Schlagwörter
AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, Funktionieren, HFA, Hochfunktionaler Autist, Schmerzempfinden, Schmerzen
In den letzten Tagen würde ich häufig gefragt, wie es mir nun geht, und was meine Schmerzen so machen.
Es geht mir sehr viel besser, auch wenn ich immer noch die postoperativen Schmerzen habe. Aber diese sind wenigstens händelbar. Mein Lebensmut ist wieder zurück und ich funktioniere wieder, wenn auch mit Abstrichen.
Oft ist mir dabei aufgefallen, dass nicht ganz rüber kam, wie schmerzhaft es vorher eigentlich war und wenn, dann wurde es nicht verstanden, warum ich überhaupt so lange durchgehalten hatte.
Wenn man überhaupt nachvollziehen kann. Jeder empfindet Schmerz anders.
Ich hatte bislang vermieden, das ganze Ausmaß der Schmerzen der letzten Wochen detailliert zu beschreiben.
Zum Teil, weil peinliche Situationen dabei waren…Wenn man brüllend vor Schmerzen im Wohnzimmer steht, weil man schnell aufstehen wollte, um zur Toilette zu gehen und man in diesem Moment nicht mehr halten kann, und sich an Ort und Stelle entleert, dann sind das peinliche Momente, die ich normal für mich behalten möchte…
Aber auch zum Teil aus Angst vor Vorwürfen, weil die wenigsten wirklich verstehen, wie wichtig mir in dem Zusammenhang Abläufe sind und wieviel ich bereit bin dafür auszuhalten.
Oft kommt es mir dann auch vor wie jammern und da ich zusätzlich Probleme damit habe meine Schmerzen richtig einzuschätzen, weiß ich nie so recht wie angebracht das wäre. Mir ist aufgefallen, dass ich häufig theatralisch übertreiben muss um ernst genommen zu werden, nur erschließt sich mir das Warum nicht. So gehe ich doch davon aus, dass ein Arzt meiner sachlichen Beschreibung sehr wohl folgen kann und ich traue ihm dann eine eigene fachliche Einschätzung zu. Aber irgendwie scheint dies zuviel verlangt. So passiert es oft, dass ich gar nicht erst genommen werde oder als unglaubwürdig dastehe.
Aber warum ist das so?
„Man sieht dir Schmerzen kaum an und du beschreibst sie zu sachlich, kurz und knapp halt, spielst es fast runter und so kommt das Ausmaß nicht richtig rüber.“ beschreibt es mein Mitbewohner, der mich diesmal zu jedem Arztbesuch begleitet hatte.
Aber er hat auch versucht den Ärzten klar zu machen wie seine Außensicht auf mich ist und dennoch hatten wir beide den Eindruck, dass ich nicht ernst genommen wurde. Ich vermute da noch einen anderen Hintergrund.
„Sie stehen ja da, das funktioniert ja“ oder „so schlimm scheint es nicht zu sein“ sind Sätze, die ich in den letzten Wochen oft gehört habe.
Vielen Autisten sagt man nach, dass sie Schmerzen nicht deutlich zeigen, oft auch überspielen oder trotzdem einfach weiter machen. Mir sieht man Schmerzen beispielsweise häufig gar nicht an. Höchstens mal schütteln, irgendwas umbinden. Zum Teil liegt es daran, dass manche Autisten ein anderes Schmerzempfinden haben, so auch ich. Auch mit daran, das wir nonverbal oftmals gar nicht oder anders ausdrücken. Aber eben nicht nur daran.
Bei mir, und das habe ich auch bei meinen Kindern beobachtet, ist es auch oft einfach der Umstand, dass mein Ablauf empfindlich gestört wird durch eine Verletzung oder eine Krankheit und das geht gar nicht. Immer weiter funktionieren. Und dafür nehme ich sehr viel in Kauf.
Zum Arzt gehen, allein schon, bedeutet ein Bruch der Routine, eventuell anfasst werden und kann die Folge haben, dass der Tag völlig im Eimer ist. Wie oft habe ich beobachtet, dass mein Sohn sich wirklich weh tat und einfach darüber gehoppelt ist. Einfach weiter macht. Viele würden jetzt sagen, dass hat er gar nicht gespürt. Doch hat er, aber er macht einfach weiter. Ein Unterbrechen ist nicht möglich.
