Schlagwörter
affektive Emphatie, AS, Asperger, Asperger Autismus, Asperger Syndrom, Autismus, Autismus-Spektrum-Störung, Emphatie, Gefühle, kognitive Emphatie
Anlehnend an den neuesten Artikel von Quergedachtes Autismus – Emotionen haben ist nicht schwer wage ich mich mal an das Thema Empathie heran. Denn darüber denke ich schon sehr lange nach.
Ich selber empfinde mich als empathisch, auch wenn meine Punkte zum Bereich Empathie beim Test der Uniklinik sehr gering ausfiel. Was mich doch sehr überraschte. Auch meine Erfahrungen mit anderen Autisten zeigt immer wieder, dass autistische Personen sehr wohl empathisch sind, aber vielleicht anders und oft vermischt mit der Gefühlsblindheit. Zusammen mag das den Eindruck nach außen vermitteln, dass Autisten Gefühlskalt, Emotionslos und nicht empathisch sind.
Ich bin auch recht Gefühlsblind (oder Alexithym). Das betrifft nicht nur die Gefühle und Emotionen anderer die ich meist nur schwer und manchmal gar nicht herauslesen kann, sondern auch meine eigenen Gefühle und Emotionen. Dennoch fühle ich und manchmal würde ich sogar behaupten weitaus intensiver als manch anderer. Meist kann ich ein Gefühl zunächst nur als Unruhe, Unwohlsein, Bauchweh, Bauchkribbeln, Hibbeligkeit bezeichnen. Wie sich bei mir „Freude“ anfühlt und ausdrückt, habe ich schon vor langer Zeit herausgefunden und kann es inzwischen auch gut erkennen und auch zeigen.
Bei Gefühlen die wesentlich seltener vorkommen oder eben nicht so eindeutig identifiziert sind, dauert es manchmal schon länger bis ich raus habe „was“ ich da eigentlich fühle und vor allem „wie“ ich es anderen gegenüber vernünftig beschreiben soll, so das diese auch verstehen was in mir vorgeht.
Es ist dann oft wie ein Puzzle, das ich zusammen setzten muss. Eine genaue Analyse des Tagesablaufs um herauszufinden welche Begebenheit diese beispielsweise Unruhe ausgelöst hat. Manchmal brauche ich da auch die Hilfe von außen um mir meiner eigenen Gefühle und Emotionen klar zu werden.
Nun kann man sich so vielleicht vorstellen wie es mit ganz neuen Gefühlen ist, die sich dann vielleicht auch nicht so leicht einer Begebenheit oder auch Person zuordnen lassen oder vielleicht sogar nicht generell. Da wird es schon schwerer bis manchmal unmöglich.
Gerade weil ich bei vielen Dingen nur ein Unwohlsein oder auch ein Wohlsein empfinde, macht es nicht einfach dies zuzuordnen.
Ich denke das ist auch der Kern in Sachen Empathie. Warum mich manche dennoch als sehr empathisch empfinden. Ähnlich wie bei Aleksander ist es für mich im ersten Moment wichtiger das sich jemand schlecht fühlt, weniger warum.
Allerdings denke ich auch, das es gerade das bewusst machen der Gefühlswelt in meinem Fall oder bei mir als Person, meine Art der Analyse sehr hilfreich sein kann. Gerade bei Menschen die nicht viel preisgeben wollen, es aber durch dem was sie sagen ungewollt tun. Oft erkenne und verknüpfe ich auch gewisse Verhaltensweisen eines Menschen mit einem Gefühl das sie „mal“ benannt haben. Wenn ich diese Verhaltensweise dann wieder sehe und erkenne, braucht die Person das auch kein zweites mal benennen. Allerdings muss mir dafür eine Person schon sehr vertraut sein. Ich behaupte daher, das Autisten sogar sehr feine Antennen haben. Eben nur ein Problem damit zu verknüpfen und zu benennen. Ich nehme oft kleinste Veränderung im Verhalten wahr. Ich erkenne dann eine Unruhe oder ein Unwohlsein der anderen Person. Ich denke auf die Art habe ich meine Defizite beim lesen der Körpersprache und Gesichtsmimik ausgeglichen mit den Jahren. Nur dieses dann zu benennen ist sehr schwer. Daher denke ich auch, das Empathie und die Alexithymie (Gefühlsblindheit) eng zusammen hängen.
