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~ Ich bin Asperger Autistin und hier sollen meine Gedanken Platz finden.

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Monatsarchiv: September 2015

Offener Brief an die Vorsitzende von Autismus Deutschland

25 Freitag Sept 2015

Posted by maedel in mein Autismus

≈ Ein Kommentar

bitte weiterteilen und bei Autland Nürnberg in den Kommentaren unterzeichnen

Autland Nürnberg

Sehr geehrte Frau Kaminski,

Sie sind seit vielen Jahren Vorsitzende des Bundesverbandes Autismus Deutschland. Wann immer es in der öffentlichen Debatte um Autismus geht, haben Sie die Chance zu Wort zu kommen. Sie, als Elternvertretung, behaupten nach wie vor, dass Sie die Interessen von autistischen Menschen in Deutschland vertreten. Sie haben dabei, durch jahrelange Arbeit, eine Bekanntheit und Reichweite erlangt, die eine große Chance bedeutet. Sie haben das Privileg, gesehen zu werden und damit die Möglichkeit, die Wahrnehmung von Autismus und autistischen Menschen in der Öffentlichkeit zu verändern.

Doch statt Ihre Position dazu zu nutzen, autistischen Menschen die Chance zu geben, für sich selbst zu sprechen, sprechen Sie lieber über unsere Köpfe hinweg über uns. Das nennen Sie dann „uns eine Stimme verleihen„. Als hätten wir nicht bereits eine eigene! Als wären wir, nur weil wir anders oder garnicht mit gesprochenen Worten umgehen, nicht in der Lage für…

Ursprünglichen Post anzeigen 817 weitere Wörter

Hab Grundfragen

20 Sonntag Sept 2015

Posted by maedel in mein Autismus

≈ 15 Kommentare

Tauge ich überhaupt als Admin? Das frage ich mich aktuell. Ich hatte lediglich um weitere Informationen gebeten, da online nichts weiter über eine bestimmte Therapieform zu finden war. Sogleich wurde mir von allen möglichen Seiten und Bereichen sonst was unterstellt. 

Es war nur eine Frage.
Ein simple Frage nach mehr Information. Da heißt es plötzlich, ich wäre nicht locker genug, neidisch, und solle erstmal Tee trinken, da ich mir wohl nicht im Klaren wäre was ich will. 
Von anderen, ich hätte drüber reagiert, sowas klärt man per PN (gut, da wurde sich entschuldigt, tut dennoch weh).
Dann folgt ein neuer Thread, indem ein mangender Austauschgedanke angesprochen wird. Das Leute angegangen werden, nur weil sie was teilen.
Warum, weil ich mehr Infos zu einer Therapie haben wollte?

Gerade ich bin sehr für einen Austausch und einen guten Umgangston und selbst stets in meinem Rahmen dazu bemüht.

Ich hatte dazu erst einen Artikel verfasst. 

Ich bekomme langsam wirklich Grundfragen. Nicht nur wegen des Admins. Wegen der Gruppe, mich als Mensch, die Menschheit an sich.
Ja, ich habe Kommunikationsschwierigkeiten. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht und ich schreibe nicht zwischen den Zeilen, wüsste gar nicht wie das geht. Dazu immer sehr bedacht darin, sachlich zu bleiben und selbst einen guten Umgangston zu bewahren. 
Genauso wenig habe ich je behauptet, das ich gar nicht interpretiere. Mache ich sehr wohl, weil ich gelernt habe, dass die meisten zwischen den Zeilen schreiben. Oft liege ich nur damit völlig daneben und so habe ich mir angewöhnt, viel nachzufragen. 

Solange meine Verfassung das zulässt.

Aber wie soll das im Zusammenhang damit stehen, dass ich einen Therapeuten eine Frage stelle, der bis dahin nichts weiter als „Danke“ geschrieben hat. 
Da ist nicht viel Raum um zu interpretieren. Sei es nun richtig oder falsch. 

Denn auch wenn ich mit den Jahren „gelernt“ habe, dass dort Interpretation sein müssten, schreibe ich dennoch nicht so. Wäre mir viel zu anstrengend, weil ich eben nicht genau weiß, wie.

Ich schreibe halt meist ohne Blümchen und schönschreibenden Umgangsformen, wie mir des öfteren erklärt wurde, eben einfach gerade heraus.
Und nein, dass ich diese Schwierigkeiten habe und darauf hinweise, wenn ich merke das etwas schief läuft, liegt nicht daran, dass ich mich entschuldigen möchte. 

Ich will nur darauf hinweisen. 
Viel zu oft gerate ich wegen sowas unter Beschuss. Wie auch diesmal und jedesmal wird es schwerer für mich, es zu ertragen.
Ich bin Autistin und nur weil ich erwachsen bin, heißt es nicht, das diese Schwierigkeiten weg sind, oder nicht mehr vorhanden. 

Das scheinen manche zu vergessen.

Ich weigere mich auch deswegen schon lange, solche Anfragen per PN zu senden. Denn da stehe ich dann ganz allein da und meist eskaliert es dann erst richtig.

Wenn meine Art der Komminikation schon so sehr zu Missverständnissen führt, dann sollte ich das mit dem Admin lieber sein lassen. Oder nicht? Viele sagen, es ist dein Traum, gebe ihn nicht auf. Aber wie soll ich das weiter bewerkstelligen, wenn ich so falsch verstanden werde.

Ich habe Grundfragen, aber vor allem an mich!

Gedanken

19 Samstag Sept 2015

Posted by maedel in mein Autismus

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Ich stehe hinter Quergedachtes und ich finde es ein Unding, was da über ihn gesagt wurde.
Das steht niemandem zu, egal woher die Diagnose kommt und schon gar nicht in solch berufsschädigender Weise und öffentlich.

Das geht zuweit!
Hier ist eindeutig eine Grenze überschritten.