Auch ich habe die Fähigkeit oder vielleicht einfach nur diesen enorm starken Willen, der mich sehr starke Schmerzen aushalten lässt. Hauptsache ich funktioniere dann wieder.
Gerade im Bezug auf meine Schmerzen am Ischias durch den Bandscheibenvorfall hatte ich versucht, der Ärztin es so zu beschreiben.
Wenn ich versuchte aufzustehen, merkte ich den Moment wo es blockiert war. Wo es vermeintlich nicht weiter geht. Zu sehr wehtut um sich überhaupt weiter zu rühren. Vielleicht genau der Augenblick, wo viele einfach verharren würden. Blieb ich in dieser Position, dann war mein Bein komplett weg. Zehenstand war nicht mehr möglich, mein Knöchel war nicht mehr kontrollierbar, knickte ständig weg und um die Hüfte war alles gefühllos. Wenn man da reinstach, habe ich es nicht mitbekommen. So gar nicht. In dieser Position war gar nichts mehr möglich. Kein Wasserhalten oder sonstwas. Neurologischer Totalausfall nennen das die Ärzte und normalerweise eine sofortige Indikation zur OP. Aber da war mein Wille. Also habe ich mich gewunden und verdreht und unter Schmerzen genau die Position gesucht, die mir erlaubt mich doch ganz aufzurichten. Resultat war, dass aus dem Ausfall ein Kribbeln wurde, aber leider auch, dass ich das ganze mit höllischen Schmerzen quittieren musste. Schwallartig, immer schwächer werdend.
Dieser Moment beschrieb ich als ein langsames Ziehen, das immer stärker wurde. Wie, wenn man ein Gummi langsam über eine Kante spannt und das immer mehr unter Spannung gerät. Dieser Moment, wenn dieses Gummi fazzt….unerträglich und meist von mir durch zittern und schreien quittiert. Aber ich stand und mein Bein war wieder brauchbar, auch wenn ich dann noch ein wenig gelahmt habe.
Somit hatte ich auch auf die Frage „ob ich neurologische Ausfälle hätte“ insofern immer ehrlich beantwortet, das es nur zeitweise bei mir so wäre. Also wurde beschlossen zu warten. Ich war irgendwo unglaubwürdig geworden oder falsch eingeschätzt?
Tatsächlich hätte das sofort operiert gehört, so wie es auch bei seqstrierten Bandscheibenvorfällen, wie ich ihn hatte, empfohlen wird.
Vielleicht wäre für mich auch hier der richtige Zeitpunkt gewesen klar die OP sofort zu fordern.
Aber kann ich mir so ein Urteil wirklich anmaßen?
Das Problem an dieser Stelle ist ja nicht nur, dass andere so denken, das es ja funktioniert. Ich denke ja selber so. Es funktioniert ja und das rede ich mir selbst solange ein, bis wirklich gar nichts mehr geht. Zusätzlich noch die Problematik, das ich Schwierigkeiten habe, Schmerzen richtig einzuschätzen. Immerhin saß ich auch schon mit blutiger Angina vorm Arzt und hab von leichtem Halskratzen berichtet, und solche Dinge waren keine Seltenheit.
Vielleicht wurde es gerade auch dadurch verschleiert, weil ich unbedingt trotz allem zu meiner Arbeiswoche wollte. Die endgültige Entscheidung wurde mir überlassen.