Für mich ist es immer wichtig, das sich die Person gut fühlt an denen mir etwas liegt und die mir vertraut sind. So bin ich auch immer sehr bestrebt darin, dass es meinen Kindern gut geht und das ist für mich auch ein Teil der Definition dessen was andere als „Liebe“ bezeichnen.
Das ist dann auch die Erklärung dafür, dass eine Unruhe einer mir wichtigen Person mich selber auch in eine Unruhe stürzen kann.
Da sind wir nun auch beim Thema Empathie angelangt. Denn ich kann sehr wohl empathisch sein, aber ich muss das Gefühl bereits kennen oder eine Situation bereits durchlebt und analysiert haben.
Lange Zeit dachte auch die Fachwelt, dass Autisten gar nicht in der Lage sind empathisch zu sein. Anhand der Tests auch nicht verwunderlich. Wenn man jetzt meinen vergleichsweise ansieht mit gerade mal 4 Punkten ist das schon sehr wenig. Allerdings wandelt sich das immer mehr. Die Fachwelt unterscheidet jetzt immer mehr in kognitiver und affektiver Empathie und ich glaube, das ist ein sehr guter Ansatz um die Empathiefähigkeit eines Autisten zu beschreiben.
Kognitive und affektive Empathie
Erstmalig tauchte der Begriff Empathie als ein moderner Begriff für „Einfühlung“ auf. Seither wird viel in der Fachwelt darüber diskutiert und da auf dem ersten Blick Autisten tatsächlich ein Problem mit der Empathie haben, haftet uns seither ein Stigma an, das schwer wieder loszuwerden ist.
Durch Paul Erkmann tauchte die Unterscheidung der Empathie in kognitiver und affektiver Empathie auf und ich denke genau da liegt die Erklärung, warum Autisten doch empathisch sein können:
Empathie ist ein multidimensionales Konstrukt, bestehend aus kognitiven (dem Verstehen mentaler Zustände, Theory of Mind) und affektiven (der emotionalen Reaktion auf den Gemütszustand eines Anderen) Anteilen. Ein Mangel an Empathie gilt als zentrale Charakteristik der Autismus-Spektrumserkrankung Asperger-Syndrom (AS), obwohl die systematische und simultane Erforschung von kognitiven und affektiven Empathieanteilen aussteht.
Die Voruntersuchungen lieferten Hinweise dafür, dass Menschen mit AS beeinträchtigt sind im Einschätzen von mentalen Zuständen (kognitive Empathie), jedoch über ein ähnliches Maß an Mitgefühl (emotionale Empathie) verfügen wie Normalprobanden.
Meine Erfahrungen…
…mit anderen Autisten und auch mit mir selber zeigen mir sehr deutlich, dass Autisten sehr wohl in der Lage sind empathisch zu sein.
So ist für mich „Mobbing und Ausgrenzung“ wie für viele andere Autisten ein sehr geläufiges Thema und ich weiß wie man sich da fühlt. So kann ich in dem Bereich sehr wohl „mitempfinden“ auch wenn dieses „Mitempfinden“ mehr aus den eigenen Erfahrungen geschieht. So macht mich auch die Ausgrenzung und das Mobbing meines Sohnes ebenso hilflos, traurig und wütend wie damals und ich kann so auch verstehen wie er sich momentan hilflos, traurig und wütend fühlt. Auch die damit eingehende Phase der Frustration und später dann die Resignation. Alles Dinge die ich auch durchlebt habe und nun auch mein Sohn.
Schwieriger wird es eben mit der kognitiven Empathie, die scheinbar auf einer rein kommunikativen, teilweise sogar nonverbalen Ebene funktioniert. Genau da haben Autisten ja bekanntlich Probleme.