Mädel spielt den Schulbegleiter

16 Mittwoch Sept 2015

Posted by maedel in mein Autismus

≈ 24 Kommentare

Der Schulbeginn nach den großen Ferien ist allein für sich ja schon Grund genug zur Aufregung.
Sei es, weil man vielleicht das Klassenzimmer, oder auch die Lehrerin wechselt. Sei es, dass man nicht genau weiß, ob da noch alles Schüler da sein werden, die man kennt. Vielleicht kommt sogar ein neuer, oder eventuell mehrere. Mitunter kann es unklar sein, selbst beim selben Klassenzimmer, ob die Sitzordnung denn nun beibehalten wird.
Manchmal gibt es neue Mäppchen, oder vielleicht zudem neue Schulranzen, indem man dann, oh Schreck, die Sachen nicht so einsortieren kann, wie man es gewohnt ist.
Es sind derlerlei viele Dinge, die kreiseln können und so auch verständlich, dass die Kinder aufgeregt sind. Viele autistische insbesondere, da ihnen gleichbleibende Abläufe und Begebenheiten einen gewisse Sicherheit bedeuten.

Nun gibt es auch die Situation eines Schulwechsels. Sei es, weil man von der Grund- in die Weiterführende wechselt oder wegen Umzug, schlechten oder guten Noten, etc.
Hier kann man sich vielleicht vorstellen, das sich hier wesentlich mehr verändert, als so schon.

So geschehen bei meinem Großen, der zur 7. Klasse in eine Mittelschule am Ort wechselte.
Neuer Schulweg, neue Lehrer, neue Mitschüler und da wir auch gleich Träger und Schulbegleiter wechseln, eben auch die Sicherheitsperson neu.
Am Abend vorher noch sichtlich um Coolheit bemüht, sah man ihm schon deutlich seine Aufregung an.
Was er da noch nicht so richtig mitbekommen hatte, war die Aufregung, das seine Schulbegleitung nicht planmäßig mit ihm in der neuen Schule starten konnte.

„Ich gehe mit und notfalls bleibe ich bei ihm“ sprach ich und entschied schon in den ersten 5 min, das ich heute nicht von seiner Seite weichen sollte. Schon in der Aula, wo wir warten sollten bis uns der Klassenleiter abholt, versteckte er sich peinlichst hinter mir und versuchte sich möglichst unsichtbar zu machen. Ständig am schaukeln und ticen.

„Wo bleibt sie denn, wo bleibt sie denn…“ wiederholte mein Sohn immer wieder, und ich versuchte die Lehrerin neben mir darauf aufmerksam zu machen, dass wir eben nicht zu den Fünftklässlern gehören, die ebenfalls noch in der Aula standen. Als wir uns dann auf dem Weg machten, nach einem kleinen Ausflug ins Sekreteriat, wo wir endlich erfuhren, in welche der 2 siebten Klassen er eigentlich gehen sollte, kam uns letztendlich ein Schüler der Klasse entgegen und sprach meinen Sohn an, ihm zu folgen. Na, das hat ja toll geklappt (Ironie).

In der Klasse erhielt ich den ersten Schock, als ich sie erstmal darüber informieren wollte, dass seine Schulbegleiterin nicht da ist. „Was für eine Schulbegleiterin?“ kam da prompt.
Uff

Soviel zum Informationsfluss in dieser Schule. Es nützt ja nicht viel, wenn die Lehrerin die Akten der Schüler noch nicht gelesen hat und noch weniger, wenn die neue Direktorin nicht darüber unterrichtet wurde, dass da erstmalig ein Kind mit SB kommt. Da verstand ich auch die Aussage des Sekretariats 2 Wochen vor Ferienende, warum entgegen unserer Absprache mit dem damaligen Direktor, ein Vorgespräch mit der Lehrerin etc, nicht nötig sei.
Aber ich gehe schon wieder zu weit voraus.
Wir sind ja noch bei der neuen Lehrerin in der Klasse.

Vielleicht lag es wirklich daran, dass ich mich zunächst missverständlich ausgedrückt hatte. So hatte ich mal wieder viel zu viel geplappert. Mit Sicherheit auch wegen ihrer verdutzen Reaktion darauf, dass mein Sohn nicht einfach „nur“ ein neuer Schüler ist, sondern einer mit „Anhängsel“. Zumindest erzählte ich ihr gleich von meinen Sorgen am Morgen und das ich mich gefragt hatte, ob er es heute auch alleine schaffen könnte oder ob ich bleiben soll, vor allem aber, ob ich darf. Vielleicht hat sie das wirklich als Unsicherheit meinerseits interpretiert, wie sie später behauptete.
Allerdings entschuldigt es nicht diese manipulierenden Suggestivfragen, die ich mittlerweile zu hassen gelernt habe.
„Ach komm, Großer, das hier ist doch schon die 7. Klasse. Das schaffen wir auch ohne Mama.“
Selbst mein nervöses Geplappere über meinem frisch operierten Bandscheibenvorfall, um meine Gedanken zu erklären, da mir bewusst ist, dass für mich langes Sitzen schwer zu ertragen sein wird, nahm sie sofort in ihre Überredungstaktik mit auf. „Immerhin geht es Ihnen ja nicht gut, wir sollte die Mama lieber weiter erholen lassen“
Wie so oft, reagiert er auf solche Suggestivfragen einfach nur mit „ja“
Sie sah nicht, wie er mit großen Augen, zappelnd und den Tränen nahe, völlig überfordert in der Situation dastand und ihr ja nur noch beipflichten konnte. Wie sonst reagiert man auf solche Fragen? Wenn man sie verneint, steht man automatisch als Versager vor der ganzen Klasse da und dazu tut man der Mutter ja nichts Gutes.
Bei allem Verständnis für eine eventuelle missverständliche Auskunft meinerseits (hatte ich mal erwähnt, das ich dazu neige mich um Kopf und Kragen zu reden, wenn ich nervös bin), DAS, nehme ich Ihr übel. Wie sie versucht durch diese Art Frage am Kind zu manipulieren.
Hatten wir das nicht schonmal? Noch bekam ich den Gedanken nicht ganz zu fassen.

