Schlagwörter
AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, Überforderung, Überlastung, HFA, Hochfunktionaler Autist, Mutismus
Kein Ton kommt über meine Lippen. Die müssen mich sicher für total bescheuert halten.
Hilft nichts. Da muss ich durch. Schlimm wird es dann erst recht, wenn man es den anderen nicht erklären kann, warum man verstummt ist.
Es geht einfach nicht. Fühl mich nicht wohl hier. Fremdes Haus, fremde Menschen, selbst wenn ich sie schon einmal kurz gesehen habe. Weiß nicht was ich tun soll. Wohin ich soll und dann stand ich auf einmal alleine da.
Dann noch die Fragen und da war es dann endgültig vorbei.
In solchen Situationen neige ich zum Mutismus…häufiger als es mir lieb ist und nicht immer konnte vorbereitend erklärt werden, so das dadurch oftmals recht peinliche und unangenehme Situationen entstehen. Dazu reagiere ich dann in solchen Überlastungssituationen kaum auf äußere Reize oder Ansprache und wirke abwesend.
Nicht alle wissen von meinem Autismus und selbst wenn, dann sind ihnen nicht alle Zusammenhänge bewusst. Dazu kennen sie mich nicht gut genug und somit ist ihnen auch nicht wirklich ein Vorwurf zu machen.
Die letzten Tage waren enorm anstrengend und eigentlich ging es schon Heiligabend los. Ich hatte recht schnell jegliche Kontrolle über den Ablauf verloren und so richtig vorbei war es dann am nächsten Morgen, als meine Kinder ihre Reise zu ihrem Vater antraten.
Vermutlich weil der Grund zu funktionieren (meine Kinder) weg war. Nichts ging mehr.
Ich konnte mich kaum noch zu etwas aufraffen, geschweige denn einen sinnvollen Plan fassen.
Irgendwie schaffte ich es dann doch noch irgendwann zumindest meine Sachen zu packen und ein wenig aufzuräumen, bevor es am nächsten Tag auch für mich losgehen sollte.
Der Tag darauf begann gleich mit einer gewissen Aufregung, als mich die Nachricht ein paar Stunden vor Abfahrt erreichte, das meine Kinder krank geworden waren.
Dann noch die lange Fahrt dazu und gleich volles Programm. Zunächst die Übernachtung in einer Umgebung, die eben nicht mein zu Hause ist und wo auch andere anwesend sind, sodass man dort nicht wirklich runterfahren kann. Zusätzlich standen und stehen noch etliche Besuchsfahrten auf dem Plan.
Das alles war vermutlich viel zu viel für mich.
Dann ist es wohl nicht allzu verwunderlich, das es mich irgendwann komplett ausknockt.
Ist es sehr unhöflich wenn ich jetzt mein iPad auspacke? Wobei vielleicht unhöflich besser wäre als das sie mich für total bescheuert halten.
Wie wirkt das wohl, wenn man kein Wort spricht, obwohl man ja des Sprechens mächtig ist.
Ich überlege lange hin und her und entscheide mich dann für den Mittelweg. Nun schreibe ich hier mit meinem iPhone. Was vielleicht nicht ganz so auffällt.
Zumindest sehe ich so beschäftigt aus. Kann so vielleicht ein wenig herunter fahren, bevor es wieder zurück zum „Schlafplatz“ gehen sollte.
Zu allem Überdruss muss ich auf das Klo *schwitz*
Das war auch der Grund, warum ich überhaupt mit hoch bin, als wir noch geschwind jemanden abladen mussten.
Mir war klar, das mein Zustand auch dort für Verwirrung sorgen würde. Tut mir echt leid, denn ich finde sie wirklich nett.
Ein paar Stunden später, längst raus aus der Situation und zurück in der „Übernachtungsgelegenheit“ überlege ich, wie sehr es wohl aufgefallen ist.
Es tut mir leid, das ich nichtmal mehr fähig war zu erklären, warum ich kein Wort sagen kann und es auch noch immer nicht bin. Den mir fremden Menschen dürfte es zwar aufgefallen sein, aber vielleicht dachten sie, das wäre normal bei mir, da sie mich ja nicht wirklich kennen. Keine Ahnung.
Aber als wir dann zurück waren oder bereits bei unserem Zwischenstopp, haben mich einige direkt angesprochen, die nun doch schon mit mir zu tun hatten und die schienen recht irritiert und ich gleichermaßen verzweifelt.
Wie soll ich das jetzt erklären?
Wie oft habe ich mir vorgenommen einen Zettel für mich zu entwerfen, der erklärt, warum ich mich manchmal in solchen Situationen so verhalte.
Der wäre jetzt hilfreich gewesen.
Sowas wie „Hallo, ich bin Autist und habe Schwierigkeiten in der Kommunikation, kann nonverbales nicht erfassen und habe eine Reizfilterschwäche. In Überlastungssituationen kann es soweit gehen, das ich abwesend wirke und gar nichts mehr sagen kann. Vor allem in mir fremden Umgebungen und bei mir fremden Menschen.“
Zumindest wäre dann klar gewesen, warum ich nicht antworte. Es kann ja nicht immer jemand zu meiner Sicherheit da sein um erklärend einzugreifen.
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ich solche einen Zettel tatsächlich rausgeben würde. Gerade wenn man sich kaum wehren kann und man nicht weiß, wie das Gegenüber reagiert. Viel erklären ist dann nicht.
Ist auch egal, einen solchen Zettel hatte ich nicht und so kann ich jetzt nur warten, bis ich wieder soweit bin zu sprechen. Mich sicher genug fühle und nicht mehr das Gefühl habe, eh kein vernünftiges Wort herauszubringen.
Seltsamerweise scheint es hier zwar Irritationen hervorgerufen zu haben, aber es wurde auch nicht weiter nachgebohrt. Hatte fast den Eindruck, das es einfach akzeptiert wurde, wenn auch nicht verstanden.
Soll ich es jetzt dennoch nochmal erklären?
Nicht das mein Schweigen doch falsch aufgenommen wird?
Es war doch nur ein viel zu viel von allem. Es war ja nichts Persönliches.
Aber wie anfangen?
Irgendwie habe ich ein brutal schlechtes Gewissen.
Ich weiß zwar, das ich in solchen Situationen kaum anders kann, aber gerade in Kennenlernphasen ist es nicht gerade ratsam gleich mit meinen schlechten Seiten aufzuwarten.
*grübelt*