So entschied ich trotzdem zu Auticon zu gehen. Ich wollte das unbedingt und somit ziehe ich sowas auch durch und da die Ärztin mir da grünes Licht gab, war das für mich auch durchaus durchführbar. In der Zeit verzichte ich völlig auf die Opiate. Eigentlich die meiste Zeit. Aus demselben Grund, warum ich nie Drogen genommen habe oder keinen Alkohol trinke. Ich mag dieses Grundgefühl nicht. Wenn ich nicht ganz da, nicht klar im Kopf bin. Wenn die Sicht verschwimmt oder ich müde von dem Zeug werde. Ich mag es nicht, die Kontrolle zu verlieren. Die Schmerzen nahm ich dann in Kauf und stopfte mich stattdessen mit starken Ibus voll. Leider wirkten diese nur max. 1,5 Stunden, wo es auch nur erträglich war, so dass ich nicht schreien musste. Gegen den rein neuronalen Schmerz beim Aufstehen halfen sie gar nicht. Aber auch die Opiate nicht, das muss man dazu sagen.
Danach war die Wirkung komplett verpufft und mit der nächsten Einnahme musste ich ja warten.
Ich habe mich dennoch durchgebissen und ich denke, ich kann da auch stolz darauf sein. Ich habe funktioniert und ich glaube, ich hätte mir ewig Vorwürfe gemacht, wenn ich das nicht durchgezogen hatte.
Allerdings verschlechterte sich mein Zustand im Laufe der nächsten Woche immer mehr. Was anfangs nur zeitweise war wurde zum Dauerzustand. Die Schmerzmittel halfen fast gar nicht mehr und das Aufstehen und sich Zwingen wurde immer mehr zur Qual. Immer schmerzhafter. Die neuronalen Ausfälle immer deutlicher und meine Kräfte, mein Wille, immer schwächer.
Ich begann Angst vor dem Moment zu bekommen. Das Schlimmste daran war zu wissen, das es gleich sehr, sehr weh tun wird und ich nichts dagegen tun kann.
Dieser starke Wille immer weiter zu funktionieren wurde immer mehr gebrochen und zum Schluss lag ich fast nur noch. Wer mich wirklich kennt, weiß, dass dies so gar nicht in meiner Natur liegt.
Das ich meine Pläne und Abläufe fahren lasse, das sieht mir gar nicht ähnlich.
Erschreckend waren für mich in der Phase meine Gedanken. Man kommt da wirklich auf sehr komische Schlussfolgerungen und normal bin ich nicht mal ansatzweise suizidal. Aber oft wünschte ich mir, dass alles einfach nur noch schwarz wäre. Nicht mehr da.
Mitbewohner war schon lange an dem Punkt, an dem er das nicht mehr mit ansehen konnte. Immerhin kennt er mich sehr gut und er weiß, wie ich normal mit Schmerzen umgehe.
Aber es half nichts. Die Ärztin selber war im Urlaub und würde erst zum geplanten Termin wieder da sein.
Wieder ins Krankenhaus zur NotOP, würden jetzt manche sagen.
Aber hätten Sie mir wirklich geglaubt? Ich bezweifle es.
Ist diese Haltung auf Grund meiner Erfahrung nicht irgendwo verständlich?
Und wie kann man sowas vielleicht ändern?
Wie kann man Ärzte so sensibilisieren?
Und wie soll ich das entscheiden, wenn das nicht mal die Ärzte können?
Das frage ich mich wirklich.
Inzwischen ist eine Woche nach der OP vergangen. Der Beinschmerz beim Aufstehen und die Ausfälle waren bis auf die bei der Hüfte sofort nach OP weg. Die restlichen Schmerzen sind mit Schmerzmittel händelbar und Opiate brauche ich gar keine mehr.
Selbst die Ibus kann ich schon reduzieren.
So hätte es eigentlich gleich sein können, aber ich glaube, am meisten stand ich mir da mal wieder selbst im Weg.
Ich und mein Wille, das alles weiter funktionieren muss. Das meine Pläne und Abläufe nicht gestört werden dürfen und mein Unvermögen hier zu entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt gewesen wäre STOP zu sagen.
Update:
In diesem Artikel ging es mir weniger darum Mitleid zu erregen. Vielmehr darum aufzuzeigen, welch Schwierigkeiten auftreten können, in Zusammenhang mit verändertem Schmerzempfinden, Außenwirkung von Autisten und dem Problem, das einem der Bruch der Routine oder Abläufe mehr Sorgen bereitet, als der Schmerz an sich.
