärken mehr bewusst.
Manche Eigenschaften, die andere möglicherweise als Defizit ansehen, die sehe ich durchaus als Stärken an. Mag sein das ich sie nach außen anpassen muss. Aber nur immer zeitweise. Für mich daheim, da bin ich an Konventionen nicht gebunden und hier kann ich so sein, wie ich bin. Kraft tanken für die nächste Herausforderung.

Natürlich kann ich vieles lernen und das werde ich auch noch. Durch mein Umfeld, das ich bisher hatte, wurde mir zwar sehr vieles abgenommen, aber ich habe nie gelernt allein dafür verantwortlich zu sein. Irgendwo ein Fehler, das sehe ich ein.
Aber den Kraftaufwand, den ich dafür benötige, den mich manche Anpassungen kosten, den sieht keiner.
Logisch werde ich es schaffen einkaufen zu gehen, aber es kostet mich enorm viel Kraft. Ich brauche danach erst mal ein paar Stunden Ruhe, da mich das vollkommen erschöpft.
Manchmal brauche ich sogar Tage, um mich von manchen Situationen zu erholen.

Je nachdem, was ansteht, bin ich oft im ersten Moment total in Panik, plane alle möglichen Optionen und Strategien. Ich habe für eine Situation oft mehrere Pläne.
Wenn einer schief geht, kann ich immer noch auf den Nächsten zugreifen. Das macht mich flexibler. Ich habe meist einen Plan A,B,C, D etc… Wenn aber alle Pläne ausgehen, dann ist das der Worst Case. Dann bin ich hilflos.
Man kann sich sogenannte Überbrückungsstrategien erarbeiten. Situationen trainieren (die Kassensituation im Laden sind für mich immer schwer z.B.) um Sicherheit zu erlagen. Was aber passiert, wenn mal eine Situation eintritt, die nicht erlernt war. Was dann.
Oder wenn mal die Kraft nicht ausreicht. Dann soll man sich nicht so haben und ein „das wird schon“ oder „das kommt alles noch“ oder „wird besser“ und blablabla…oder die ganzen gut gemeinten Ratschläge die ich gar nicht umsetzten kann, die helfen mir nicht weiter.
Das ist furchtbar frustrierend!

Soziale Integration sollte ein Integrieren in die Gesellschaft sein. Ein integrieren, nicht ein angleichen!

Das ist genau der Punkt, der mich häufig aufregt. Sehr häufig lese ich, wie Autismus bagatellisiert wird, als Modediagnose tituliert wird. Wir würden uns unsere Behinderung nur einbilden oder machen uns zu Behinderten. Da frage ich mich doch, wie macht man sich zu einem Behinderten und viel besser, ist das wirklich so, dass man dies als erstrebenswert ansieht? Glaubt man wirklich, wir machen das freiwillig und das ist das Tollste auf der Welt?
Ich mag es nicht im Overload zu sein. Ich bin nicht gern hilflos, wenn ich in Panik bin. Diese Zustände sind unangenehm und ich habe viele Vermeidungsstrategien entwickelt. Aber manchmal kann man nicht vermeiden.
Ich habe Kinder und bin mir meiner Verantwortung bewusst. Ich will, dass es ihnen gut geht und dazu gehört es nunmal auch, das ich ihnen ein gewisses Maß an sozialem Leben anbiete. Das heißt, ich muss mit ihnen auch mal in einen Zoo gehen, oder in einen Park, ins Freibad. Das sind alles Situationen, die mich heillos überfordern und sind für mich ohne Sicherheitsperson nicht machbar. Wenn ich allein wäre, dann ist es das eine, aber wenn man für jemanden verantwortlich ist, dann ist es wichtig zu wissen, in welchen Situationen man Hilfe benötigt.

Ist das ein behindert machen oder einfach nur Verantwortungsbewusstsein?

Man muss sich selber irgendwann die Frage stellen, welche Anpassungen sind notwendig, welche müssen sein, was muss ich lernen oder kann ich es überhaupt und brauche ich Hilfe und wenn ja, wo.
In manchen Bereichen will ich mich gar nicht mehr anpassen. Sie kosten zu viel Kraft, die ich an anderer Stelle dringender brauche. Ich muss lernen mit meinem Krafthaushalt besser umzugehen.
Was nützt es, wenn ich manche Dinge „irgendwie“ hinbekomme, wenn ich dann regelmäßig zusammenbreche. Damit ist keinem geholfen.
Das muss ich lernen zu akzeptieren, wie auch mein Umfeld. Das man Sachen, die man normalerweise gut kompensieren konnte seiner Gesundheit zu liebe nicht mehr tut. Oft sind dann ein „stell dich nicht so an“ oder „du konntest doch immer“ wieder am Start.
Mein Stresslevel mit drei Kindern ist hoch genug. Ich muss hier Prioritäten setzten und die liegen eindeutig bei meinen Kindern.