Erstens ist es schwer für mich zu erkennen wie der andere sich fühlt (außer ich kenne die Person und ihr Verhalten sehr gut) und zweitens kann ich eine Situation nicht nachempfinden wenn ich diese nicht schon einmal empfunden habe. Die Perspektive wechseln, mich in eine andere Person hinein zu versetzen ist mir schlichtweg nicht möglich.
Dabei kann es auch sein, das ich im Empathischen Bereich mehr gefordert bin als andere Autisten. Weil ich Kinder habe oder vielleicht durch die Tatsache das ich weiblich bin.
Daher kann man dies hier auch nur als meine Sicht der Dinge sehen.
Aber ich bin auch sehr gespannt auf eure Sicht der Dinge 😉
Unglaublich! Ich bin sehr froh, deinen Blog entdeckt zu haben! In exakt diesen Worten habe ich schon so oft versucht Familienangehörigen und sogar Therapeuten zu erklären wie ich meine Emotionen wahr bzw. nicht wahrnehme.Ich bin 27, habe die Diagnose Asperger aber erst vor ein paar Wochen bekommen und versuche mich in diesem Licht selbst noch zu erkunden. Deine Worte helfen dabei sehr und zeigen mir, dass ich an meinen Beobachtungen doch nicht so sehr zweifeln muss.
Das freut mich sehr und ist auch einer der Gründe warum ich diesen Blog eröffnet habe. Einerseits möchte ich über Autismus aufklären um anderen die „Angst“ zu nehmen und auch damit sie verstehen wie facettenreich Autismus wirklich ist.
Aber auch um AutistInnen zu helfen den Gefühlen und Situationen die sie eigentlich kennen „Namen“ geben zu können. Sie benennen zu können. Exakt das hat mir damals in meiner Selbstfindungsphase geholfen. Die AHA-Effekte sind unbezahlbar.
Ein wirklich wunderbarer Artikel? Danke!
Ich kann mich Anja nur anschließen.
Du hast sehr verständlich zusammengefasst, was auch ich immer den Therapeuten und auch der Schulbegleitung meines Sohnes zu vermitteln versuche.
Danke, Anita
Was du da beschreibst, kommt mir sehr bekannt vor. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass nachempfinden wie es anderen geht auch irgendwie anders funktioniert? Ist das nicht normal, dass man erst dann versteht, was ein anderer fühlt, wenn man selbst schonmal in der Situation gesteckt hat? Obwohl… was mich sauer macht, muss einen anderen ja nicht ebenso empfinden lassen… *grübel*.
Danke auf jeden Fall für diese Innensicht von dir 🙂
Der Artikel ist wirklich sehr konkret und gut verständlich und ich kann die Gedanken darin nur bestätigen.
Wir haben 2 Autisten in unserer Familie: meinen Partner und unserer jüngsten Sohn Alex (11). Während mein Partner sich sehr schwer damit tut, zu merken was ich denke, ist der Kleine enorm gefühlsbetont, dies aber hauptsächlich im Bezug auf Mitgefühl. Wie Du sagst, kann er all das, das er schon kennt genau nachempfinden (Schmerz, Ärger, Glück, Fröhlichkeit,…) und ist dann besonders gefühlsbetont, mehr als meine beiden anderen Kinder.
Emathie bei Autisten gibt es sehrwohl, eben nur ein bißchen anders als bei uns „Normalos“! 🙂
Hallo Mädel,
zunächst einmal vielen Dank für diesen sehr interessanten Artikel. Ich wollte ihn zuerst „nur“ kommentieren, aber da der Kommentar dann doch extrem lang wurde (noch länger als dieser hier :-)), habe ich mich entscheiden, selbst einen Artikel zu diesem Thema zu schreiben. Ich bin zwar nicht so erfahren mit Autismus, kann als Empathie-Trainer aber natürlich noch mal eine andere Perspektive auf das Thema bringen. In meinem Artikel habe ich Dich übrigens auch zitiert und verlinkt. Ich hoffe, dass ist OK so für Dich? Hier geht’s zum Artikel: (sorry, Link entfernt)
Ich möchte zusätzlich aber auch gerne noch ein paar Anmerkungen zu Deinem Artikel machen. Du schreibst, dass Du sehr mitfühlend bist (oder sein kannst), wenn Du eine Situation bereits selbst erlebt hast oder wenn Du den Menschen schon sehr gut kennst. Auch von anderen Autisten habe ich lesen können, dass sie bei bekannten Situationen nachempfinden können, nicht aber bei neuartigen Situationen, wie es für neurotypische Menschen die Regel ist.