Oft macht mich eine Verletzung einfach wütend, weil es mich daran hindert weiter zu machen.
Auch das kann missverstanden werden.
Dazu eben die Unsicherheit, weil man ja gemerkt hat, das die eigene Eigenschätzung der Schmerzen oftmals daneben lag.
Mir ging es darum aufzuzeigen, wie genau man bei Autisten wirklich hinsehen sollte.
Vielleicht verständlicher erklärt. Nur weil ich sage „es geht“ heißt es noch lange nicht, dass ich nicht doch zum Arzt sollte.
Leider ist das allein, bei mir oft schon ein Kraftakt, mich da überhaupt hinzubekommen.
Abschließend ein Zitat von Attwood, das hier wirklich gut reinpasst:
“ sagt ein Autist endlich AUA, sofort! zum Arzt“
Auch lesenswert zum Thema von „frühkindliche Autisten teilen sich mit“
DANKE den drucke ich mir aus und nehm ihn mit, wenn ich zum ortopäden muss
Ich bin mir da sehr sicher, dass Du Dir sehr im Weg gestanden hast und vielleicht würde es helfen Deine Beschwerden wirklich bildlich zu erklären, da ein leichtes Kratzen im Hals natürlich weit weniger schlimm klingt, als eine blutige Angina tatsächlich ist (als Beispiel). Aber: Vielleicht wäre auch eine schriftliche INfo für Deine Ärzte, dass Du Schmerzen weniger stark wahrnimmst, oft nicht mal lokalisieren kannst und wegen der Routinen, die Sicherheit geben, auch aushälst, obwohl sie Dich schon an Deine Brelastungsgrenze führen wichtig, damit der Arzt das bei jeder Untersuchung mit berücksichtigt und dadurch vielleicht auch zeitnaher darauf besteht, dass gehandelt wird und Dir kein „grünes LIcht“ gibt, um weiter arbeiten zu gehen. Ich wünsche Dir weiterhin eine gute Besserung. LG Sabrina
Das hatte ich schonmal versucht. Das Problem hierbei war dann, das man mir erklärte, das sie als Ärzte nur Empfehlungen geben dürfen außer in Notfällen.
Sie dürfen nichts tun, was mich „überreden“ könnte.
(Y)
Dann brauchst du eine Bezugsperson, auf die du dann hörst. Ich sach ja immer wollen tu ich viel, aber nicht immer ist es richtig, es dann auch zu tun. Vllt. braucht man als Autist eine Person die die Gesundheitsfürsorge übernimmt weil man es selber nicht kann. Im Extremfall könnte man sich als Autist sich ja leichtfertig umbringen, weil man die entspr. Warnschmerzsignale ignoriert. Das führt zur Frage was wichtiger ist die Routinen oder die Gesundheit. Da wären Strategien aus der kongnitiven Verhaltenstherapie nützlich. Zu viele Ibus hinteneinander schädigen den Magen, was die Wahrscheinlichkeit einer Magen-OP erhöht. Das ist ja das Kranke an unserer Gesellschaft, funktionieren müssen ist angesagt bis der Körper ganz kaputt ist. Ich glaub es es ist wichtig sich vor Augen zu halten dass man keine Ersatzkörper bekommt und u.U. mit sehr schlimmem Schmerzen dauernd leben muss, weil man nicht rechtzeitig gehandelt hat.
Bei mir wurde ein Knöchelbruch auf diese Weise nicht rechtzeitig behandelt, was mir Probleme macht und mich ärgert.
sicher, Bezugsperson hatte ich ja auch dabei. Es nützt nur nix, wenn die Ärztin den Ernst der Lage nicht erkennt.
Die Angst habe ich oft. Das irgendwann was wichtiges untergeht. Es ist ja meist schon ein Kraftakt, mich überhaupt zum Arzt zu bekommen.
Normalerweise hast du Recht, Gesundheit muss vorgehen und würde ich auch jedem so raten.
