Schlagwörter
AS, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, ASS, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, HFA, Hochfunktionaler Autist, smalltalk
hm, ja…
worüber redet man jetzt da so?
Ich sitze bei der Gitarrenstunde (mittlerweile das zweite Mal) mit der Frau des Gitarrenlehrers und habe mal wieder keine Ahnung was ich sagen soll.
Ich habe das Gefühl, ich sollte was sagen.
„Soll ich ihren Kindern was zu trinken bringen?“ fragt sie plötzlich. „Äh, ja“.
Schon huscht sie in die Küche und im gehen ruft sie zurück, ob es denn eine Apfelschorle oder ein Sprudel sein soll.
„Apfelschorle“, sage ich.
Immer noch überlege ich, womit ich mit ihr sprechen soll, immerhin ist sie bald wieder da. Aber ich komme nicht wirklich zu einem Ergebnis.
Mittlerweile steht die Apfelschorle vor uns und den beiden Kleinen hat sie den Fernseher angemacht. Gut, die sind versorgt.
Sie setzt sich mit dazu und schaut zum Fernseher. Ab und an schaut sie mich an, fragt, ob die Kinder was zu naschen haben wollen und ich weise wiederholt darauf hin, das die doch Laktoseintollerant sind, nachdem sie mir inzwischen die dritte Süßigkeit präsentiert hat.
Plötzlich meldet sich mein Tablet und ich bin heilfroh jetzt wenigstens so tun zu können, als wäre ich megamäßig beschäftigt 😀
War ich ja auch, denn ab dann überlegten zwei Personen, was ich denn nur mit der Frau reden könnte.
„Wetter“ war der erste Vorschlag. Nun, das kennt sie ja wohl schon. Sie braucht ja nur rausschauen.
„Jammern“ war ein weiterer „zieht immer“…äh ok, aber worüber? Worüber jammert man denn so?
„Nächste Woche ist ein Termin in der Schule meines Großen, weil es doch Probleme in der Schule gibt“, sage ich.
Sie sagt „oh“ und fragt mich, ob der Vater denn den Jungen zu sich nehmen wird…äh, jetzt habe ich vollkommen den (Gesprächs-)Faden verloren. Was hat das denn mit dem Vater zu tun?
Verstehe ich beim besten Willen nicht.
Also starren wir wieder alle zusammen in den Fernseher, in dem irgendeine Kindersendung läuft. Meine Kleen erklärt der Frau vom Gitarrenlehrer was es mit der Sendung auf sich hat. Offensichtlich hat sie keine Probleme ein Thema zu finden 😀
„Ob es dieses Jahr noch schneien wird?“ fragt sie mich plötzlich.
Ui, jetzt reden wir tatsächlich über das Wetter und ich antworte wahrheitsgemäß „Keine Ahnung“.
Das allerdings muss wohl die falsche Antwort gewesen sein, denn sie springt plötzlich auf und gesellt sich zu ihrem Mann und meinem Großen, um eine Runde zu singen, derweil ich etwas ratlos mit meinen beiden jüngsten auf der Couch sitzen bleibe.
„Das war wohl die falsche Antwort“ lese ich in meinem Tablet, nachdem ich die Situation geschildert hatte.
„Ich glaube an der Stelle wäre sowas wie *Ach der Winter ist bestimmt noch lang, wir haben ja auch schon die Ostereier im Schnee gesucht* besser gewesen“ meint mein Gesprächspartner.
„Ahja“ antwortete ich, „das kann ich aber doch nicht wissen“ und denke darüber nach, das es bis Ostern aber noch lange hin ist und ich eigentlich gar keinen Schnee will und schon gar nicht zu Ostern.
Daraufhin überlege ich tatsächlich, ob ich nun einfach hinterherlaufen soll, als es an der Tür klingelt. Der nächste Schüler mitsamt seiner Mutter kommen herein. Ich murmle ein „Hallo“ als Antwort auf ihre Begrüßung und schon sind sie alle wieder nach hinten zum Gitarrenlehrer verschwunden.
Von hinten tönt Gelächter. Offensichtlich ist man in ein fröhliches Gespräch verwickelt, das auch nicht endet, als mein Sohn herauskommt und ich mich schleunigst dran mache, das wir da raus kommen.
Zum „rauswerfen“ kam sie dann noch vor, aber ich frage mich nun einmal mehr
„was mache ich nur immer falsch“
Nichts …………… 😉
Es ist ja keine persönliche Ebene und kein Wissen über das Gegenüber vorhanden.
Das „kann“ sich in entfernter Zeit ändern, muss aber nicht.
Ich habe zur Sicherheit immer ein Buch mit, wenn ich wo warten muss.
Meine Antwort zur Schneefrage wäre gewesen „Besser nicht“, auch nicht gut und wahrscheinlich wäre die Reaktion dann ähnlich gewesen.
Ich kann nur dann mit Menschen sprechen, wenn es ein gemeinsames Interesse gibt oder ich über einen langen Zeitraum herausbekommen habe, wie diese Menschen funktionieren.
Ist bei mir ähnlich. Ich kann auch nur dann mit Menschen sprechen wenn ein gemeinsames Interesse besteht oder ich texte sie bei starker Unsicherheit mit meinem Spezialinteresse zu.