Zumindest sah ich aber die Überforderung meines Sohnes sofort und ich hatte ja eigentlich draußen in der Aula schon beschlossen, dass ich da bleibe. So machte ich dies auch deutlich und mein Großer stimmte dann sichtlich erleichtert ein.

Ich durfte zunächst bleiben.
Zumindest bis zur nächsten Pause. Sofort nach dem Läuten sprach sie meinen Sohn wieder an:
„Das hat doch super geklappt. Du kennst mich ja jetzt schon ein bisschen. Den Rest schaffen wir auch ohne Mama. Man sieht doch, dass sie Schmerzen hat.“
An mich gewandt sprach sie weiter: „Sie können ja solange draußen vor der Türe auf und ab laufen und wir rufen rufen sie, wenn etwas sein sollte“
„Nicht wahr Großer? Das schaff mer schon“ fragt sie meinen Sohn, und wieder antwortet er mit einem recht hilflos gehauchten „ja“.

Ich selbst leicht überfordert, ok, ich gebe zu, ich habe oft Schwierigkeiten mich verbal zu behaupten, mache das was ich in solchen Situationen ohne eigene Sicherheitsperson oft mache. Ich laufe wortlos raus und versuche mich erstmal zu sammeln. In der Pause hake ich bei meinem Jungen nochmal genauer nach und erkläre ihm, das ich bleibe, wenn er das möchte. Schmerzen hin oder her. Da braucht er sich keine Gedanken über mich machen und soll auch nicht sein Problem sein. Hier geht es nur darum, was er will und nicht was andere, insbesondere die Lehrerin, möchte.
Klar und deutlich brachte er dann zum Ausdruck, bereits sichtlich mitgenommen, dass ich bleiben soll.
Für mich war das eindeutig genug.

Also zurück mit dem festen Vorsatz dem Wunsch meines Sohnes zu entsprechen, der Lehrerin die Stirn zu bieten, auch entgegen ihrem offensichtlichen Unmut darüber, dass ich in ihrem Klassenzimmer anwesend bin, trat ich auf sie zu und wurde je gestoppt:
„Sie verlassen jetzt bitte das Klassenzimmer. Ich habe mich gerade erkundigt. Wegen der Datenschutzrichtlinien dürfen sie als Mutter nicht hier sein.“ hörte ich sie sagen.
Aber was ich sah war viel erschreckender. Die Schultern meines Sohnes gekrümmt, um sich noch kleiner zu machen. Wildes ticen im Gesicht, aufgerissene Augen und im schnellem Takt am hin und her wippen.
Völlig von der Rolle stand er da und musste sich mit ansehen, wie seine einzige Sicherheitsperson den Raum verlassen musste.

Selber völlig am Ende und nicht mehr Herr der Lage machte ich das einzig vernünftige. Ich schrieb meiner Sicherheitsperson: „Die hat mich rausgeschmissen“.
„Bin gleich da!“ stand ein paar Sekunden später da.
Sogleich fing ich an, dem Jugendamt und dem Träger der Schulbegleitung zu schreiben. „Notfalls nehme ich den Jungen aus der Schule, bis die SB da ist, aber erst versuchen wir noch ein Gespräch mit der Direktorin“.

Nun sind wir an der Stelle, die ich weiter oben vorweg genommen hatte. Der Direktorin tat es leid um den missglückten Start und natürlich werden wir einen Weg finden um Großen zu helfen.
So machten wir uns gemeinsam auf den Weg zur Klasse und trafen per Zufall unterwegs auf die Lehrerin, die mit meinem Sohn unterwegs war, um die Schulbücher zu holen.

„Gibt es ein Problem?“ fragte sie verdutzt, vermutlich über die Tatsache, das wir plötzlich zu zweit mit der Direktorin im Schlepptau auf sie zukamen. Diese sprach dann auf die Situation an, woraufhin die Lehrerin konterte, dass mein Sohn gerade noch gesagt hätte, das es super läuft und alles in Ordnung wäre. Schon wieder beschlich mich ein Gefühl, diesmal etwas deutlicher…wie damals…
Wie mein Sohn dann aufgeregt hinter der Lehrerin, sich immer wieder wiederholend, plapperte, „das habe ich so nicht gesagt“ blieb auch der Direktorin nicht verborgen und so machte sie dann unmissverständlich deutlich, dass ich meinen Sohn begleiten darf.

Außerdem vereinbarten mein Mitbewohner und ich noch am selben Tag nach der Schule einen Termin zum Gespräch mit der Lehrerin.

Und hier ereignete sich das Dejavu, das mir mein schlechtes Gefühl schon die ganze Zeit sagen wollte.
Mit dieser Lehrerin wird es noch viele Gespräche geben und wir dürfen uns jetzt schon auf einen langen beschwerlichen Kampf einstellen.
„Ich habe eine medizinische Ausbildung und weiß über Autismus Bescheid und ich habe die Erfahrung gemacht, dass autistische Kinder ohne Begleitperson mehr aus sich rauskommen und am Klassengeschehen teilnehmen“

Mir sind ja von jeher die am schlimmsten in Erinnerung, die meinen alles zu wissen und gerade diese Sorte Lehrer, die meinen, sich von Eltern und selbst Fachleuten nichts sagen lassen zu müssen und dabei nicht davor zurückscheuen, notfalls am Kind herum zu manipulieren, kenne ich nur zur Genüge.

Denn genau vor so einer Klassenlehrerin bin ich damals nach Bayern geflüchtet. Jetzt nicht nur deswegen, aber es hatte einen großen Anteil daran.
Damals entstand dieser Artikel über Inklusion und Wirklichkeit und irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass ich verfolgt werde.
Hart trifft mich die Erkenntnis, dass es solche Lehrer überall geben wird und manchmal ist es einfach nur Glück, wenn man an eine gerät, für die Inklusion nicht nur ein Wort ist.