Für mich beginnt heute ein neuer Lebensabschnitt. Ich bin ab heute alleinerziehend. Ich mache meinem Partner keine Vorwürfe. Zwar hatte ich manche Eigenarten von mir sehr wohl gewusst und auch von Anfang an kommuniziert. Aber diese Ausmaße sind schwer zu erklären und auch sehr schwer zu begreifen, wenn man keinen Namen dafür hat.
Er ist ein guter Mensch. Ein guter Vater. Aber eben nicht für mich und ich bin nicht die Partnerin, nach der er immer gesucht hat.
Mir macht dieser Schritt Angst. Wie so oft gerate ich leicht in Panik, aber irgendwie schaffe ich es meist doch. Auch diese Zeit werde ich meistern.

Interview bei AutiCare

13 Samstag Jul 2013

Posted by maedel in mein Autismus

≈ 3 Kommentare

Schlagwörter

AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, AutiCare, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist

AutiCareAuticare bietet nun seit neuestem eine Reihe an, in der sie autistische Blogger präsentieren wollen. Ich durfte den Anfang machen 😀

Es war eine tolle Erfahrung und es hat Spaß gemacht die Fragen zu beantworten.
Ich will mich auf diesem Wege dafür bedanken und euch das Interview natürlich auch nicht vorenthalten:

AutiCare: Was hat dich dazu bewogen, zu bloggen?

Mädel:
Ich fand damals die Idee der Bloggertage von Quergedachtes phänomenal und wollte unbedingt daran teilhaben. Ich fand mich nicht gut genug zum Schreiben und dachte immer, ich könne mich niemals mit den Bloggergrößen wie Quergedachtes, Sabine Kiefner oder Realitätsfilter messen. Wobei „sich messen“ nicht als Rivalität gemeint ist. Ich bewundere deren Schreibstil und ihre Einstellung zum Thema. Sie sind vom Schreiben her meine Idole, wenn man das so sehen will. Autzeit bestärkte mich damals darin einen Blog zu eröffnen und ich bin ihr da sehr dankbar dafür.

AutiCare: Was bedeutet dir dein Blog?

Mädel:
Für mich ist der Blog eine Art Ventil geworden. Mir fällt schreiben wesentlich leichter. Gerade, wenn es darum geht, mein Innerstes zu beschreiben. Außerdem hat sich mein Blog mit der Zeit zu einem Sprachrohr entwickelt für viele Autisten. Ich greife oft Fragen aus Foren oder Facebookgruppen auf und mache mir dann Gedanken darüber, wie man diese am besten beantworten kann.

AutiCare: Möchtest du mit deinem Blog etwas erreichen und wenn ja…was?

Mädel:
Das ich anders bin habe ich früh erkannt. Ich wusste aber nie warum. Ich hatte keine leichte Kindheit, sie war mit viel Mobbing und Ausgrenzung verbunden. Auch mein Elternhaus war diesbezüglich sehr schwierig.
Als mein Großer geboren wurde, erkannten wir sehr schnell das etwas anders verläuft, als es sollte und damals wurde mir oft gesagt, egal was er hat, du hast es auch.
Er ist im Kindergarten sowohl auch schulisch durch die Hölle gegangen. Eine Nachbarin sprach das erste Mal den Verdacht Autismus aus, als er 5 Jahre war. Ich hatte damals dies aber weit von uns gewiesen, weil ich das allgemeine Bild von Autismus im Kopf hatte, was Medien so gerne vermittelten. Da passte er einfach nicht rein.
Wir hätten uns, mir und ihm, viel erspart, wenn ich damals informierter gewesen wäre. Mit 10 bekam mein Sohn die Diagnose HFA (High Function Autism) und ich ein halbes Jahr später die Diagnose Asperger Syndrom.
Ich will daher mit meinem Blog aufklären, wie verschieden und facettenreich Autismus ist. Nicht nur für Autisten und deren Angehörigen. Manch Psychiater, Psychologe, Kinderarzt, Therapeut und vielen anderen Menschen, die mit Autisten arbeiten und über sie „urteilen“ würde es sicher gut tun mal die Sicht der Autisten zu lesen.