Was aber meist auch nicht gut ankommt und ich beim letzten mal schon gemacht hatte…
Ist halt irgendwie doof, wenn man eine Stunde dort sitzt und vor lauter „ich weiß nicht was sonst tun“ die Kindersendung reinzieht.
Ja, irgendwie geben wir einigen Menschen das Gefühl, wir würden sie nicht mögen, und ist das so ganz falsch?
Ich schlage gnadenlos Themen vor, die mir gefallen. Wenn sie dann nicht mitkommen, haben die den Schwarzen Peter, nicht ich. Ich interessiere mich schon lange nicht mehr dafür, wie ich bei Leuten ankomme, nur dafür, ob ich sie verletze, denn das will ich natürlich nicht. Ich versuche, verbindlich zu sein (ein Wort, das ich früher nie verstanden habe, dachte, das ist mehr was für Sanitäter), wenn sie aber mit dem, was ich sage, nicht zurechtkommen, ist es ihr eigenes Pech.
Die Schwierigkeit war einfach, das wir in ihrem Wohnzimmer saßen und sie ist eben die Frau des Gitarrenlehrers meines Sohnes. Das werden wir also künftig jede Woche so haben und das wird auf die Dauer anstrengend. Ich hoffe, meinem Sohn entstehen dadurch keine Nachteile, nur weil ich „zu blöd“ für Smalltalk bin.
Im Grunde würde ich am liebsten gar nichts sagen, sehe da auch nicht wirklich einen Grund zu, fühle mich aber irgendwie verpflichtet…also habe das Gefühl es wird erwartet, wie es eben all die anderen Mütter machen. Ich bin aber nicht „all die anderen“ und Gemeinsamkeiten haben wir keine. Bis auf den Gitarrenlehrer halt.
Vielleicht kannst du ja ein paar Themen zurechtlegen, die du dann einbringst? Musik, was dir gefällt, wie macht dein Kind sich? Oder weiß nicht. Es muss ja nicht so seicht sein. Ein Vortrag über die Bedeutung der Gitarre seit der Renaissance… 🙂
Ich überlege schon fieberhaft. Sie ist eine ältere „Dame“ und unsere Gemeinsamkeiten bewegen sich, was ich bislang gesehen habe, gen null.
Dazu kommt, das ich ja eigentlich gar nicht groß mit ihr kommunizieren will. Zumindest nicht zu tiefgründig. Smalltalk allerdings, da habe ich wirklich kein Händchen für.
Ich werde sehen, wie es sich entwickelt.
Und wenn du einfach über deinen Sohn redest, warum er Gitarre spielt, das er sich schon auf die Stunde gefreut hat . Das du es schön findest das er solches Interesse für die Musik hat.
Kannst du während der Musikstunde mit deinen Kids nicht spazieren gehen oder musst du dort bleiben? Dann würdest du ja um jedes Gespräch rumkommen.
Werde ich dann auch machen, sobald es das Wetter zuläßt. Naja, wir sind da schon länger und das weiß sie ja schon alles. Erst durch den Umzug bin ich gezwungen meinen Sohn zu begleiten, weil er nicht mehr im Ort ist.
Oder du erklärst ihr, was es mit Deiner Einstellung zu small talk auf sich hat. Kurze Gebrauchsanleitung für den Umgang mit Autisten.
hm, sie weiß nicht, das ich Autistin bin
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Ich denke nicht, dass das ein Autismusproblem ist. Mit jemanden, den man nicht kennt und offensichtlich keine gemeinsamen Interessen hat, gezwungermaßen in seinem (!) Wohnzimmer sitzen und dann noch smalltalken? Wäre auch für mich ein Horror, als Gastgeber und als Gast gleichermaßen, und ich bin nicht autistisch. (Fremde Menschen in meinem Wohnzimmer? Und ich muss die womöglich noch unterhalten?! Geht gar nicht.)
Manchmal haben 2 Menschen eine Basis und können sich gut unterhalten, und manchmal gibt es eben keine. Hier hat sich keiner der Beteiligten ausgesucht, in dieser Situation zu sein, was sowieso keine gute Grundlage für ein Gespräch ist.
Ich kann mir vorstellen, dass die Gastgeberin ebenso unsicher ist. Wäre sie ein sehr kommunikativer Mensch, der Freude daran hat, mit allen möglichen Leuten zu quatschen, dann hätte sie selbst Themen gefunden und das Gespräch am Laufen halten können. Hat sie aber nicht. Statt dessen bot sie Getränke und mehrmals was zu naschen an. Das sieht für mich nach Unsicherheit aus. („Was mach ich jetzt mit denen? Sieht sicher doof aus, wenn ich nichts sage. Schließlich bin ich hier zuhause, also ‚müsste‘ ich doch auch meine ‚Gäste‘ unterhalten.“)
Als Gastgeber wäre ich sogar froh, wenn mein Gast ein Buch aus der Tasche nimmt und liest oder intensiv mit Handy oder Tablet beschäftigt ist. Und das wäre auch mein Tipp an dich, maedel: sei beschäftigt. Buch, Tablet, was auch immer. Vielleicht mit diesen Sätzen: „Sie haben doch nichts dagegen, dass ich die Zeit zum Lesen nutze? Das kommt oft zu kurz, und diese Stunde hier bietet sich an.“
Das entbindet euch beide (!) der vermeintlichen Pflicht zum Smalltalk.
Gute Idee.
So bist Du höflich und entbindest von „Pflicht“.