Aber diesmal habe ich einen Vorteil. Ich habe meine Sicherheitsperson und wie so oft, schaffe ich es dann auch mal mich zu behaupten, und so sitze ich nun ohne weitere Vorkommnisse als Begleiter bei meinem Sohn.
Zum Glück nur zeitlich begrenzt, denn mittlerweile habe ich die Nachricht erhalten, dass die Schulbegleitung am Freitag starten wird.
Nach diesen Tagen bin ich mir ganz sicher. Der Job als Schulbegleiter wäre nichts für mich. Nichtmal, weil ich das Kind nicht gut verstehen würde. Aber das Drumherum und meine eigenen Kommunikationsschwierigkeiten würden es mir unmöglich machen.
Heute geht es mir nicht gut und mit jedem Tag wird es schwerer. Auf die Dauer würde ich vermutlich wegen Überlastung selber ausfallen, und das wäre dem Kind gegenüber alles andere als fair.

Austausch

05 Samstag Sept 2015

Posted by maedel in Meine Gedanken über Autismus

≈ 25 Kommentare

Schlagwörter

ABA, AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Austausch, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist

Ich bin derzeit sehr nachdenklich. Frage mich, ob ich mit meinen Ansichten wirklich so allein dastehe, wie es oft den Anschein hat.
Wie ich Gerechtigkeit für mich definiere hatte ich hier schonmal versucht zu beschreiben, aber es ist nicht nur das.

Es ist meine Art, gewisse Dinge anzugehen. Ich habe jahrelang ehrenamtlich gearbeitet und auch wenn ich nie der große Teamplayer war, so hat sich eins bei mir immer wieder bewährt: meine Hartnäckigkeit.
So kann ich mich sehr lange in ein Projekt verbeißen und selbst wenn es nur kleinste Schritte sind, so habe ich oftmals die Erfahrung gemacht, dass diese vielen kleinen Schritte sich irgendwann zu was Großem mausern können.
Ja, es erfordert viel Mühe, viel Kraft, viel Diskutiererei, immer wieder irgendwo vermeintlich das Gleiche. Aber irgendwann kommt der Punkt, da scheint der Knoten zu platzen.

Es ist wie wenn sich die Waage, die vorher im negativen Sinne im Ungleichgewicht war, ganz langsam in die Waagerechte gerät, fast unmerklich und plötzlich kommt der Punkt an der sie umschwingt und sich ins Positive neigt. Je nach Gewichten kann sich dieser Prozess ewig hinziehen oder auch mal schnell gehen. Es kann auch mal ein neues Gewicht hinzukommen und erneut ein Gegengewicht erzeugen, das es zunächst auszugleichen gilt, bevor man wieder weiter ins Positive gehen kann.
Wenig bis gar nichts wird man erreichen, wenn man, um das Ganze zu beschleunigen, einfach mehr Steine auf die Seite wirft, die man selber vertritt. Die andere Seite wird dies dann genauso tun und so verkeilt sich nur das, was eigentlich in Bewegung sein sollte.
Nur wenn man langsam aber sicher die gegnerischen Steinen immer mehr auf seine Seite zieht, kann man wirklich auf Dauer was erreichen. Überzeugen, statt überrollen, kann man es auch nennen.
Denn sonst reicht nur ein Funken Zweifel auf der anderen Seite und alles ist wieder da, wo es vorher war.

Nehmen wir zum Beispiel das Thema ABA und Autismus Deutschland. Meint ihr wirklich, die lassen sich von uns sagen, dass sie diese Therapieform nicht mehr unterstützen und anbieten dürfen?
Sie werden sich immer weiter darauf berufen, dass es doch von Eltern und Verbänden so gewollt ist. Es steckt ja auch viel Geld hinter dieser Maschinerie und ABA ist bislang als Alternativlos gehandelt, was den Markt der Frühförderung angeht.
Wer würde da schon Gelder versacken lassen, uns zuliebe?
Oder nehmt meinethalben auch Aktion Mensch.

Denkt ihr wirklich, dass eine ABA Industrie sich das von ein paar Autisten so einfach nehmen lässt? Nur weil wir sagen, dass sie es lassen sollen?

Wie bei allem im Leben geht es hier um Macht und Information kann auch Macht sein.
Autismus Deutschland wird ABA anbieten und auch Aktion Mensch wird es weiter fördern, solange hier die Grundlagen so vorherrschen, das es auch genutzt und vermarktet wird.
Strategisch wäre es hier klüger, wenn auch der schwerere Weg, ABA den Grundstock zu ziehen.
Im Falle von Autismus Deutschland würde das bedeuten, einem Regionalverband nach dem anderen mitsamt ihrer Eltern davon zu überzeugen, dass sie nicht ABA nutzen sollen. Gibt es keine Anfrage mehr und keine Gelder, gibt es zuviel Gegenwehr aus den eigenen Reihen, dann wäre Autismus Deutschland irgendwann gezwungen, ABA herauszunehmen.

Ja, da ist sehr viel an Aufklärungsarbeit nötig und immer wieder werden neue alte Faktoren mit in die Waagschale geworfen, so das man vermeintlich ewig an selber Stelle zu stehen scheint und ja, es frustriert und raubt die Kraft. Aber auf lange Sicht hin, ist dies der bessere Weg.

Aktion Mensch zum Beispiel. Was bringt in dem Falle ein Spruch wie „ich werde nie wieder ein Los von euch kaufen und rede mit euch kein Wort mehr“. Das mag ein Zeichen setzen, aber hat allein viel zu wenig Gewicht. Das sitzt man aus und bald werden neue Dinge im Fokus stehen und dann kann es wieder so laufen wie bisher.
Wenn man nicht gleichzeitig bereit ist miteinander ins Gespräch zu kommen und aufzuklären, dann verhärten sich nur die Fronten und redet man nicht mehr miteinander, dann kann man auch nicht überzeugen. Dann kommt es darauf an welche Seite mehr Macht besitzt und glaubt mir, das sind nicht wir Autisten.

Auch hier sind es wieder die kleinen Schritte, die zum Erfolg führen können. Aleksander hat da einen eindrucksvollen strategischen Weg gezeichnet und ich werde ihn dabei aus vollsten Kräften unterstützen.