Warum ich dann selber diesen Ratschlag gar nicht umsetzen kann? hm…
Gute Frage.
wenn du die lösung gefunden hast, teilst du sie mit mir?
gez. größter arztfeigling von allen
Pingback: Schmerzen reblog von innerwelt | Frühkindliche Autisten teilen sich mit :)
Hat dies auf melli´s kleines nähkästchen rebloggt und kommentierte:
Abschließend ein Zitat von Attwood, das hier wirklich gut reinpasst:
” sagt ein Autist endlich AUA, sofort! zum Arzt”
Da ist er ja der text…
und hier nun der versprochene kommentar.
das ist gar nicht mal so einfach. das thema hat wirklich potential, sich in einzelheiten zu ergehen, was aber der botschaft „schmerzerkennen ist bei autisten nicht ganz einfach. ein umstand, der mitunter zu zu später oder falscher behandlung führt“ abträglich wäre.
deine geschichte ist soweit ich bisher mitbekommen habe, definitv nicht die einzige ihrer art.
das gute ist, ich kenne dich soweit gut genug, um zu wissen, dass ich dich nicht verletze mit dieser aussage.
denn es geht dir nicht um mitleid oder das darstellen deiner schmerzen, es geht um das kernproblem. unsere kommunikation ist aber an der stelle auch ganz klar sachlich mit dem wissen, dass wir beide nicht unbedingt zu spontanem mitleid neigen.
im gespräch heute war eine aussage von mir „ok, bei mir kommt die botschfat an, ich reg mich grad auf ein shutdown bahnt sich an“ deine antwort war: „supi“…es ließ mich in der tat schmunzeln – denn genau darum ging es: um die botschaft, nicht um sich gegenseitig zu bemitleiden.
das fragtest du mich auch heute: „wird die kernaussage deutlich?“ meine antwort war: „ich hoffe es, bin mir aber unsicher, da schmerzen immer dazu geeignet sind vom thema abzulenken“
es ist ein wichtiges thema zusammen mit paradoxen reaktionen auf medikamente und betreuung im krankheitsfall.
ich hab den verlauf ja auch mitbekommen – alle termine wurden folgerichtig eingehalten – nur den ausschlag gab das ct bild.
aber wer macht denn als arzt auf verdacht ein ct bild? du hast dargestellt, was bei dir passieren musste, bis die aufnahmen gemacht wurden.
meine bezugsperson wusste im übrigen sofort was ich meinte, als ich ihm davon erzählte: „es ist wirklich erstaunlich, was alles passieren muss, bis man behandelt wird“ er kennt das phänomen von mir, dass schmerzen an sich nicht unbedingt ernst genommen werden. abhilfe hätte er aber auch nicht gewusst.
ich schätze mal, es hat dich niemand gefragt: „machen sie sich nass vor schmerzen wenn sie aufstehen?“ warum sollte man auch? „haben sie neurologische ausfälle?“ reicht ja in der regel, wenn man weiß was das ist und zum anderen hast du ja gesagt, es tut sehr weh – eine dramatisierung war nicht notwendig.
ähnlich ist es übrigens beim erkennen von migräne „haben sie auren“/“neurologische ausfälle?
beim letzten mal hab ich wahrheitsgemäß geantwortet: „herr doktor, woher soll ich das wissen? a) bin ich kein arzt und b) ist mein nervensystem dauerüberlastet. klar hab ich mitunter starke kopfschmezen, sicherlich treten die auch einseitig auf und ja, ab und an hab ich „augen-faxen und sehe schlieren oder eingeschränkt oder schatten. tritt nur nicht immer zeitgleich mit den kopfschmerzen auf. ich hab keine ahnung, ob das migräne ist. dass ich schmerzen mitunter anders wahrnehme, haben sie mir gard sekber bestätigt, sie haben die ausgeprägte entzündung bemerkt, nicht ich – ich bin hier zur routine untersuchung nicht weil es weht tat, ich hab davon gar nichts bemerkt dachte aber die schmerzen durch die verspannung wären mal wieder ne zyste.“ wir haben uns auf: vermutlich keine migräne aber „sofortiges bescheid sagen, wenn eine auftritt“ geeinigt. joa, wird man dann sehen…denn genau wie du, hab ich da jetzt eine fülle von optionen und kosequenzen die ich berücksichtigen muss.
es muss auch schwer sein für einen arzt, patienten die wirklich gesund erscheinen, bei sowas ernst zu nehmen.
es ist ja auch kein vorwurf, sondern eher die bitte, dass es eventuell mal allgemein untersucht und annerkannt wird. weil es mitunter konsequenzen haben kann.
und man dann marker an die hand bekommt, wie man sowas erkennt.
rein sachlich, denn es geht nicht ums jammern…es müsste eine nicht-nonverbale-kommunikation her.