Empathie bedeutet aber, dass ich – wie auch immer – wahrnehme, wie der andere sich gerade fühlt. Wie Du selbst schreibst, kann dies kognitiv ablaufen (also eher rationales Verstehen dessen, was im anderen gerade abläuft) oder eben auch emotional. Emotionale Empathie ist aber nicht mit gezeigter Anteilnahme gleichzusetzen. Emotionale Empathie bedeutet, dass ich fühle, was der andere gerade fühlt.
Wie Claudia meiner Meinung nach richtig zusammenfasst: „was mich sauer macht, muss einen anderen ja nicht ebenso empfinden lassen“. Um wirklich mitzufühlen, also das Gefühl des anderen quasi aufzunehmen, muss ich erst mal verstehen, was der andere tatsächlich gerade fühlt. Die klassische Definition von emotionaler Empathie ist deshalb zwar etwas anderes, aber meiner Meinung nach trotzdem auch wieder recht eng mit kognitiver Empathie verknüpft.
Nach jetzigem Stand der Forschung sind für emotionale Empathie die Spiegelneuronen verantwortlich. Spiegelneuronen werden beim Beobachten und Ausführen von Handlungen gleichermaßen aktiv. Im Gehirn wird damit dasselbe Aktivitätsmuster erzeugt, wenn ich z.B. sehe, dass jemand lacht, wie wenn ich selbst lache (deswegen sind z.B. Lachen und Gähnen auch ansteckend – zumindest bei NTs. Ist das bei Euch Autisten eigentlich auch der Fall?). Im nächsten Schritt empfindet man dann dieselben Gefühle, die man auch empfinden würde, wenn man dieselbe Handlung durchführt, wie sein Gegenüber. Das ganze geschieht intuitiv.
Nach allem was ich dazu gelesen habe, halte ich es für wahrscheinlich, dass Spiegelneuronen bei Autisten anders arbeiten, als bei NTs und dass Autisten deswegen weniger Empathie haben. Das Zurückgreifen auf eigene Erfahrungen ist meiner Meinung nach eher als Kompensationsstrategie, statt als wirkliche (emotionale) Empathie zu interpretieren.
Wenn man als Autist seine Empathie verbessern will, würde ich nicht auf emotionale Empathie, sondern auf kognitive Empathie zielen, da man diese auch mit rationalen, analytischen Methoden trainieren kann. Meine Empfehlung dafür sind Persönlichkeitsmodelle. Wenn man weiß, welches Verhalten (Kleidung, Hobby, Beruf, …) zu welchem Charakterzug gehört, kann man den Charakter relativ leicht ablesen und wenn man weiß, welchen Charakter sein Gegenüber hat, versteht man viel eher, was gerade in dem anderen vorgeht – auch wenn man selbst in der gleichen Situation ganz anders reagieren würde.
Das soll jetzt erst mal reichen. Wie gesagt, in dem oben verlinkten Blog-Artikel habe ich es ausführlicher beschrieben.
Viele Grüße
Carlo Düllings
Zunächst zur Erklärung. Ich habe den Link herausgenommen. Ich unterstütze keine Werbung in jeglicher Form. Fand aber den Kommentar sehr gut und den Artikel bis auf ein paar kleine Fehler sogar recht interessant. Du schreibst ja hier, das du dich mit Autismus nicht so gut auskennst. Demnach sei das verziehen.
Aber auf deiner Seite wirbst du mit Empathietraining und wenn ich das so durchlasse, könnten einige meinen, das ich das für den richtigen und guten Weg halte und bei dir ein solches Training absolvieren.