AutiCare: Welche Resonanz bekommst du auf deinen Blog?

Mädel:
Das ist verschieden. Es kommt auch auf die Themen an. Die meisten sind sehr positiv und es entstehen oft schöne Diskussionen darüber. Natürlich gibt es auch negative Resonanz. Z.B. als ich über ABA oder MMS geschrieben hatte.
Ich kann es manchmal nicht fassen, wie viele meinen Blog inzwischen lesen und freue mich darüber sehr.

AutiCare: Wissen deine Freunde und Familie von dem Blog?

Mädel:
Teilweise. Ich habe auch Therapeuten und Kinderpsychiater unter meinen Lesern, was mich sehr freut. Diese kenne ich teilweise auch persönlich.
Freunde habe ich nicht viele, aber die meisten davon wissen von meinem Blog. Zu meiner Familie habe ich kaum noch Kontakt.

AutiCare: Wie siehst du die Stellung der Autisten in der Gesellschaft?

Mädel:
Bei einem Gespräch in der Schule sagte mal der dortige Schulpsychologe einen Satz, dem ich leider immer mehr Wahres zusprechen muss, was eigentlich sehr traurig ist:
“Die Welt ist noch nicht bereit für den Autismus”

Das fängt ja schon damit an, dass mein Sohn in ein Sozialtraining soll, weil er so empfindlich reagiert auf das Mobbing seiner Mitschüler (die meinen das doch nicht böse). Das aber gerade die Kinder, die andere (vermeintlich schwächere) niedermachen in Schutz genommen werden, sagt sehr viel über ein Schulsystem und auch über die Gesellschaft aus in der wir leben.
Das autistische Kinder teilweise sogar als Störfaktor in einer Klasse gesehen werden, so das selbst der Schulpsychologe davon abrät bekannt werden zu lassen, dass sich da ein autistisches Kind in der Klasse befindet, mehr als bedenklich.
Viele Menschen scheinen Angst vor dem „anders sein“ zu haben und können diese nicht akzeptieren oder wollen es nicht. Immer wieder wird versucht Autisten zu ändern, anzupassen, teilweise mit sehr fragwürdigen Mitteln. Sie sollen „angepasst“ werden, besser noch „geheilt“. Autismus wird noch oft als Krankheit gesehen, die es zu heilen gilt.

AutiCare: Fühlst du dich von der Gesellschaft akzeptiert und besonders auch respektiert?

Mädel:
Von der Gesellschaft im Ganzen akzeptiert zu werden, ist ein Ideal. Mir würde es schon reichen, wenn mein Umfeld das tun würde. Viele verstehen mich nicht und da wird es dann mit der Akzeptanz und dem Respekt schwierig.

AutiCare: Was hältst du von der Politik und das was sie für Autisten tut?

Mädel:
Mein Problem ist, das ich zwar in gewissen Maße an Politik interessiert bin, aber ich habe einfach nicht die Zeit um diese zu verfolgen.
Klar bekomme ich das ein oder andere mit. Aber nicht genug, um mir da wirklich eine Meinung zu bilden.
Früher war ich sehr an Arbeitspolitik interessiert …Das hing wohl auch mit meinem Ehrenamt zusammen.

AutiCare: Ein Wort, ein Rat oder ähnliches an andere Autisten?

Mädel:
Lasst euch nicht zu sehr verbiegen. Ihr seid toll, so wie ihr seid. Natürlich muss man sich bis zu einem gewissen Grad anpassen. Aber nicht in allen Bereichen und vor allem nicht immer.
Aber auch einen Rat an die Nichtautisten:
Ein Traum wäre, wenn Nichtautisten sich auch mal die Mühe machen klarer zu kommunizieren. Sich zu verhalten, wie wir es brauchen, uns leben lassen, wie es uns gut tut, und ab und an sich die Mühe machen zumindest zu erahnen, wie wir denken … es ist schon anstrengend genug!

AutiCare: Was wünscht du dir für die Zukunft?

