Schlagwörter
AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, Gedanken, HFA, Hochfunktionaler Autist, Kommunikation, soziale Konventionen
… und doch tappe ich manchmal blind durch die Welt.
Ich frage viel nach. Will alles genau verstehen. Manche sagen, das wirkt bei mir schon fast kindlich vom Fragen her. Ich frage Dinge, die für andere selbstverständlich oder einleuchtend sind.
Mir geht es hier um soziale Konventionen und um die Kommunikation miteinander.
Eine sehr häufig gestellte Frage von mir ist das nach dem Warum oder Wieso.
Manche nervt das.
Viele können gar nicht genau beschreiben, warum sie so handeln oder was sie da denken. Das finde ich komisch. Darüber mache ich mir ständig Gedanken. Wie fühle ich mich, was denke ich gerade. Ich analysiere ständig. Mein Kopf steht nie still. Ich denke immer. Beim Reden sowohl auch beim Schreiben.
Ich denke darüber nach, bevor ich handle, während ich handle und ich analysiere mein Handeln und die Reaktionen anderer nach meinem Handeln.
Schon mal jemanden gefragt, was Liebe ist oder was sie darunter verstehen? Kaum einer weiß es wirklich, aber alle meinen es zu wissen.
Wie kann man etwas wissen oder behaupten es zu wissen, wenn man sich da nie Gedanken zu gemacht hat?
Und überhaupt, was soll dieser Satz „Weil es halt so ist“ ….warum ist es denn so?
Irgendwas scheinen andere intuitiv zu erfassen, was ich nicht erfassen kann.
Aber erklären, was sie da intuitiv erfassen, kann mir kaum einer und somit kann ich es oft auch nicht wirklich verstehen.
Manches an Verhalten kann ich imitieren. Das geht. Aber Imitieren setzt nicht ein Verstehen voraus und ich liege häufig völlig daneben.
So verstehe ich oft nicht, warum in manchen Situationen ein Drücker erwartet wird. Genauso aber auch nicht, warum manche mich in gewissen Situationen drücken oder trösten wollen.
Viele Fragen eben, vieles, was ich nicht verstehe, warum Menschen so handeln und denken, wie sie es tun.
Eine Freundin meinte mal, es wäre immer sehr interessant mit mir zu reden. Durch mich wurde ihr vieles „bewusster“. Ich denke über Dinge nach, da hat sie sich nie sonderlich Gedanken drum gemacht. Ich verstehe nur nicht, warum man sich da keine Gedanken darum macht. Wie macht ihr das, Dinge so hinnehmen, wie sie sind, einfach weil sie so sind?
Das ist mir schon aufgefallen. Dass ich in vielem die Dinge auf dieser Welt anders sehe.
Nicht nur auf das sehen reduziert, sondern eben auch, wie ich sie wahrnehme, wie ich in ihr denke und wie ich sie mir selber erkläre.
Ich bin beispielsweise ein sehr gerechter und ehrlicher Mensch. Manchmal auch zu meinem Nachteil. Aber wenn es nunmal so ist.
Es kann nicht immer zu meinem Vorteil sein.
Warum drehen Menschen die Wahrheit so, dass sie im Vorteil stehen? Ich kenne so manche Person, die das so macht.
Manchmal werden noch Aussagen oder Handlungen während des Gesprächs gedreht. Nur damit man selber nicht als dumm oder schlecht dasteht. Blöd dabei nur, dass ich mir Gespräche im Wortlaut merken kann, auch manchmal über längere Zeiträume und ich registriere das dann immer und habe dann auch die Angewohnheit die Person darauf anzusprechen. Das hat schon häufig zum Streit geführt. Warum kann man nicht einfach zu dem stehen, was man gesagt hat. Oder eventuell tatsächlich nicht weiß, es einfach mal so stehen lassen oder einfach sich selbst eingestehen, das man es eventuell nicht mitbekommen oder falsch verstanden hat.
Ich sage manchmal Dinge, habe einen Hang dazu verbessern zu wollen oder Aussagen zu berichtigen. Manchmal wird das falsch verstanden und als Angriff gewertet. Wenn ich merke das was schief läuft ziehe ich mich meist drastisch zurück. Manchmal sogar, indem ich ein Forum oder eine Gruppe verlasse. Aber ich suche dann parallel immer den Fehler oder die Schuld bei mir. Selten bei anderen.
Dieses Gefühl nicht verstanden zu werden, das kenne ich gut. Aber ich gestehe ein, das ich manchmal genauso wenig verstehe.