Das finde ich nicht gut.
Da ich deinen Kommentar dennoch drinlassen will, habe ich mich entschieden, statt den Kommentar gar nicht durchzulassen, den Link zu entfernen.
Zu deinem Kommentar und deiner Empfehlung. Wenn ich es richtig verstanden habe, mache ich im Grunde nichts anderes. Ich analysiere Verhalten und Menschen. Teile Menschen in Muster ein, um sie besser einordnen zu können. Dennoch hat das Grenzen. Vielleicht kann das am Autismus oder auch an meiner Alexitymie liegen, das ich da Schwierigkeiten habe.
Auch das unterteilen oder das erkennen von Persöhnlichkeiten und sie dann auch noch Persöhnlichkeitsmodellen zuordnen zu können, halte ich für interessant, aber sehr schwierig. Denn auch da müsste ich es erst erkennen.
PS: ja, wenn ich müde bin und jemand gähnt, dann gähne ich auch. Mache ich aber auch wenn der andere nicht gähnt. Wenn ich nicht müde bin, dann eher nicht. Da stellt sich dann natürlich die Frage, ob ich gähne weilich müde bin (weil ich das ja dann generell tu) oder weil der andere auch gähnt. Hm.
Guten Tag! Das Problem ist nicht, dass Autisten wenig empathisch sind. Ich würde sogar sagen, dass das Gegenteil der Fall ist. Sie sind es im großen Maße und darum, weil Autisten so besonders sensibel sind, schalten sie auch oft einfach komplett ab. Meine Freunde nennen das dann „den Modus“. Übersetzt: „Anja nimmt mal wieder zu viel auf einmal wahr und schaltet sich auf ’stand by'“.
Ich bin der Ansicht es besteht zwischen Autisten und sog. NT’s ein Mangel an emotionaler Gegenseitigkeit. Ich kenne nämlich keinen einzigen NT, der sich wirklich in Autisten reinversetzen kann. (Was diese übrigens daher auch zurecht oft sauer macht)… ich bin angeblich auch sehr gesichtsblind, aber ich hab sehr viel dazugelernt. Und übrigens kenne ich weltweit keinen einzigen Menschen der annähernd „sozial kompetent“ zu nennen wäre. Das beste Beispiel für Empathie-Mangel seitens von NT’s gegenüber Aspies ist meine eigene Familie. Sobald mal gewisse Erwartungen nicht erfüllt folgen Verurteilungen. Wenn man also lange schreiben und lesen möchte, ist man „rücksichtslos“, weil man sich nicht um die anderen kümmert in dieser Zeit. Derartigen Vorwürfen sind viele Aspies, die ich kenne ständig ausgesetzt. Von Partnern, Familie und Kollegen. Ein empathischer NT würde meines Erachtens an der Stelle sagen: „Ach, jetzt biste gerade ganz in deinem Thema, dass dich so interessiert, da lass ich Dich mal schön in Ruhe und wünsche viel Spaß! Meld Dich doch, wenn Du wieder Zeit hast, da würde ich mich sehr sehr freuen!!!“ (was man dann auch gerne tut!) -> stattdessen wird der Spieß umgedreht und es heißt, der Aspie wäre nicht empathisch, weil er „vor lauter Beschäftigung mit seiner Sache“, gar nicht mitbekommen würde, wie achso schlecht es dem anderen vermeintlich gerade geht und/oder sich „mal wieder“ nicht kümmern würde…. Das soll man übrigens Erraten, das Schlechtgehen. Ich wüsste nicht, wann es mal übermäßig häufig vorkam, dann irgendjemand „erraten“ hätte, dass es mir gerade nicht gut geht. Und noch absurder. Dann sagt man: „Es geht mir nicht gut“ und in der Folge geht das „achso empathische (!?“ Gegenüber davon aus, dass man womöglich sogar simuliert. Obwohl man wirklich ganz wahrheitsgemäß sagt: „Es geht mir nicht gut, weil ich gerade bei meinen Interessen für deine egoistischen Bedürfnisse unterbrochen wurde…“ Kein Aspie würde jemanden, dem es wirklich(!) schlecht geht alleine stehen lassen, jemand der gerade in Angst und Not und in wirklich Bedrohung ist. Aber nur, weil jemand anderem gerade langweilig ist und man dann mittels emotinaler Erpressung zu Aufmerksamkeit „gezwungen“ werden soll, dafür hat man als logisch denkender Mensch natürlich kein Verständnis. So sehe ich das.