Mädel:
Akzeptanz und ein „miteinander reden“ statt nur „über uns“
Ich war damals begeistert, wie viele Autisten auf einmal gemeinsam für eine Sache einstanden, nach der Berichterstattung über den Amoklauf in Newton. Auch wenn der Grund dafür nicht gerade schön war. Es hat sich über Jahre eine Community entwickelt und an diesem Tag vereinten sich viele Autisten oder outeten sich. Meldeten sich zu Wort.
Daher finde ich auch solche Projekte wie Auticare oder die Bloggertage so spannend. Ich denke es ist an der Zeit, das sich Autisten Gehör verschaffen.

Hier noch den Link zu dem Interview bei Auticare: http://www.auticare.de/aus-dem-alltag/12-aus-dem-alltag/184-interview-mit-der-bloggerin-von-innerwelt.html

Der erste Tag

10 Mittwoch Jul 2013

Posted by maedel in mein Autismus

≈ 3 Kommentare

Schlagwörter

AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist, Planänderungen, Veränderungen

Die letzten Tage ist viel bei mir los gewesen. Einiges hat sich schon geändert und ich versuche mein bestes dem Herr zu werden. Ganz glückt es mir nicht.
So war der erste Einkauf schon problematisch.
Nicht nur, dass ich wahnsinnig nervös war, immerhin war ich schon lange nicht mehr. So stand fast alles woanders, als ich es gewohnt war und zusätzlich sind manche Marken ausgewechselt worden oder ersatzlos verschwunden.
Sehr verwirrt war ich um den Umstand, das ich nirgends die rote Schorle finden konnte, die meine Kinder doch immer so mochten.
Aber zumindest hatte ich mit diesem Umstand und dem Durcheinander beim ersten Einkauf gerechnet.
Weniger damit, das die Kühlregale vollkommen mit schwarzen Vorhängen verhüllt sein würden.

Ich lief in Panik vor den Regalen hin und her. Ich brauch doch die Wurst und den Käse. Zum Metzger traue ich mich (noch) nicht. Dazu muss ich die Person ansprechen und durch den Umstand, dass wir lactoseintolerant sind, müsste ich auch einiges fragen. Es wäre was anderes, wenn ich genau wüsste, was ich brauche, vorausgesetzt es ist da und ich müsse nicht umentscheiden. Die Person anzusprechen wäre mir aber derzeit nicht möglich.
Also versuche ich weiter darüber zu entscheiden, wie ich nun mit den verhangenen Kühlregalen umgehen soll.
Ich kam auch nicht auf die Idee nachzufragen, was denn nun mit denen sei. Ich lief weiter hin und her und versuchte einen Blick hinter die Vorhänge zu erhaschen. Die Waren sind da und ich ertappe mich bei den Gedanken, mir schnell das rauszunehmen, was ich brauche. Da höre ich wie jemand fragt, warum die Kühlregale abgehängt sind und eine der Angestellten beantwortet dies, indem sie erklärt, das die Kühltheke kaputt sei und sie daher nichts davon verkaufen dürften.

Ui.

Jetzt war es vorbei. Unter immensen Anstrengungen diesen Punkt auf der Liste übersprungen und noch die restlichen Sachen eingepackt. Zum Glück war das nicht mehr viel und es stand noch alles so wie früher.

Dann die nächste Aufregung. An der Kasse bin ich völlig aufgelöst, weil ich das erste Mal mit Karte zahlen soll. Immer wieder sage ich mir im Kopf die PIN vor. Ich habe irgendwie furchtbar Angst was falsch zu machen. Dabei vergesse ich völlig die Waren auf das Band zu tun. Werde aber eher weniger freundlich darauf hingewiesen.
Nachdem alles wieder im Wagen verstaut war, ging es der Kassiererin vermutlich auch zu langsam, wie ich ratlos vor dem Gerät stand und versuchte herauszufinden, wie rum man nun diese Plastikkarte da reinsteckt. Sie übernahm das mal kurz für mich.
Ich tippte die PIN ein, die bis dahin wie ein Endlosband in meinem Kopf geisterte und dann raus da.

Pause.

Ich setzte mich, nachdem alles verstaut und der Einkaufswagen wieder an seinem Platz war, ins Auto und starrte erstmal vor mich hin.
Ich muss jetzt umplanen. Ohne Wurst und Käse kann ich nicht nach Hause.

Mein Glück.