😉
Man muss vielleicht dazu sagen, das Talyn und ich heute via WhatsApp unterhalten hatten und ich mir unsicher war, ob die Kernaussage im Text wirklich rüberkommt. Einfach auch aus der Tatsache heraus, das sofort von allen Seiten „Gute Besserungswünsche“ kamen und das so gar nicht von mir gemeint war.
Daraus entstand das Update, um den Kern des Textes nochmal klar hervorzuheben.
Und ja, Talyn hat oft ein ziemlich gutes Verständnis dafür, was ich wirklich aussagen will, da wir in etwa auf demselben Weg kommunizieren.
„Abschließend ein Zitat von Attwood, das hier wirklich gut reinpasst:
” sagt ein Autist endlich AUA, sofort! zum Arzt” “
Und was ist mit den Autisten die nicht AUA sagen? Auf das Warten von AUA sagen, hätte ich z.B. bei meinem A Sohn lange warten können…er hat sich als Kleinkind zu Schmerzen nie geäußert, da war ich stets gefordert ihn ständig aufmerksam zu beobachten. Und selbst dann lag ich mit meinen Vermutungen nicht immer richtig. (Z.B. eine schwere Mittelohrentzündung wurde bei ihm einige male so gar erst dann festgestellt, als sie bereits schon wieder am Abklingen war. Da wurde ich so manches mal gefragt warum ich erst jetzt mit dem Kind beim Ohrenarzt vorstellig geworden bin…das Kind müsse doch Schmerzen gehabt und signalisiert haben. Leider war dem aber nicht so.)
Auch heute äußert er sich immer noch nicht so wirklich zu Schmerzen…jedoch habe ich durch aufmerksames Beobachten gelernt, dennoch früh bei ihm Veränderungen festzustellen.
Auch bei meinem Mann (kein Autist) wird man nicht hören dass er sich zu Schmerzen äußert…jedoch er neigt bei Schmerzen dazu sich in sich zurückzuziehen und schweigsam zu werden, was ansonsten so nicht der Fall bei ihm ist.
Bei meinem A Sohn ist es zwar nicht ganz so einfach, aber dennoch habe ich auch bei ihm „Zeichen“ erkannt die mir zu verstehen gaben, dass ihn anscheinend irgendein störender Schmerz zu schaffen macht…sagen dass er Schmerzen hat, tut er jedenfalls nicht.
Was jetzt mein eigenes Schmerzempfinden angeht, so habe ich ebenfalls ein völlig abweichendes…halt eben mein eigenes Schmerzempfinden. Es gibt Schmerzen die mich völlig unberührt lassen und dann gibt es Schmerzen die ich extrem störend empfinde, z.B. eine leichte kaum vorhandene Schnittwunde oder ein winziger Mückenstich.
Den Arzt den ich vor einigen Jahren deswegen einmal aufsuchte meinte nur völlig verständnislos: „Und für so einen Mückenstich kommen Sie zu mir in die Praxis?“
Ist halt eben schwer zu beschreiben was jetzt mein Schmerzempfinden angeht, aber ich denke man kann da auch nicht einfach davon ausgehen dass alle Menschen ein „genormtes“ Schmerzempfinden haben…jeder Mensch ist anders und jeder Mensch empfindet auch anders.