Hey, kein Thema. Ich selbst hätte es an dieser Stelle zwar nicht so streng gehandhabt, da es ja primär keine Werbung für meine Seminare ist, sondern eher zusätzliche Informationen / eine andere Sichtweise auf das hier von Dir behandelte Thema. Aber ich kann verstehen, warum Du bei mir, als jemandem der mit seiner Webseite AUCH kommerzielle Interessen verfolgt, so entschieden hast. Kann jeder auf seinem Blog ja auch so handhaben, wie er möchte 🙂
Ich find aber gut, dass Du nur den Link entfernt hast und nicht gleich den ganzen Kommentar kommentarlos löscht. Aber zurück zum inhaltlichen.
Du siehst das völlig richtig, dass Du IM GRUNDE nichts anderes machst. Der einzige Unterschied ist, dass Du Dir alles quasi selbst erarbeitest. Du machst Erfahrungen, triffst Einschätzungen, liegst dann daneben oder richtig und passt Deine „Analyse-Muster“ dann dementsprechend an. Mein Vorschlag ist lediglich, dass man es sich nicht selbst erarbeitet, sondern dass man Wissen, das andere bereits erarbeitet haben, für sich nutzt.
Man sollte natürlich schon ein anwendungsnahes Persönlichkeitsmodell wählen und keins, das so komplex ist, dass man es faktisch nur in Verbindung mit einem psychologischen Fragebogen anwenden kann (ein solches Modell wäre nicht zur Steigerung von Empathie geeignet). Zumindest für die Persönlichkeitstypen des Humm-Wadsworth-Persönlichkeitsmodells gibt es aber eine klare Verbindung zwischen den verborgenen Charakterzügen und den wirklich leicht beobachtbaren Merkmalen.
Wenn jemand z.B. zu spät kommt und sich entschuldigt bzw. nicht entschuldigt. Oder jemand trägt besonders protzigen Schmuck oder Kleidung, auf der man klar die Markenlabels erkennt usw. Wenn man diese „Checkliste“ erst einmal gelernt hat, müsste es auch für Autisten sehr einfach sein, die Persönlichkeit seines Gegenübers richtig einzuschätzen.
Auch interessant, was Du zum Gähnen schreibst. Ich z.B. muss aber auch mitgähnen, wenn ich gar nicht müde bin 🙂
nur so als Beispiel. Wenn ich zu spät komme, dann ist das schlimm für mich. Für mich, wie es für die andere Person ist, weiß ich nicht und ist da auch irrelevant. Es ist einfach so, das es ein Termin ist und wenn man um 12 einen Termin hat, dann ist man auch um 12 da. Das ist alles. Ich mag das gar nicht zu spät zu kommen. Ich komme daher immer überpünktlich und baue mir oft sogar so viel Puffer ein, das ich auch mal eine Stunde warten muss. Wenn ich zuwenig Puffer habe, dann werde ich nervös. Wenn ich merke, das alles nichts nutzt, dann rufe ich an und sage bescheid. Ich entschuldige mich aber nicht. Wenn ich zu spät komme, dann hat es meist einen triftigen Grund und bei dem Puffer den ich einbaue, muss schon viel passieren.
Wenn es also nicht mein Verschulden war, warum sollte ich mich entschuldigen.
So, wenn ein nicht entschuldigen für mich völlig nachvollziehbar ist, und ein entschuldigen dagegen eher verwirrend, was hat dann eine vorgefertigte Verhaltensanalyse für mich einen Wert?
Verstehst du was ich meine?