Ich hatte an diesem Tag eh noch einen zweiten Laden auf dem Plan. Der ist zwar etwas teurer, aber ganz umdisponieren schaffe ich heute sicher nicht mehr. Nach etwa einer halben Stunde fahre ich weiter und erledige den restlichen Einkauf, der zum Glück ohne weitere Katastrophen auskam.

Daheim angekommen war ich erst mal sehr stolz den ersten Einkauf, trotz Panne, geschafft zu haben.
Nur darf jetzt nichts mehr passieren und genau das ist geschehen.
Ganz im Plan fing ich nach dem Einkauf das Kochen für die Kinder an. Die beiden kleenen sind um 2 Uhr zu Hause und bis dahin muss das Essen fertig sein. Außerdem ist das Zeitfenster sehr eng, da wir um spätestens Viertel vor 3 wieder im Auto sitzen sollten, weil die Ergotherapie vom Mittleren anstand.
Und genau der war 10 nach 2 immer noch nicht da. Schon 10 Minuten über der Zeit. Gut, das ist ein Puffer, den ich einrechne. Meistens sind sie pünktlich, aber manchmal eben doch nicht.
Um 10 nach 2 bekam ich dann auch einen Anruf, das der Bus, den mein Sohn befördert im Verkehrschaos steckt und von dem her später kommt. Ich war zu sehr durch den Wind um noch zu fragen, um wie viel Minuten es sich um die Verspätung handeln würde.

Um halb drei fing ich an in Panik zu geraten. Das Essen kann ich so vergessen. Erstens war es inzwischen kalt geworden und zweitens blieb uns gar nicht die Zeit, dass mein Sohn noch essen kann, wenn wir den Termin noch schaffen wollten. Mit sichtlich wachsender Unruhe wartete ich auf die Ankunft des Busses.
5 Minuten danach fragte mich ein Freund, ob mein Sohn schon da sei und wann ich los müsse. „In 10 Minuten“, sagte ich „und nein, er ist noch nicht da“
Er schrieb mir noch den Hinweiß, dass ich doch den Ergotermin absagen soll. Aber mir war nicht mehr möglich darauf zu reagieren „Es ist noch Zeit“, schrieb ich. Die allerdings wurde knapp und 1 Minute vor Abfahrt stand endlich der Bus da.

Ich hatte meinem mittleren noch ein belegtes Brot gemacht und eine Banane bereitgelegt und drückte ihm diese in die Hand, als dieser an der Tür vollends aufgelöst am Brüllen war, weil er doch Hunger hat und erst mal essen muss.
„Ess im Auto“, baffte ich. Zu mehr war ich nicht fähig und bugsierte ihn und seine Schwester unter Gebrüll ins Auto.
Im Grunde hatte der Freund recht. Wir hätten absagen sollen. Im Nachhinein weiß ich das. Aber es wäre wiederholt eine Planänderung gewesen und zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur noch meinen Plan im Sinn, die Liste, die abgearbeitet werden musste. Ich funktionierte nur noch und wollte möglichst schnell wieder im Plan und auf sicherem Boden sein.

Der Termin war völlig sinnlos. Ich war voll im Overload und konnte nur noch schwer sprechen. Mein Sohn bekam die Aufgabe nicht auf die Reihe und verweigerte mehr oder minder die Mitarbeit, reihte planlos und vor allem wütend die Klötze der Murmelbahn wahllos aneinander.
Das Einzige, was mir dieser Termin noch eingebracht hatte, war die Tatsache, dass sich nur der Ergotherapeut erheblich Sorgen macht, ob ich dies alles wirklich allein schaffe. Na toll! (Ironie).
Als ich wieder daheim war, brach ich vollends ein und musste mich etwas hinlegen. Decke über den Kopf und Stille. Den Rest des Abends lief alles nur noch schleppend und ich war sehr gereizt.
Solche Tage braucht kein Mensch.

Aber ein Gutes hatte es. Es kann nur noch besser werden 🙂

Ich bin nicht krank, ich bin Autistin

06 Samstag Jul 2013

Posted by maedel in Meine Gedanken über Autismus

≈ 10 Kommentare

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AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist

Ist Autismus eine „Krankheit“ oder „leidet man an seinem Autismus“? Was ist an diesen Aussagen falsch? Erst vor Kurzem gab es wieder eine Diskussion darüber, warum bei manchen Autisten die „Alarmglocken schrillen“ wenn sie solche Begriffe (gerade auch in Zeitungsartikeln) lesen. Selbst Autisten untereinander schlagen sich dazu sprichwörtlich „die Köpfe ein“ und die ein oder andere Argumentation brachte mich zum nachdenken.