Ich habe auch oft die Angewohnheit auf meinen Standpunkt zu beharren. Gerade in solchen Situationen ist es besser, sich aus der Situation zu ziehen und sich dann Gedanken darüber zu machen, ob man wirklich was falsch gemacht hat. Ich habe auch das Glück, das ich Freunde habe, die nochmal einen zweiten Blick darauf werfen können. Auf diese Weise kann ich auch mal von meinem Standpunkt abweichen oder zugeben, das ich wohl falsch lag.
Solche Konflikte hatte ich viele. Vor allem auch mit meinem Mann. Irgendwie hatte die Kommunikation nie wirklich zwischen uns funktioniert.
Beispielsweise sag ich ihm, das ich mit der Person noch „nicht“ gesprochen habe und er sagt er redet mit ihr direkt. Dann schreibt er zurück, dass die Person ja noch gar nichts davon wusste und darüber war er verärgert. Äh ja, logisch. Ich hatte ja noch nicht mit ihr geredet *seufz*
Warum hören Menschen nicht genau zu? Oder fragen nach, wenn sie es nicht genau verstanden haben? Warum interpretieren sie soviel hinein.
Warum können viele nicht zugeben, falsch zu liegen. Auch hier die Frage, warum behaupten sie oft vehement etwas genau zu wissen, wenn dem so nicht ist?
Für mich ist das „warum“ und „wieso“ initial wichtig. Ich muss die Muster erkennen. Ordne immer alles nach Mustern ein. Und um das zu können, muss ich es wirklich verstehen. Dinge, die ich nicht wirklich verstehen kann, die kann ich auch nicht wiedergeben oder so genau formulieren, das sie andere auch verstehen.
Ist mir letztens wieder mit einer Frage so gegangen. Da ging es um das Thema „Termine machen“. Ich hatte das Problem daran verstanden, da ich es auch oft so erlebe. Aber ich konnte es nicht genau formulieren.
Mir fehlte dazu das Verstehen der anderen Seite. Wie soll man etwas genau erklären, wenn man den anderen und damit seine Reaktion nicht genau verstanden hat.
Ich habe dann wie gesagt oft die Angewohnheit zu fragen. Manche wundern sich über diese Fragen und ich wundere mich, warum sie sich wundern. Vor allem wundere ich mich, das sie die Antwort dazu nicht wirklich kennen, aber es vorbehaltlos als das annehmen, was es in ihren Augen halt ist. Scheinbar muss dieses „halt so sein“ was Kollektives sein. Denn irgendwie deckt sich das Handeln danach mit anderen. Nur erschliesst sich mir das „halt so sein“ nicht.
Ob es der kleinste gemeinsame Nenner bei den Nichtautisten ist?
Das sie da ein Wissen haben, an das ich nicht rankomme. Das intuitive erfassen von Situationen. Das Hineinversetzen, das ich nicht kann? Das annehmen von Dingen, weil sie eben so sind und es kollektiv so gesehen wird?
„weil es einfach so ist und es alle so machen“
Ist das vielleicht das Geheimnis, das es mir so schwer macht?
Ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die viel hinterfragen. Das ist nicht unbedingt eine reine autistische Angewohnheit. Außer vielleicht die Fragen an sich. Warum bewegt der jetzt seine Hand so. Was bedeutet diese Geste und warum macht diese das.Warum soll ich sie jetzt in den Arm nehmen und was um Himmels willen ist das? Ich google viel. Versuche Antworten zu finden. Aber manche Dinge entziehen sich meinem Verständnis. Lassen sich logisch nicht erklären. Manche Reaktionen sind so anders, als ich reagiert hätte und ich wüsste manchmal einfach gerne, warum.
Laoyafo sagte:
Es geht mir sehr oft, fast immer, genau so, wie Du es beschreibst. Was ist „normal“? Für mich gibt es immer tausend Möglichkeiten.
Wer die Lügen der Gesellschaft nicht mitmachen will oder kann, der verlegt die Ecken und Kanten nach außen. Zu lügen ist furchtbar anstrengend. Damit zu leben, wie die Wahrheit bei anderen ankommt, ist auch anstrengend, aber innerlich haben wir unseren Frieden.
maedel sagte:
das stimmt
Ismael Kluever sagte:
Soooooo viele Fragen!
Wo soll ich da anfangen? 😀
Für den Anfang nur ein kurzer Impuls:
Die meisten neurotypischen Menschen gehen nicht systematisch, sondern systemisch vor. D. h. sie fragen nicht nach prinzipiellen Dingen, sondern danach, was sie in der aktuellen Situation voranbringt, also nach dem nächsten Schritt, der zu tun ist.
Das ist im Alltagsleben unglaublich effektiv.