Nachtrag:
es ist nicht so, das ich deinen Artikel nicht zur Diskusion freigeben werde. Dazu find ich ihn zu interessant. Oder besser gesagt die Diskusion dahinter. Aber nicht hier im Blog. Das machen ich in Facebook.
Um ehrlich zu sein weiß ich nicht genau, ob ich verstehe, was Du meinst. Nach Deinen Erklärungen würdest Du ja fast immer pünktlich sein und damit bei diesem Kriterium nicht auffallen. Klar kann auch jemand wie Du mal unpünktlich sein, aber das wird eher die Ausnahme sein.
Außerdem wäre es natürlich auch großer Quatsch zu sagen „Aha, der war unpünktlich und entschuldigt sich, also ist es ein Mover“. Aber wenn die Person dann auch noch andere Indizien aufweist, z.B. eher schnell und viel redet, viele Themenwechsel im Gespräch macht, auffällig viel Lacht und lächelt, Sportschuhe trägt und ein T-Shirt mit einem großen Smiley trägt und dazu noch ein sehr chaotisches Büro hat, sieht das schon anders aus.
Wo finde ich Dich denn auf Facebook? Oder handelt es sich um eine geschlossene Gruppe? Würde mich nämlich schon interessieren, was bei einer Diskussion rauskommt, die ich ja mit angestoßen habe.
schick ich dir per Email
ich versuche es mal zu erklären.
Wenn ich beispielsweise ein nicht entschuldigen, oder auch in anderen Fällen, ein nicht Hallo sagen nicht als unhöflich betrachte,solche Konventionen gar nicht erst nachvollziehen kann, sie teilweise nur imitiere, weil sie anderen wichtig scheinen oder dergleichen. Wie soll dann ein Konzept, das auf der eines NT´s konzepiert ist, mir weiterhelfen. Ich nehme Menschen anders wahr. Konventionen haben für mich oft keinen Sinn oder ich bewerte sie anders.
In meiner Wahrnehmung, hat ein nicht entschuldigen einen ganz anderen Stellenwert.
Noch mal ein kurzer Nachtrag: Du würdest ja auch nicht einfach unpünktlich kommen, sondern rechtzeitig vorher Bescheid geben. Das machen die beiden chronischen Zuspätkommer aber nicht. Der, der sich entschuldigt, weil er sich mit der Zeit einfach sehr stark verschätzt, der, der sich nicht entschuldigt, weil er durch sein zu spät kommen ja gerade erst zeigen will, dass er wichtiger ist und es sich leisten kann.
Darf ich kurz, als Mutter von mittlerweile 3 (erkannten) autistischen Kindern und hochwahrscheinlich selber Betroffener, etwas nachfragen ………..
wenn das Erlernen von Mustern dem gleicht, was Mädel hier beschreibt, es aber für den Autisten die gangbare (weil bereits sicher erprobte) Variante ist, warum soll derjenige sich dann neue Karteikartensysteme aneignen, die für ihn nicht logisch sind.
Dein Beispiel der Markenkleidung passt in meinen Augen nicht.
Ich kenne viele verschiedene Personen, die ähnliche (von der selben Marke) Kleidung tragen, aber die grundverschieden agieren und reagieren.
So kann ich meine Karteikarten nur für den jeweiligen Menschen festlegen und auch nur, wenn ich diesen einen Menschen in verschiedenen Situationen erlebt habe.
Ein Grundsatzmuster konnte und kann ich bis heute nicht erkennen.
Zwar gibt es viele Überschneidungen, aber es stimmt nie im Ganzen.
Zum anderen …………
ich kann nachfühlen, mitfühlen Kognitiv und auch Emotional ……….
aber ich lasse oftmals meine Reaktion entweder nicht zu (weil sie mir nicht passend erscheint) oder ich wirke zu kühl und zu rational. Dies hat aber NICHTS mit meiner inneren Verfassung und auch NICHTS mit der emotionalen Nähe zu der Person zu tun.
Meines Erachtens ist es oft nicht hilfreich, sich „weinend“ daneben zu setzen, „Händchen zu halten“ oder ähnliche Dinge, da sie nicht in der Situation helfen!