Ja, ich gehe diesen Weg mit dir!

Aber nicht nur diesen.

Ich hatte da mal einen Traum. Ein Miteinander reden sollte es sein. Auf gleicher Augenhöhe. Ein Ort, wo Autisten, Fachleute, Angehörige und Interessierte sich auf sachlicher Ebene austauschen können.
Fragen stellen dürfen, auch mal voll daneben argumentieren.

Aufklären. Denn immer noch bin ich der Meinung, dass nur eine breite Aufklärung wirklich auf Dauer etwas bewirken kann.
Aus diesem Grunde gründeten wir damals eine Gruppe in Facebook, die rein dem sachlichen Austausch dienen sollte.

Ich wollte was bewirken. Viel zu oft wird immer noch ein völlig falsches Bild von Autismus gezeichnet. Sei es in oder durch Medien. Sei es durch falschen Gebrauch des Wortes Autismus als Synonym für schlechte Eigenschaften oder auch das Bild, dass viele Menschen von Autismus haben. Eine Krankheit, arme Betroffene, Menschen zweiter Klasse, denen man mit Hilfe zur Anpassung ein einigermaßen lebenswertes Leben gewähren kann.
Dieses Bild herrscht vielerorts nach wie vor und wird auch so unter Fachleuten gelehrt. Ja wirklich, Therapeuten, die frisch von den Schulen kommen oder frisch gebackene Psychiater haben, insofern sie überhaupt Berührungspunkte mit Autismus hatten, meist nur veraltete Ansichten gelernt. Für sie sind wir bestenfalls Klienten, die ihre Hilfe brauchen.
Inzwischen sind nun manche schon so weit und informieren sich immer mehr aus diesem Pool heraus, kommen in solche Gruppen wie die meine, sagen ein falsches Wort und werden sinnbildlich niedergemetzelt.

Natürlich ist es falsch und auch mich wurmt es, wenn ein Therapeut reinkommt und gleich davon anfängt wie sehr wir doch als Autisten leiden müssen. Aber das wurde Ihnen so beigebracht, gelehrt, impliziert aus den verschiedensten Kanälen. Kein Mensch kommt auf die Welt und weiß sofort, dass Autisten furchtbar leiden müssen. Das wird gemacht.

Aber indem wir uns dann wie Furien und Hyänen auf eben diese Menschen stürzen, verfestigen wir doch nur das Bild. Erreichen lediglich nur damit, dass diese ganz schnell wieder gehen und nie wieder mit Erwachsenen Autisten reden wollen. Wenn wir Glück haben. Schlimmstenfalls erreichen wir damit, das sie sich eventuell denken “ ach herrje, das sind erwachsene Autisten, die hatten nie eine Therapie. Lieber ganz früh den Kindern helfen, dass sie so nicht werden..“ z.b.
Und schon sind wir da wieder in einer Spirale, aus genau der wir doch die ganze Zeit versuchen herauszubrechen, aber solange wir uns teilweise so benehmen, werden wir niemanden finden, der uns wirklich zuhören wird.

Wäre es nicht viel sinnvoller, gerade die an die Hand zu nehmen, die tatsächlich Interesse an ein mit uns zeigen, logisch und sachlich aufzuzeigen warum wir diese Form der Bezeichnung nicht mögen. Warum man uns nicht umerziehen soll. Warum wir sind, wie wir sind und wo wir wirklich gemeinsam einen Weg finden könnten.
Wenn wir diese Menschen unser Leben zeigen könnten, versuchen zu erklären, Begriffe gemeinsam auseinandernehmen in einer sachlichen Art und Weise, dann kann es passieren, das diese dies mit nach draußen tragen und irgendwann in ein paar Jahren ihrerseits als Dozenten vor einer Klasse stehen und eine neue Generation von Therapeuten entstehen kann, die vielleicht schon ein wesentlich besseres Bild von uns und Autismus haben.
Ja, es ist der längere und beschwerlichere Weg, aber der sinnvollere und man kann nicht einfach erwarten, das sich Ansichten, die seit Jahren gewachsen sind einfach von heute auf morgen ändern.

Es sind ja nicht nur die Therapeuten. Gerade in meiner Gruppe, aber auch in vielen anderen Bereichen, wie Foren oder Twitter beobachte ich dieses Treiben schon eine Weile.
Da kommen Leute, frisch von der Diagnosestelle mit ihrem Kind, mit gerade mal oberflächlichem Wissen über Autismus und suchen Rat. Es ist nunmal den meisten Eltern eigen, vermeintlich das Beste für ihre Kinder zu wollen und zusammen mit der Annahme, dass doch nur das allbekannte angepasste Leben ein lebenswertes ist, nach Wegen zu suchen, ihrem Kind die bestmögliche Förderung angedeihen zu lassen.
Die Zeiten, wo man sein Kind so lassen kann wie es eben ist, sind gesellschaftlich schon lange vorbei, so wird es immerzu impliziert und nun ist es an uns diesen Eltern zu erklären, dass diese Gesellschaft eben nicht das Maß aller Dinge ist.
Macht es da Sinn, jede Diskussion über ABA und MMS, über Darmsanierungen und was weiß ich für einen Humbug, sofort im Keim zu ersticken? Oder sollte man lieber den Eltern nicht sachlich und logisch aufzeigen, was solche Dinge mit ihren Kindern anrichten könnten?
Wenn Sie bei uns nicht fragen dürfen, dann gehen sie dahin, wo sie es dürfen und womöglich dann die Antworten erhalten, die sie dazu bewegen, tatsächlich damit anzufangen.
Ist es das was ihr wollt?

Und ja, es ist nervenaufreibend. Auch für mich. Auch ich bin nur ein Mensch und emotional und auch ich reagiere manchmal über. Auch ich stehe viel zu oft da und brülle in die Landschaft „nicht schon wieder die Scheiss Darmsanierung“, aber dennoch versuche ich immer wieder mich zur Ruhe zu ermahnen. Weiter sachlich zu bleiben und gegenzulenken, in der Hoffnung, dass doch irgendwas von dem ankommt, was wir versuchen zu erklären.
Es klappt auch oft genug.

