Schlagwörter
AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Auticon, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, Erprobungswoche Auticon, HFA, Hochfunktionaler Autist
Oha, inzwischen hat es sich ein wenig herumgesprochen, dass ich hier versuche begleitend möglichst täglich mitzuschreiben, wie ich meine Erprobungswoche bei Auticon erlebe und nun sind manche wohl auch gespannt, was ich sonst noch so zu berichten habe.
Das setzt einen gewissen Anspruch an mich.
Ich werde dennoch einfach versuchen bei mir zu bleiben und ich kann auch nur soviel schreiben, wie ich in der Kürze der Zeit zu verarbeiten mag.
Vieles wird mit Sicherheit ungesagt bleiben, manches nicht genau genug beschrieben sein und bei manchen Dingen fehlen mir einfach die Worte um die Eindrücke so wiedergeben zu können, das sie einem einigermaßen Sinn ergeben.
Heute war ein Tag, an dem sehr viel passiert ist. Manches auch etwas durcheinander, mit vielen Unterbrechungen, vielen sehr interessanten Informationen.
Ich für meinen Teil habe viel gelernt, auch über mich, aber starten wir doch am besten ganz von vorne.
Wider Erwarten habe ich heute Nacht gar nicht gut geschlafen. Ich habe wohl den Fehler gemacht, den viele machen. Ich habe die „Arbeit“ mit nach Hause genommen, oder in dem Fall, die Erprobungswoche.
Dabei hatte mich ja gestern erst noch gefragt, wieso man kurz vor Schluss noch eine Aufgabe bekommt, mir es dann aber so erklärt, das sie eben auch sehen wollen, wie ich damit zurechtkomme, Arbeiten auch zu unterbrechen und auf den nächsten Tag zu verschieben.
Ich stelle fest, das Unterbrechen an sich ist zunächst erstmal kein Problem. Zumindest die Handlung an sich. Was mein Kopf dann noch macht, naja…das stand dann auf einem anderen Blatt.
Zumindest sollte für die nächsten Stunden ein bestimmter Unterrichtsplan mein Denken bestimmen und eben auch alle weiteren Gespräche zu Hause. Zumindest zu großen Strecken.
Viele Gedanken hatte ich mir dann noch über die Ankündigung gemacht, das wir am nächsten Tag einen Teil nach draußen verlegen wollten, in einen Park.
Mit leicht aufsteigender Panik sah ich mich schon mitten auf einer weiten, endlosen Wiese stehen, mit Bäumen rechts und links von mir, verzweifelt auf der Suche nach der U-Bahn oder irgendeinem anderen Hinweis, wie ich nach Hause kommen sollte.
Zumindest den Gedanken konnte ich irgendwann wieder insofern abschließen, das ich erstmal eh nichts daran ändern kann. Also auf die To-Do Liste für den nächsten Tag gepackt. Zwischendurch noch gedanklich am Aufsatz vom Vortag vorbeigerauscht, wo meiner Meinung nach ein wichtiger Punkt gefehlt hatte, ertappte ich mich mitten in der Nacht wieder beim Unterrichtsplan. Na toll.
Das muss ich glaube ich noch lernen 😀
Entsprechend gerädert wachte ich am nächsten Morgen pünktlich auf, jedoch voller Tatendrang.
Die Zugfahrt war diesmal wirklich unproblematisch, da inzwischen die Wege einigermaßen sicher sitzen. Ich habe diesmal sogar tatsächlich den richtigen Ausgang gewählt und so stand ich sogar etwas früher im Hof als sonst und hatte dann auch die Zeit ordentlich anzukommen.
Draußen wurde ich dann noch auf die erste Planänderung hingewiesen, das wir nun nicht mehr unten in den Räumen arbeiten würden, sondern vielmehr oben.
Ich hatte mit dem Neonlicht da unten eh so meine Schwierigkeiten, weswegen ich am Vortag auch die Sonnenbrille aufgelassen hatte. Von daher hatte ich keine Einwände, die Räumlichkeiten zu ändern und das es nicht nur mir als Autist so geht, fand ich auch beruhigend, denn der Jobcouch hatte selbst Kopfweh bekommen, nach dem Tag da unten mit diesem Licht.
Naja, mit dem Unterschied, das es bei mir höchstens 10 min gedauert hätte, um starke Kopfschmerzen zu bekommen und mir dann auch unweigerlich sämtliches an Konzentration verloren gegangen wäre. Die Kopfschmerzen hatte ich ja am Ende trotzdem, auch mit Sonnenbrille.
Vielleicht kann man so den Unterschied der Kompensationsfähigkeit besser verstehen.
Auch das Bild von einem Mädel mitten auf einer unendlichen Wiese sollte sich alsbald aus meinem Kopf verbannen, denn für heute wurde der Ausflug nach draußen gestrichen und auf morgen verlegt. Aber meine Ängste und meine Bitte um Hilfe für den Nach-Hause-Weg wurden sehr ernst genommen und sogar angeboten, mich gegebenenfalls zurück zum Bahnhof zu begleiten. Das war eine wirkliche Erleichterung für mich.