Aber es lass grundsätzliche Seinsfragen („Was ist Liebe?“) oft außer acht. Und damit leider oft auch ethische Grundsätze.
maedel sagte:
hm, am besten bei Frage 1 und dann durcharbeiten *lol*
Martina sagte:
In der Arbeit von Professor Asperger wird das Thema auch kurz angesprochen, da heißt es sinngemäß, dass Autisten sich wahrscheinlich ALLES kognitiv erarbeiten müssten, da sie nicht instinktiv lernen, sondern ganz bewusst. Und da dies von Anfang an so ist, haben sie die Fähigkeit zu bewusstem Lernen. Aber halt nicht zu instinkthaftem Verhalten. Erklärt mE auch, warum wir soviel fragen müssen 😉
maedel sagte:
die Arbeit kenne ich auch und ja, ich glaube, da ist was wahres dran.
Gedankenrebellion sagte:
Du hast es wieder auf den Punkt gebracht.
Woran ich bei deinem Text sofort dachte, war ein Lieblingssatz meiner Tierärztin: „Wir bleiben in Kontakt.“
Anscheinend wissen die meisten Menschen instinktiv, was damit gemeint ist.
Mir hingegen ging durch den Kopf: „In Kontakt bleiben? Heißt das, dass ich mich telefonisch melden soll? Wenn ja, wann und was will sie dann wissen? Oder will sie sich melden? Oder meint sie damit einfach nur, dass wir uns ja irgendwann wieder sprechen, wenn ich wieder mit einem Tier zum Arzt muss? Hat dieser Satz überhaupt eine Bedeutung für sie oder hätte sie ihn auch weglassen können?“
Ich glaube, diese ganze Batterie an weiterführende Fragen stellen sich die meisten nicht.
maedel sagte:
ja, solche Situationen und vor allem die „Batterie“ an weiterführenden Fragen kenne ich auch nur zu gut.
nimabe sagte:
‚weil es so ist‘ die Un-Antwort schlechthin. Verwirrt mich immer total.
maedel sagte:
mich auch. Und die anderen, weil dann meist ein „warum“ folgt.
Bite sagte:
Hast Du schon mal so etwa gemacht: Ein Wort so lange hintereinander zu sagen, das mann die Bedeutung von dem Wort vergisst? Versuch ob es bei dir auch funktioniert. Ein Wort wie „Teppich“. Immer wieder schnell hintereinander. Ganz lange. Hast Du am Ende für ein Augenblick nicht die Bedeutung vergessen? Einfach vergessen was ein Teppich noch mal war?
Ich glaube das die meisten lieben und lieben. Wenn sie jung sind finden sie sehr viele Wörter Liebe zu beschreiben. Ihre Eltern, Kinder, immer wieder neue Männer/Frauen usw… und irrgendwann folgen sie diesen Impulsen und können es aber nicht mehr erklären warum. Dazu sollte man noch bedenken, das für jeden menschen Liebe etwas Anderes ist.
Über Liebe gibt es sehr viele Gedichte, in jede Sprache der Welt. Und jeder Gedicht ist Anders.
maedel sagte:
wenn ich mich darauf konzentrieren soll, Teppich immer wieder in schneller Reihenfolge aufzusagen, dann habe ich auch das Bild von einem Teppich vor meinen Augen. Ich verstehe nicht so ganz, wie man die Bedeutung eines Wortes (vor allem wenn es einen Gegenstand bezeichnet) vergessen kann. Mir sind Worte sehr wichtig. Da ich nonverbales nicht intuiiv erfassen kann, sind sie doch oft alles was ich habe.
Es stimmt schon, Liebe hat viele Facetten und jeder für sich sieht es anders. Setzt seine Prioritäten und Deffinitionen an anderer, individueller Stelle.
Es geht ja nicht nur um die Liebe. Es sind viele Dinge, wo gesagt werden, ohne die Bedeutung dahinter zu wissen. Es interessiert teilweise nicht mal und ich frage mich nunmal warum das so ist.
Bite sagte:
Acha, du wunderst dich das die meisten Menschen erst gar nicht hinterfragen?
maedel sagte:
Ich denke jeder hinterfragt auf seine Weise. Ich wundere mich, das manche Dinge als „kollektiv“ gegeben hingenommen werden „weil es halt so ist“. Da scheint ein kollektives Verständniss zu sein, hinter das ich nicht komme.
Bite sagte:
Na, ja, es liegt an Asperger- Syndrom. Ich kann versuchen es dir zu erklären mit Hilfe von einen Einfachen Beispiel. Ich habe nämlich ein Kind mit AS und glaube es zu können. Nur ich wäre liebe eine email schreiben. Ist das ok?
maedel sagte:
nun, im Impressum des Blogs ist meine Emailadresse hinterlegt. Es steht jedem frei, mir eine zu schicken 😀