Es ist auch nicht richtig eine Gruppe dazu zu missbrauchen, dass einem genügend gehuldigt wird. Für mich ist es eine Gruppe, die ich aus einer gewissen Zielsetzung heraus gegründet hatte, deren Admin ich bin. Es ist aber nicht „meine“ und darin sind nicht meine „Anhänger“, die alle gefälligst meiner Meinung sein müssen. Wenn das wirklich so gewollt ist, dann muss ich für mich meine Konsequenzen ziehen, denn eine solche Gruppe will ich nicht.
Wenn ein wirklicher Austausch nicht möglich ist und ich niemanden finden kann, der mit mir diesen Weg weiter beschreiten möchte, dann will ich diese Gruppe nicht mehr machen.
Dann suche ich fortan andere Wege.

Nur welche?

Anderer Fall in einem Forum. Da kommt Denise Linke und fragt nach Meinungen, Vorschlägen und eventuell Ideen und wird buchstäblich auseinandergerissen für eine Aussage, die sie mal irgendwo getroffen hat. Sachlich betrachtet, hätte dazu ein kurzes Hin und Her gereicht und dann wäre gut gewesen. Soweit ich mitbekommen habe, hatte man dem Thema dann sogar mehrere Threads gewidmet. Und vermutlich diskutieren Sie immer noch, warum oder ob und wie und was und weshalb und wieso, anstatt sich viel lieber dem zu widmen, was wirklich wichtig wäre. Da wird Ihnen schonmal eine Möglichkeit geboten mitzuwirken an dem Magazin Nummer und dann hat man nichts besseres zu tun, als das Autisten sich wegen irgendwelchen Aussagen gegenseitig an die Gurgel gehen.

Es muss nicht immer Hau Drauf oder Bann Hammer sein. Es geht hier nicht darum ein gewisses Klientel zu schützen. Nicht, wenn man wirklich Austausch betreiben und aufklären will. Denn dann muss man aus einem geschützten Bereich heraustreten und auch bereit sein, sich notfalls auch auf andere Meinungen und Ansichten insofern einlassen können, dass man vernünftig darüber diskutieren kann. Das heißt nicht, dass man es gutheißen muss, das mit Nichten, aber indem man nur den Hammer schwingt, ändert man keine Meinung.
Auch hier verhärten sich so nur die Fronten.

Stehe ich wirklich so allein damit da?

Es muss doch auch andere Wege geben, als immer nur Hau Drauf.

Update:
Manche Reaktionen von gestern sind für mich wenig nachvollziehbar.
Wo steht, das man sich als Autist alles gefallen lassen muss und ja, es gibt Menschen, wo es nichts bringt.
Die kommen aber auch nicht, um mit uns zu reden. Sie haben kein wirkliches Interesse daran. Vielmehr wollen sie verkaufen, überzeugen.

Diese stehen auch nicht auf Augenhöhe mit uns, sind nicht bereit zuzuhören. Sie stehen vermeintlich über uns.
Solche Menschen haben auch bei mir keine Chance. Denn so kann kein wirklicher Austausch stattfinden.

Auch ich habe da eine Grenze. Ich werde niemals einem ABA Vertreter eine wirkliche Plattform bieten, z.B.
Hier gilt es vielmehr die zu überzeugen, die denen diese Plattform bieten. Teils aus Unwissenheit.

Mir geht es auch um die, die wirklich wollen, die meist ein etwas falsches Bild von Autismus haben, aber selbst gemerkt haben, das da was nicht stimmt. Die Zweifler, an dem was sie tun.
Ja, selbst unter ABA kann es Zweifler geben, wenn sie nur genug von uns gelesen haben.

Nirgends stand, das man nicht nein oder Stopp sagen darf. Oder das ist giftig u.s.w.
Es geht um die Fragenden, nicht um jene, die das schon lange aus Überzeugung tun.

Es geht darum, das in letzter Zeit, auch aus Frust, viele einfach nur noch beim kleinsten Piep angegriffen wurden. Ein falsches Wort, eine falsche Frage und man sollte sich am besten sein virtuelles Grab schaufeln.
Was hat das für einen Sinn?

Immer weiter

03 Donnerstag Sept 2015

Posted by maedel in mein Autismus

≈ 18 Kommentare

Schlagwörter

AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, Funktionieren, HFA, Hochfunktionaler Autist, Schmerzempfinden, Schmerzen

In den letzten Tagen würde ich häufig gefragt, wie es mir nun geht, und was meine Schmerzen so machen.
Es geht mir sehr viel besser, auch wenn ich immer noch die postoperativen Schmerzen habe. Aber diese sind wenigstens händelbar. Mein Lebensmut ist wieder zurück und ich funktioniere wieder, wenn auch mit Abstrichen.

Oft ist mir dabei aufgefallen, dass nicht ganz rüber kam, wie schmerzhaft es vorher eigentlich war und wenn, dann wurde es nicht verstanden, warum ich überhaupt so lange durchgehalten hatte.
Wenn man überhaupt nachvollziehen kann. Jeder empfindet Schmerz anders.

Ich hatte bislang vermieden, das ganze Ausmaß der Schmerzen der letzten Wochen detailliert zu beschreiben.
Zum Teil, weil peinliche Situationen dabei waren…Wenn man brüllend vor Schmerzen im Wohnzimmer steht, weil man schnell aufstehen wollte, um zur Toilette zu gehen und man in diesem Moment nicht mehr halten kann, und sich an Ort und Stelle entleert, dann sind das peinliche Momente, die ich normal für mich behalten möchte…
Aber auch zum Teil aus Angst vor Vorwürfen, weil die wenigsten wirklich verstehen, wie wichtig mir in dem Zusammenhang Abläufe sind und wieviel ich bereit bin dafür auszuhalten.