Vom Ablauf des Tages her gab es diesmal recht viele Unterbrechungen. Ähnlich wie man es vielleicht von Arbeitstagen kennt, die immer mal wieder zwischendurch durch Meetings gestört werden. Normalerweise kann ich eine kleine Anzahl von Unterbrechungen je nach Tagesform ganz gut kompensieren. Ich ärgere mich dann zwar, und manchmal muss ich dann auch wieder komplett von vorne anfangen, aber das geht dann noch. Die Unterbrechung an sich war auch sehr interessant. So berichteten uns 2 Auticon Mitarbeiter von ihrem Werdegang, ihrem Diagnoseweg und ihrem Leben vor und mit Auticon und wie sich für sie die Arbeit heute gestaltet. Welche Schwierigkeiten auftauchen können, wie es auch richtig gut laufen kann und wie man gemeinsam immer wieder nach Wegen sucht, um möglichst die richtigen Bedingungen für ein gutes Arbeiten zu schaffen. Das erfordert lernen aber auch Lernbereitschaft auf beiden Seiten. Die war eindeutig zu sehen und dabei mit einer solchen Offenheit, die mich wirklich beeindruckt hat.
Das dabei nicht immer alles glatt gehen kann ist ja klar. Wichtig für mich war, das Auticon in so einem Fall nicht davor zurückschreckt, sich auch mal auf Diskussionen mit den Autisten einzulassen und vor allem auch mal zuzuhören. Das fand ich gut.
Dennoch fing ich nach dieser erneuten Unterbrechung die Unterrichtsplanung zum dritten Mal an. Etwas mürrischer schon, mit der Sorge im Hinterkopf, das nicht mehr viel Zeit bleibt, mein Zeitmanagement völlig beim Teufel ist und ich doch nicht den ganzen Tag mit dieser einen Aufgabe verplempern kann. So kam es wie es kommen musste, das ich richtig sauer wurde, als man mich aktiv an der Fertigstellung meiner Aufgabe durch kleine Störungen hinderte. Es wären nur noch 2 Namen gewesen und weg war er, der Faden und mit diesem Gefühl ging ich dann in die Mittagspause, deutlich angesäuert.
Die allerdings war heute insgesamt entspannter als gestern. Diesmal war da keine Unsicherheit mehr darüber, ob wir Kandidaten nicht gemeinsam unsere Mittagspause verbringen würden.
Nach der Mittagspause wurde ich dann von meiner Aufgabe erlöst. Anscheinend war es ein Test. Mitunter um auch zu sehen, wann ich offen zugeben würde, das ich ein Problem habe. Gut fand ich, das mir dann im Zuge sofort Lösungsmöglichkeiten und Handlungsbeispiele erörtert wurden, wie ich in Zukunft mit solchen Situationen umgehen könnte.
Die Idee, man könnte doch ein Zeichen vorab abmachen, z.B. mit einer Markierung am PC, das signalisieren soll „jetzt bitte nicht stören“ damit solche Unterbrechungen nicht mehr vorkommen, werde ich sicher aufgreifen.
Eine Wermutstropfen ist es dennoch für mich als Perfektionistin. Ich habe die Aufgabe nicht beendet und immer noch spuckt sie mir ab und an mal durch den Kopf.
Aber ich versuche den Ratschlag des Jobcouchs anzunehmen und mich bewusst mit anderen Dingen zu beschäftigen, sodass ich besser abschalten kann.
So fing ich mit der neuen Aufgabe an, um sie eine halbe Stunde später zur Abschlussrunde wieder unterbrechen zu müssen. Aber diesmal nehme ich mir fest vor, das nicht mit nach Hause zu nehmen.
Insgesamt war es für mich heute ein anstrengender und sehr lehrreicher Tag, aber eins muss ich euch noch voller Stolz berichten, bevor ich völlig mit diesem Tag abschließen möchte.
Nachdem ich gestern noch nicht soweit war, mich in diesen Kaffeeladen zu trauen, der da so einladend am Hauptbahnhof steht mit meiner Lieblingssorte Eiskaffee im Angebot, habe ich es heute tatsächlich geschafft 😀
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in dieser Reihe:
Erprobungswoche Auticon: Tag 1
Erprobungswoche Auticon: Tag 3
Erprobungswoche Auticon: Tag 4
Erprobungswoche Auticon: Tag 5
Star**cks ist böse^^
Schöner Bericht 🙂
gaaanz böse und vor allem eine Sünde in jeder Beziehung
Guten Abend
… nehmen sie mich aus dem Verteiler raus !!!!!!!!!! Mit freundlichem Gruß
P. Kaiser
Von AOL Mobil gesendet
nochmals, das können sie nur selber
Vielen Dank für deine Eindrücke, finde ich wirklich unheimlich spannend – nicht unbedingt, weil ich mich bei denen bewerben möchte (dafür fehlt mir die offizielle Diagnose), sondern weil es Eindrücke schildert, die man auch in anderen Momenten erlebt, bei anderen Arbeitgebern, Weiterbildungen etc. Finde ich spannend zu lesen, wie du Situationen erlebst und wie du mit denen umgehst.
sicher ist das auch spannend. Denke ich mir. Heute ist kein guter Tag, aber mehr dazu wieder heute Abend 😉
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