Ich fühle, dass diese Aussagen falsch sind und ich suche nun nach dem Grund für das Gefühl.

„Ich leide unter meinem Autismus“

Ich mag mich so, wie ich bin, auch wenn ich diverse Probleme habe, an denen ich tatsächlich leide. Aber da ist meine Person nicht daran schuld und schon gar nicht meine Persönlichkeit und da gehört mein Autismus nunmal dazu.
Ich stehe mir manchmal oft selber im Weg und mache Fehler. Ich bin für meine Handlungen verantwortlich…und wenn ich Fehler mache, ist es mein Naturell darunter zu leiden, aber nicht daran, dass es mein Naturell ist…
Ich bin sehr viel am „grübeln“, aber selbst da ist es die Situation, der Umstand warum ich leide, nicht der Autismus selber.

Geht man von dem absoluten Nullpunkt aus. Wenn keine Termine anstehen, wenn man seinen Sicherheitsbereich nicht verlassen muss. Wenn alles gleich sein kein. Niemand und nichts die Routinen stört. Gehe ich von dem Idealfall aus, dann bin  ich zwar immer noch Autistin, aber ich leide nicht unter dem Autismus.
Erst wenn sich etwas ändert, wenn ich raus muss in eine nichtautistische Welt, wenn mein Umfeld nicht mehr dem entspricht, wo ich mich sicher fühle, erst dann, ja dann gibt es Momente, wo ich wirklich leide.
Diese Überlegungen zugrunde habe ich für mich entschlossen, dass die Aussage „Ich leide an meinem Autismus“ nicht richtig ist. Ich leide nicht an dem Autismus sonder daran in einer nichtautistischen Welt zurechtzukommen. Ich leide an einem nicht für Autisten gerechten Umfeld.
Leiden kommt von der Erkenntnis, das was nicht passt. Das man sich einschränken muss. Anpassen. Zu sagen man leidet an seinem Autismus ist gleichbedeutend der Aussage man leide an sich selber.
Dabei leidet man doch eher an der Situation oder am Umfeld. Eben das es nicht so ist, wie es für einen gut wäre.

Wenn alles perfekt wäre, würde man dann wirklich leiden?
Geht mal nur für einen Moment davon aus das alles perfekt wäre. Leidet man dann wirklich am Autismus oder ist es doch nur der Umstand oder das nicht perfekte Umfeld? Sicher ist das Utopie, aber darum geht es mir ja. Mir geht es rein um die Begrifflichkeit.

Ich weiß. In manchen Dingen ist es vermutlich Wortklauberei. Aber so bin ich nunmal. Es ist für mich tatsächlich wichtig, wie es gesagt wird. Denn ich nehme es genauso auf. Wenn andere behaupten ich würde unter meinem Autismus leiden, dann kann ich nur darauf antworten, dass es schlichtweg nicht stimmt.

Ist Autismus eine „Krankheit“?

Schwieriger wird es da schon mit dem Begriff „Krankheit“, da vieles auch an der Definition hängt und daran wie jeder persönlich den Begriff Krankheit für sich definiert.

Krankheit wird oft im Gegensatz zur Gesundheit definiert. Dabei wird Gesundheit oft als idealer Zustand definiert und Krankheit demzufolge ist alles, was Unwohlsein auslöst. Das können Zustände sein wie ein banaler Schnupfen, also Einschränkungen des leiblichen oder eben auch dem seelischen Wohlbefinden.

Auzug aus Wikepedia

Krankheit im Sinne des Sozialversicherungsrechts ist eine Störung des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens, somit eine Abweichung von der Norm „Gesundheit“. (vgl. § 120 Abs. 1 Z 1 ASVG, wonach Krankheit „ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand ist, der die Krankenbehandlung notwendig macht“.)
Der deutsche Bundesgerichtshof hat am 21. März 1958 juristisch definiert: „Krankheit ist jede Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers, die geheilt, d. h. beseitigt oder gelindert werden kann.

Das Argument, auch MS wäre beispielsweise ein angeborener Defekt, und dennoch als Krankheit definiert, ist gar nicht mal falsch, auch das andere Krankheiten oder Gendefekte nicht heilbar sind. Dennoch empfinde ich da ein „falsches“ Gefühl bei dem Gedanken, Autismus als Krankheit zu bezeichnen.
Was ist da jetzt der Unterschied zum Autismus.