Oft kommt es mir dann auch vor wie jammern und da ich zusätzlich Probleme damit habe meine Schmerzen richtig einzuschätzen, weiß ich nie so recht wie angebracht das wäre. Mir ist aufgefallen, dass ich häufig theatralisch übertreiben muss um ernst genommen zu werden, nur erschließt sich mir das Warum nicht. So gehe ich doch davon aus, dass ein Arzt meiner sachlichen Beschreibung sehr wohl folgen kann und ich traue ihm dann eine eigene fachliche Einschätzung zu. Aber irgendwie scheint dies zuviel verlangt. So passiert es oft, dass ich gar nicht erst genommen werde oder als unglaubwürdig dastehe.

Aber warum ist das so?

„Man sieht dir Schmerzen kaum an und du beschreibst sie zu sachlich, kurz und knapp halt, spielst es fast runter und so kommt das Ausmaß nicht richtig rüber.“ beschreibt es mein Mitbewohner, der mich diesmal zu jedem Arztbesuch begleitet hatte.
Aber er hat auch versucht den Ärzten klar zu machen wie seine Außensicht auf mich ist und dennoch hatten wir beide den Eindruck, dass ich nicht ernst genommen wurde. Ich vermute da noch einen anderen Hintergrund.

„Sie stehen ja da, das funktioniert ja“ oder „so schlimm scheint es nicht zu sein“ sind Sätze, die ich in den letzten Wochen oft gehört habe.

Vielen Autisten sagt man nach, dass sie Schmerzen nicht deutlich zeigen, oft auch überspielen oder trotzdem einfach weiter machen. Mir sieht man Schmerzen beispielsweise häufig gar nicht an. Höchstens mal schütteln, irgendwas umbinden. Zum Teil liegt es daran, dass manche Autisten ein anderes Schmerzempfinden haben, so auch ich. Auch mit daran, das wir nonverbal oftmals gar nicht oder anders ausdrücken. Aber eben nicht nur daran.
Bei mir, und das habe ich auch bei meinen Kindern beobachtet, ist es auch oft einfach der Umstand, dass mein Ablauf empfindlich gestört wird durch eine Verletzung oder eine Krankheit und das geht gar nicht. Immer weiter funktionieren. Und dafür nehme ich sehr viel in Kauf.
Zum Arzt gehen, allein schon, bedeutet ein Bruch der Routine, eventuell anfasst werden und kann die Folge haben, dass der Tag völlig im Eimer ist. Wie oft habe ich beobachtet, dass mein Sohn sich wirklich weh tat und einfach darüber gehoppelt ist. Einfach weiter macht. Viele würden jetzt sagen, dass hat er gar nicht gespürt. Doch hat er, aber er macht einfach weiter. Ein Unterbrechen ist nicht möglich.

Auch ich habe die Fähigkeit oder vielleicht einfach nur diesen enorm starken Willen, der mich sehr starke Schmerzen aushalten lässt. Hauptsache ich funktioniere dann wieder.
Gerade im Bezug auf meine Schmerzen am Ischias durch den Bandscheibenvorfall hatte ich versucht, der Ärztin es so zu beschreiben.
Wenn ich versuchte aufzustehen, merkte ich den Moment wo es blockiert war. Wo es vermeintlich nicht weiter geht. Zu sehr wehtut um sich überhaupt weiter zu rühren. Vielleicht genau der Augenblick, wo viele einfach verharren würden. Blieb ich in dieser Position, dann war mein Bein komplett weg. Zehenstand war nicht mehr möglich, mein Knöchel war nicht mehr kontrollierbar, knickte ständig weg und um die Hüfte war alles gefühllos. Wenn man da reinstach, habe ich es nicht mitbekommen. So gar nicht. In dieser Position war gar nichts mehr möglich. Kein Wasserhalten oder sonstwas. Neurologischer Totalausfall nennen das die Ärzte und normalerweise eine sofortige Indikation zur OP. Aber da war mein Wille. Also habe ich mich gewunden und verdreht und unter Schmerzen genau die Position gesucht, die mir erlaubt mich doch ganz aufzurichten. Resultat war, dass aus dem Ausfall ein Kribbeln wurde, aber leider auch, dass ich das ganze mit höllischen Schmerzen quittieren musste. Schwallartig, immer schwächer werdend.
Dieser Moment beschrieb ich als ein langsames Ziehen, das immer stärker wurde. Wie, wenn man ein Gummi langsam über eine Kante spannt und das immer mehr unter Spannung gerät. Dieser Moment, wenn dieses Gummi fazzt….unerträglich und meist von mir durch zittern und schreien quittiert. Aber ich stand und mein Bein war wieder brauchbar, auch wenn ich dann noch ein wenig gelahmt habe.

Somit hatte ich auch auf die Frage „ob ich neurologische Ausfälle hätte“ insofern immer ehrlich beantwortet, das es nur zeitweise bei mir so wäre. Also wurde beschlossen zu warten. Ich war irgendwo unglaubwürdig geworden oder falsch eingeschätzt?
Tatsächlich hätte das sofort operiert gehört, so wie es auch bei seqstrierten Bandscheibenvorfällen, wie ich ihn hatte, empfohlen wird.

Vielleicht wäre für mich auch hier der richtige Zeitpunkt gewesen klar die OP sofort zu fordern.
Aber kann ich mir so ein Urteil wirklich anmaßen?
Das Problem an dieser Stelle ist ja nicht nur, dass andere so denken, das es ja funktioniert. Ich denke ja selber so. Es funktioniert ja und das rede ich mir selbst solange ein, bis wirklich gar nichts mehr geht. Zusätzlich noch die Problematik, das ich Schwierigkeiten habe, Schmerzen richtig einzuschätzen. Immerhin saß ich auch schon mit blutiger Angina vorm Arzt und hab von leichtem Halskratzen berichtet, und solche Dinge waren keine Seltenheit.