Zur Pünktlichkeit……………
ich verfahre wie Mädel. Ich habe mindestens 15 min bzw länger Zeit, um pünktlich zu erscheinen. Ich hasse es, zu spät zu kommen. Notorische Zuspätkommer sind für mich nicht respektvoll. Da hilft auch die „beste“ Entschuldigung nichts.
Wenn ich unverschuldet zu spät komme, dann melde ich mich. Aber ich entschuldige mich nur, wenn ich selber dafür gesorgt habe, meinen Puffer aufzubrauchen.
Ich hoffe, Du kannst mit meinen Gedanken etwas anfangen. 😉
Pingback: innerwelt
Pingback: Happy Birthday innerwelt :D | innerwelt
Pingback: Schwarz-Weiß-Denken | innerwelt
Hat dies auf saturnus4456's Blog rebloggt.
Pingback: Ein Leserbrief | innerwelt
Pingback: Empathie hat man. Oder auch nicht. | Autland Nürnberg
Pingback: Spiegelneuronen, Autismus und Empathie
Ich bin froh das ich diesen Artikel gefunden hab.Mir wurde mal gesagt ich sei Autistin aber ich hab es nie verstanden weil ich eine sehr hohe Empathie hab.Ich verstehe wie du das meinst das du manchmal die Dinge nur verstehen kannst wenn du es selber schon mal erlebt hast.Jedoch hat jeder Mensch das er bestimmte Dinge besser nachvollziehen kann wenn er selber schon mal in dieser Lage war.Ich hab irgendwann gemerkt,das wenn jemand mir sagt wie er sich fühlt und ich dann mir vorstelle wie es sich anfühlen könnte,dass ich dann aufmal den selben Schmerz spüre den diese Person in sich trägt.Wenn du deine eigenen Gefühle nicht deuten kannst,schätze ich das du vllt eine niedrige Introspektion hast.Ich will dir jetzt aber auch nicht irgendwas unterstellen.
Dieser Beitrag in deinem Blog ist zwar älter, für mich dies Thema jedoch leider absolut akut:
Nach bald 12 Jahren will die aktuelle Therapeutin für meinen Sohn (fast 20 Jahre alt) eine Überprüfung der Diagnose, da er über Empathie verfüge.
Ja, natürlich.
Ich bin selbst lange genug Autistin und habe auch eigentlich mein Leben lang mit Autisten zu tun gehabt, um dies zu bestätigen.
Interessant finde ich diese Beobachtung auch bei unserer Selbsthilfegruppe. dort läuft sie nochmals anders, besser und mehr ab als „draußen“ unter den NTs.
Dies hier ist nun der zweite Beitrag, den ich mir dazu anschaue.
zuvor las ich
Forschungsbericht 2009 – Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
https://www.mpg.de/396174/forschungsSchwerpunkt
Wie ich nun mit der Therapeutin umgehen soll, weiß ich noch nicht.
letzte Nacht habe ich lange wach gelegen und in Gedanken stundenlang einen Brief an sie geschrieben.
Ob es helfen würde, einen kleinen Teil davon zu Papier zu bringen, bin ich mir unsicher.
Es macht so hilflos und fast verzweifelt.
Abgesehen von diesem speziellen Thema geht es doch wieder um zwei alte Bekannte:
1. Ich dachte, ich würde meinem Kind die Welt erklären.
Nun erkläre ich der Welt mein Kind.
2. Unwissen über die wirklichen Fähigkeiten und Probleme von uns Autisten.
Und das bei einer „Fachfrau“.
Ich bin es nicht nur leid, ich bin sooo müde.
das tut mir leid
Danke!
Wollte Dir eigentlich nur sagen, dass ich froh bin, hier etwas zum Thema gefunden zu haben – und dass es nach wie vor aktuell bleibt, auch wenn du dir schon vor Jahren Gedanken dazu gemacht hast.
Danke, dass Du sie hier teilst!
Pingback: Wie empathisch sind meine autistischen Kinder, oder sind sie „nur“ hilfsbereit? – Autismus – Keep calm and carry on