Man sollte da grundsätzlich versuchen ein wenig mehr Verständnis aufzubringen.
nun, hatte ja im Text geschrieben, das eben nicht immer ein AUA kommt. Ist bei mir ja auch so. Oft sag ich gar nichts oder geht.
das zitat stammt aus einem interview, in dem attwood die relevanz das schmerzthemas an einer patientin erörterte, die analog zu dem was zarinka sagt, auch nur wahrheitsgemäß antwortete, ihr täte halt die schulter weh. jeder hat mal schmerzen in der schulter – nicht immer muss man damit zum arzt. bei dieser patientin kam es aber wohl zum abklemmen (entweder eines blutgefäßes oder eines nerves – da verlässt mich grad die deitailerinnerung) was an sich eine schwerwiegende erkrankung sein soll, die ernsthafte konsequenzen hat und im „normal“fall wohl so weh tut, dass es gar nicht mehr erfragt werden muss, ob es weh tut, da „man es erkennt“ (ich vermute heulen etc)…
deswegen passt das zitat, denn es geht um schmerz erkennen und das äußern eben diesens, das manchmal bei vermeintlichen kleinigkeiten erfolgt, manchmal kaum oder auch gar nicht einsetzt.
wenn es dazu kommt, dass ein autist von sich aus schmerzen angibt, solle man es ernstnehmen, sagte attwood.
dem stimme ich zu, weiß aber aus erfahrung, dass es nichht unbedingt IMMER ein marker ist für ne ernste erkrankung…wohl aber manchmal durchaus heftiger schmerz „ohne erkennbare ursache“.
eigentlich müsste der schmerz an sich behandelt werden, damit es nicht zu chronifizierungen kommt – aber ist oft nicht so.
eben weil es verkannt wird oder nicht geglaubt.
ich nehm z.b. mittlerweile immer wen mit zum arzt – trotzdem werde ich (besonders vom pflegepersonal) oftmals dem vorwurf ausgesetzt , ich simuliere um schmerzmittel zu bekommen…was kann ich dazu, dass ich auch in ner kolik noch laufen kann und generell wenn es geht, es auch tue – arztbesuche stressen mich, da hilft nur „wandern“…
beim letzten mal wurde übrigens meine medikation „versehentlich“ von novamin (eines der bei mir funktionalen schmerzmittel) zu benuron alias paracetamol abgeändert durch die schwestern…ich werde ab sofort sowas von allergisch auf paracetamol sein, das glaubt man gar nicht. ich lüge nicht gerne, aber wenn ein leichtes medikament helfen würde dabei, wäre mein humpelder gang zur apotheke und ich würde mir den stress „arzt/krankenhaus“ ersparen.
auch das etablieren einer schmerzskala basislinie wird schwer.
das es marker gibt, beschreibst du ja gut zarinka. man muss sie nur beachten als arzt.
was ich aber bemerkt hab: je erfahrener der arzt (so hausarzt urgestein) desto einfacher – letztens beim notarzt: „was führt sie her?“ mittlerweile war ich fast 30 stunden wach weil ich vor schmerzen nicht liegen konnte, meine aussage war knapp „ich hab rücken, zieht bis in die beine“ „beidseitig?“ „ja“….~der arzt drückt zielsicher in zwei muskeln, mir knickten die beine weg, aua hab ich trotzdem nicht gesagt~ „kein wunder, dass das weh tut, so verspannt wie sie sind“
es gab ohne anstand ne spritze, ein rezept auf dem sogar ein beruhigungsmittel war „damit ich mal wieder erholsam schlafe“ (von den schlafproblemen hab ich nix gesagt, keine ahnung warum er das sagte)…
dazu gratis aber den süffisanten kommentar der schwester, ich solle halt mehr sport machen…sie in ihrem alter wäre noch fit…ich hab sie dazu beglückwünscht.
aber wenn ich mal AUA sage, dann ist es auch wirklich richtig AUA und dann nimmt man es nicht ernst. Das frustriert.
Und ja, mein Schmerzempfinden ist auch anders, siehe blutige Angina, und das erschwert es zusätzlich.
Ich hab durch deinen Text für mich den Schluss gezogen, in Zukunft alle Symptome detailliert als Text zu verfassen und beim Arzt vorzulegen. Ging mir auch schon oft so, einfach nicht ernst genommen zu werden.
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