Vielleicht wurde es gerade auch dadurch verschleiert, weil ich unbedingt trotz allem zu meiner Arbeiswoche wollte. Die endgültige Entscheidung wurde mir überlassen.
So entschied ich trotzdem zu Auticon zu gehen. Ich wollte das unbedingt und somit ziehe ich sowas auch durch und da die Ärztin mir da grünes Licht gab, war das für mich auch durchaus durchführbar. In der Zeit verzichte ich völlig auf die Opiate. Eigentlich die meiste Zeit. Aus demselben Grund, warum ich nie Drogen genommen habe oder keinen Alkohol trinke. Ich mag dieses Grundgefühl nicht. Wenn ich nicht ganz da, nicht klar im Kopf bin. Wenn die Sicht verschwimmt oder ich müde von dem Zeug werde. Ich mag es nicht, die Kontrolle zu verlieren. Die Schmerzen nahm ich dann in Kauf und stopfte mich stattdessen mit starken Ibus voll. Leider wirkten diese nur max. 1,5 Stunden, wo es auch nur erträglich war, so dass ich nicht schreien musste. Gegen den rein neuronalen Schmerz beim Aufstehen halfen sie gar nicht. Aber auch die Opiate nicht, das muss man dazu sagen.
Danach war die Wirkung komplett verpufft und mit der nächsten Einnahme musste ich ja warten.

Ich habe mich dennoch durchgebissen und ich denke, ich kann da auch stolz darauf sein. Ich habe funktioniert und ich glaube, ich hätte mir ewig Vorwürfe gemacht, wenn ich das nicht durchgezogen hatte.

Allerdings verschlechterte sich mein Zustand im Laufe der nächsten Woche immer mehr. Was anfangs nur zeitweise war wurde zum Dauerzustand. Die Schmerzmittel halfen fast gar nicht mehr und das Aufstehen und sich Zwingen wurde immer mehr zur Qual. Immer schmerzhafter. Die neuronalen Ausfälle immer deutlicher und meine Kräfte, mein Wille, immer schwächer.
Ich begann Angst vor dem Moment zu bekommen. Das Schlimmste daran war zu wissen, das es gleich sehr, sehr weh tun wird und ich nichts dagegen tun kann.
Dieser starke Wille immer weiter zu funktionieren wurde immer mehr gebrochen und zum Schluss lag ich fast nur noch. Wer mich wirklich kennt, weiß, dass dies so gar nicht in meiner Natur liegt.
Das ich meine Pläne und Abläufe fahren lasse, das sieht mir gar nicht ähnlich.
Erschreckend waren für mich in der Phase meine Gedanken. Man kommt da wirklich auf sehr komische Schlussfolgerungen und normal bin ich nicht mal ansatzweise suizidal. Aber oft wünschte ich mir, dass alles einfach nur noch schwarz wäre. Nicht mehr da.

Mitbewohner war schon lange an dem Punkt, an dem er das nicht mehr mit ansehen konnte. Immerhin kennt er mich sehr gut und er weiß, wie ich normal mit Schmerzen umgehe.
Aber es half nichts. Die Ärztin selber war im Urlaub und würde erst zum geplanten Termin wieder da sein.
Wieder ins Krankenhaus zur NotOP, würden jetzt manche sagen.
Aber hätten Sie mir wirklich geglaubt? Ich bezweifle es.

Ist diese Haltung auf Grund meiner Erfahrung nicht irgendwo verständlich?
Und wie kann man sowas vielleicht ändern?
Wie kann man Ärzte so sensibilisieren?
Und wie soll ich das entscheiden, wenn das nicht mal die Ärzte können?
Das frage ich mich wirklich.

Inzwischen ist eine Woche nach der OP vergangen. Der Beinschmerz beim Aufstehen und die Ausfälle waren bis auf die bei der Hüfte sofort nach OP weg. Die restlichen Schmerzen sind mit Schmerzmittel händelbar und Opiate brauche ich gar keine mehr.
Selbst die Ibus kann ich schon reduzieren.
So hätte es eigentlich gleich sein können, aber ich glaube, am meisten stand ich mir da mal wieder selbst im Weg.
Ich und mein Wille, das alles weiter funktionieren muss. Das meine Pläne und Abläufe nicht gestört werden dürfen und mein Unvermögen hier zu entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt gewesen wäre STOP zu sagen.

Update:
In diesem Artikel ging es mir weniger darum Mitleid zu erregen. Vielmehr darum aufzuzeigen, welch Schwierigkeiten auftreten können, in Zusammenhang mit verändertem Schmerzempfinden, Außenwirkung von Autisten und dem Problem, das einem der Bruch der Routine oder Abläufe mehr Sorgen bereitet, als der Schmerz an sich.
Oft macht mich eine Verletzung einfach wütend, weil es mich daran hindert weiter zu machen.
Auch das kann missverstanden werden.
Dazu eben die Unsicherheit, weil man ja gemerkt hat, das die eigene Eigenschätzung der Schmerzen oftmals daneben lag.

Mir ging es darum aufzuzeigen, wie genau man bei Autisten wirklich hinsehen sollte.
Vielleicht verständlicher erklärt. Nur weil ich sage „es geht“ heißt es noch lange nicht, dass ich nicht doch zum Arzt sollte.
Leider ist das allein, bei mir oft schon ein Kraftakt, mich da überhaupt hinzubekommen.

Abschließend ein Zitat von Attwood, das hier wirklich gut reinpasst:
“ sagt ein Autist endlich AUA, sofort! zum Arzt“

Sie ist Autistin

Klinik-Aufenthalt

Auch lesenswert zum Thema von „frühkindliche Autisten teilen sich mit“

"Autismus ist nichts Erstrebenswertes, nicht heilbar und es ist ein Leben, das mich jeden Tag aufs neue fordert, in einer Gesellschaft zu bestehen, die nicht autistengerecht ist. Es ist mein Leben und nicht nur eine Diagnose." (Zitat Mädel)
"ABA ist das Lernen von absolutem Gehorsam ohne das Hinterfragen der Autoritätsperson" (Zitat Mädel)

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