Bleiben wir beim Beispiel MS.
MS schränkt körperlich ein und ist fortschreitend und degenerativ, Autismus ist angeboren und sozusagen die Grundausstattung. Kinder mit Downsyndrom sind beispielsweise auch nicht krank. Es hängt hier meiner Meinung nach wirklich an dem an Begriff krank, der fest besetzt ist.
Autismus ist nicht degenerativ oder fortschreitend, nicht heilbar oder tödlich. Es ist nicht medikamentös behandelbar, lässt sich nicht symptomatisch lindern.
Ja, Autismus schränkt manchmal und je nach Ausprägung körperlich und seelisch ein, ist aber dennoch keine Krankheit. Autismus ist eine andere Art zu sein, eine andere Art zu denken und wahrzunehmen.
Sie ist angeboren und nach heutigem Forschungsstand ein Ergebnis aus einem anders verdrahteten Gehirn, was einer genetischen Komponente zugesprochen wird.

„Es ist nicht krank anders zu sein.“ schreibt eine Autistin und genau das ist es, was ich fühle.

Autismus wird laut ICD10 als tiefgreifende Entwicklungstörung definiert und einer seelischen Behinderung zugeordnet.
Darüber ob ich mich nun als behindert sehe oder nicht oder wie ich für mich Behinderung definiere, hatte ich HIER schonmal beschrieben.

Viele Autisten sagen nicht „sie haben Autisten“, sondern sie „sind Autist“. Da ist was Wahres dran…

Ich für meinen Teil sehe meinen Autismus weder als krank an noch leide ich daran. Ich leide am Umfeld, daran, in einer nichtautistischen Welt zurechtkommen zu müssen.
Mein Autismus hindert mich manchmal an einer Teilhabe an der Gesellschaft und ich bin dadurch behindert oder besser gesagt, für mich definiert, gehindert an der Teilhabe an der Gesellschaft.

Laut § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, “wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist” . Die zu erwartende seelische Behinderung muss nach entsprechender ärztlicher oder sonstiger fachlicher Erkenntnis mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50% eingeschätzt werden (Lempp, 2004).

Viele Autisten erleben Mobbing, Ausgrenzung.
Ihnen ist ihr anders sein sehr bewusst.
Ich kann lernen mich einer nichtautistischen Welt weitgehend anzupassen und werde sie dennoch nie ganz begreifen.
Immer wieder gerate ich in Situationen, die mich ungeheuer belasten. Das geht manchmal bis zur Hilfslosigkeit.

Diese Anpassungen kosten Kraft und ich brauche Hilfe um manche zu lernen. Denn sie erschließen sich mir nicht intuitiv.
Manche Dinge werde ich wohl auch nie ganz hinbekommen, egal wie erwachsen ich auch bin.

Ich fühle mich anders, auch die Aussage ist richtig. Ich fühle mich nicht krank, nicht leidend an Autismus, nichtmal behindert.

Aber die Auswirkungen von Autismus in der Gesellschaft, die lassen mich leiden, an meinem Umfeld, den Umständen. Ich bin ich beeinträchtigt an der Teilhabe in der Gesellschaft und somit laut Definition behindert.
Ich brauche in manchen Bereichen Hilfe und ich sehe darin keinen Makel, dies zuzugeben.
Dafür gibt es andere Bereiche, die ich wiederum als schön empfinde oder als Stärke.

Es ist oft reine Definitionssache und oft nicht mit dem vereinbar, wie man sich fühlt.
Einfach nur anders.
Einfach nur ich, solange alles so ist, wie ich es brauche.

Um bei der Begrifflichkeit zu bleiben. Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung und wird als seelische Behinderung definiert, und wenn mich jemand fragt, dann werde ich genau das antworten.
Einfach weil es richtig ist 😉

"Autismus ist nichts Erstrebenswertes, nicht heilbar und es ist ein Leben, das mich jeden Tag aufs neue fordert, in einer Gesellschaft zu bestehen, die nicht autistengerecht ist. Es ist mein Leben und nicht nur eine Diagnose." (Zitat Mädel)
"ABA ist das Lernen von absolutem Gehorsam ohne das Hinterfragen der Autoritätsperson" (Zitat Mädel)

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